Salzburg, das zunächst auf Jungstar Erling Haaland in der Startelf verzichten musste, geriet durch Tore von Ex-„Bulle“ Sadio Mane (9.), Andrew Robertson (25.) und Salah (36.) verdient mit 0:3 in Rückstand. In dieser Phase zeigte der englische Tabellenführer eindrucksvoll, warum er heuer die Königsklasse für sich entschieden hatte.
Nach einer Umstellung kam Salzburg aber besser in die Partie und unterstrich, warum die Träume von einer Sensation an der legendären Anfield Road nicht unbegründet waren. Hwang Hee Chan (39.), Takumi Minamino (56.) und „Joker“ Haaland (60.) glichen tatsächlich aus, ehe Salah nach einem Salzburger Fehler den ersten CL-Saisonsieg fixierte.
Salzburg unterliegt Liverpool knapp
Salzburg kann am zweiten CL-Spieltag ein 0:3 beim FC Liverpool zwischenzeitlich ausgleichen, verliert am Ende aber knapp mit 3:4.
Die SSC Napoli übernahm nach einem 0:0 bei KRC Genk die Tabellenführung in der Gruppe E, Liverpool überholte auch Salzburg. Weiter geht es für die „Bullen“ in der Königsklasse am 23. Oktober zu Hause gegen Napoli, Liverpool gastiert bei Schlusslicht KRC Genk.
Startelf ohne Haaland
Die personell wichtigste Frage vor Anpfiff lautete: Kann Jungstar Erling Haaland aufseiten der Salzburger von Beginn an spielen? Die ernüchternde Antwort lautete: nein. Der 19-Jährige, der zuletzt erkrankt war und mit der Lunge Probleme hatte, saß zunächst nur auf der Ersatzbank. Nach Antoine Bernede, der sich im Cup das Schienbein gebrochen hatte, fehlten Salzburg damit nun zwei Schlüsselspieler.
Sie wurden von Enock Mwepu (Mittelfeld) und Patson Daka (Angriff) ersetzt, ansonsten vertraute Trainer Jesse Marsch mit einer etwas überraschenden Ausnahme – Jerome Onguene für Andre Ramalho im Abwehrzentrum – der Startelf, die beim Debüt Genk 6:2 abfertigte. Marsch verzichtete auf eine Dreier- und ließ Viererkette spielen.
Liverpool-Coach Jürgen Klopp musste weiter auf den von der FIFA als Welttorhüter ausgezeichneten Brasilianer Alisson (Wade) verzichten, gegenüber dem 0:2 bei Napoli stellte Welttrainer Klopp auf zwei Positionen um. Joe Gomez ersetzte in der Innenverteidigung den angeschlagenen Joel Matip, Georginio Wijnaldum rückte für James Milner in die Startelf. In der Offensive agierte neben Salah und Firmino mit Mane auch ein Ex-Salzburger. Der zweite im Liverpool-Kader, Naby Keita, wurde kurz vor Schluss eingewechselt.
Vorfreude auf „größtes Spiel“
Seit Wochen und Tagen kannte die Salzburger Vorfreude auf dieses „größte Spiel der Vereinsgeschichte“ (Sportchef Christoph Freund, Anm.) keine Grenzen, an einem überraschend sonnigen Tag in der Hafenstadt stimmte sich die Rekordanzahl von 3.000 mitgereisten Salzburger Fans auf die Partie an der Anfield Road ein. Ein Bier in einem Pub hier, eine Fanwanderung dort. Auch wenn Salzburg ganz in Schwarz spielen sollte, dominierte naturgemäß auch wegen der Gastgeber in der 500.000-Einwohner-Stadt die Farbe Rot.
Im Gegensatz zum Heimpublikum, das entsprechend englischer Verhältnisse zum Großteil erst kurz vor Beginn Platz nahm, feierten die Gästefans schon vor Anpfiff die Anwesenheit auf einer der größten Bühnen der Fußballwelt. Auch weil der Stadion-DJ „Live is Life“ der steirischen Band Opus abspielte. Richtig emotional wurde es dann aber beim Ertönen der „Reds“-Vereinshymne „You’ll never walk alone“ um 19.53 Uhr Ortszeit. Alleine diese Momente waren mehr als nur eine Wiedergutmachung für elf verpatzte Salzburger CL-Qualifikationen.
Klopp forderte vor dem Spiel von seiner Mannschaft, dass Salzburg Anfield und Liverpool spüren sollte. Die Spieler gehorchten und zeigten von Beginn weg nicht nur den Willen, den Fehlstart in die CL-Saison alsbald vergessen zu machen, sondern auch, warum die Fans den Banner „Champions of Europe“ durch die Reihen gehen ließen. Die „Reds“ ließen den Ball gekonnt zirkulieren und zeigten vorne ihre individuelle Klasse. Das Führungstor war nur eine Frage der Zeit.
Ex-Salzburger Mane trifft
Salzburg gab zwar den ersten nennenswerten Torschuss durch Takumi Minamino (3./vorbei) ab, doch ausgerechnet Mane sollte Liverpool erstmals jubeln lassen. Der Linksaußen, der von 2012 bis 2014 für die „Bullen“ in der österreichischen Bundesliga aufgeigte, ließ Verteidiger Rasmus Kristensen links liegen, spielte mit Firmino Doppelpass und verwertete alleine vor Salzburg-Tormann Cican Stankovic eiskalt (9.).
Angefeuert von Klopp an der Seite spielte Liverpool auch in weiterer Folge groß auf, zeigte vor allem im Ballbesitz seine große Klasse und ließ die Gäste überhaupt nicht ins Pressing kommen, denn selbst die Spielverlagerungen der Gastgeber waren höchst präzise. Das Highlight der 72 Prozent Ballbesitz in der ersten Hälfte war die Entstehung des 2:0: Nach einem Doppelpass ging es raus zu Trent Alexander-Arnold auf die rechte Seite, der mit der ersten Berührung den Ball so genau zum mitgelaufenen Linksverteidiger Andrew Robertson brachte, dass dieser nur noch trocken verwerten musste (25.).
Nachdem Salah nach einer halben Stunde die nächste Topchance vergab (30.), stellte Salzburg von 4-2-2-2 auf 4-3-1-2 um, und bekam mit Minamino als Zehner deutlich mehr Zugriff auf das Spiel. Liverpool erhöhte dennoch auf 3:0: Einen Firmino-Kopfball konnte Stankovic nur nach vorne abwehren, der Ägypter ließ sich nicht zweimal bitten (36.). Doch Salzburg kam in weiterer Folge auf, auch weil die „Reds“ bei diesem Spielstand etwas die Zügel schleifen ließen, aber Salzburg auch besser ins Pressing kam. Über Ulmer und Mwepu wanderte der Ball zu Hwang, der mit Virgil van Dijk einen der besten Verteidiger der Welt schön aussteigen ließ, und zum 1:3 verkürzte (39.) – auch wenn die Anzeigetafel ein 3:3 anzeigte. Man sollte darauf zurückkommen.
Salzburg holt 0:3 gänzlich auf
Die Salzburger näherten sich nämlich dem falschen Spielstand nach der Pause Schritt für Schritt an. Zunächst schoss nach einem Rückpass Ersatzgoalie Adrian den heransprintenden Daka an, und das Leder ging nur knapp am leeren Kasten vorbei (49.). Vier Minuten später verfehlte Hwang alleinstehend. Es ging mit Chancen im Minutentakt weiter, allerdings auf beiden Seiten, ehe der völlig freie Minamino nach einem Zuspiel von Hwang zum 2:3 verwertete (56.).
Gleich nach dem Anschlusstreffer folgte die nächste schlechte Nachricht für den Titelverteidiger: Marsch brachte Haaland in die Partie. Und der Norweger benötigte keine vier Minuten, um nach seinem Triplepack gegen Genk seinen vierten Treffer in der Königsklasse zu erzielen: Haaland musste nach einem Mwepu-Zuspiel zu Minamino den Stanglpass des Japaners nur verwerten und durfte sich dann von den Salzburger Fans feiern lassen. Auf der anderen Seite kippte die Stimmung, die ersten drei Heimgegentore seit dem 0:3 gegen Real Madrid 2014 – zugleich der letzten internationalen Heimniederlage – sorgten für „Wake up, Liverpool“-Rufe.
Salah entscheidet Partie
Liverpool durfte sich schließlich bei ihrem Weltklassestürmer Salah bedanken, dass die Gastgeber doch noch ihre ersten drei Punkte in dieser Saison in der Champions League einfahren konnten. Nach einem Annahmefehler von Dominik Szoboszlai rund 25 Meter vor dem Tor steckte Firmino per Kopf zu Salah durch, und der Ägypter vollendete staubtrocken ins Eck.
Dem vierten Gegentreffer nach der furiosen Aufholjagd konnte Salzburg nichts mehr entgegensetzen, Wechselspieler Masaya Okugawas Schuss fiel zu schwach aus. Liverpool brachte den Sieg letztlich doch noch souverän über die Zeit. Schlusspunkt war ein Salzburger Flitzer, der unter Buhrufen vom Feld gezerrt wurde. Junge „Reds“-Fans machten es nach Abpfiff besser und ergatterten Trikots ihrer Spieler. Nach diesem Spektakel wurden beide Teams gefeiert.
Stimmen zum Spiel
Jesse Marsch (Salzburg-Trainer): „Wir hatten zu Beginn zu viel Respekt vor dem Gegner, haben nicht viele Fouls gemacht, von der Intensität war es zu wenig. Zur Pause hatten wir ein großes Gespräch. Wir können stolz sein auf die Leistung in der zweiten Halbzeit. Da haben wir gesehen, dass wir mit der vielleicht besten Mannschaft der Welt an der Anfield Road mitspielen können.“
Andreas Ulmer (Salzburg-Kapitän): „Das Spiel wird immer in Erinnerung bleiben. Es war eine sehr starke Leistung von uns vor allem zweite Halbzeit, wie wir uns da zurückgekämpft haben. Das war schon sehr beeindruckend. Schade, dass wir bei 3:3 nicht nachlegen haben können. Wir haben gewusst, dass es schwierig wird. Aber je länger die Partie gedauert hat, umso wohler haben wir uns gefühlt. Ich denke, dass wir in der zweiten Hälfte unser Gesicht gezeigt haben, wie wir auftreten wollen.“
Cican Stankovic (Salzburg-Tormann): „Es war in der zweiten Hälfte ein sehr gutes Spiel von uns. Erste Hälfte haben wir mit wenig Selbstvertrauen gespielt, waren wohl überrascht von der Wucht von Liverpool und dem Stadion. Wegen der zweiten Halbzeit können wir auch stolz sein, es ist aber bitter, dass wir nichts geholt haben. Aber wenn man hier drei Tore schießt, muss man schon zufrieden sein.“
Jürgen Klopp (Liverpool-Trainer): „Wir waren in der ersten Hälfte überragend, waren bärenstark. Das 2:0 war eines der schönsten Tore, die ich bisher gesehen habe. Aber dann haben wir zu hektisch gespielt, Salzburg hat das System umgestellt. Sie sind im Konter sehr stark, haben jede kleine Situation genutzt und noch zwei schöne Tore geschossen. Das war eine wichtige Lektion für uns. Wir haben einen Schlag ins Gesicht bekommen. Wir wissen jetzt, wo wir ansetzen müssen, daher bin ich sehr zufrieden.“
UEFA Champions League, Gruppe E, zweiter Spieltag
Mittwoch:
Liverpool – Salzburg 4:3 (3:1)
Liverpool, Anfield, 53.000 Zuschauer, SR Ekberg (SWE)
Torfolge:
1:0 Mane ( 9.)
2:0 Robertson (25.)
3:0 Salah (36.)
3:1 Hwang (39.)
3:2 Minamino (56.)
3:3 Haaland (60.)
4:3 Salah (69.)
Liverpool: Adrian – Alexander-Arnold, Gomez, Van Dijk, Robertson – Henderson (62./Milner), Fabinho, Wijnaldum (64./Origi) – Salah (91./Keita), Firmino, Mane
Salzburg: Stankovic – Kristensen, Onguene, Wöber, Ulmer – Mwepu, Junuzovic (78./Ashimeru) – Minamino, Szoboszlai (72./Okugawa)-Hwang, Daka (57./Haaland)
Gelbe Karten: keine bzw. Marsch (Trainer Salzburg)
Die Besten: Salah, Mane, Robertson bzw. Minamino, Hwang, Mwepu