Eliud Kipchoge
APA/Herbert Neubauer
Marathon

Kipchoge drängt in die Geschichtsbücher

Eliud Kipchoge hat die Laufstrecke inspiziert, sich mit seinen Schrittmachern abgestimmt und ist bereit für Samstag. Ab 8.15 Uhr (live in ORF1 und im Livestream) will der 35-jährige Kenianer im Wiener Prater die Marathon-Distanz als erster Mensch unter zwei Stunden zurücklegen. „Bei diesem zweiten Versuch werde ich es schaffen“, so der vor zwei Jahren in Monza knapp gescheiterte Kipchoge.

Zahlreiche ausländische Medienvertreter waren zum Pressetermin zwei Tage vor der „Ineos 1:59 Challenge“ in der Prater Hauptallee gekommen, und Kipchoge gab sich optimistisch. „Das wird nicht passieren“, meinte er auf die Frage, ob er an einem schlechten Tag abbrechen und tags darauf einen neuen Versuch starten würde. Freilich sei nichts zu 100 Prozent sicher, auch ein schnelles Auto könne eine Reifenpanne haben. „Aber ich freue mich wirklich auf Samstag.“

An Selbstvertrauen mangelt es Kipchoge nicht. „Ich laufe, um Geschichte zu schreiben“, so der Weltrekordler, dessen offizielle Bestmarke seit dem Berlin-Marathon 2018 bei 2:01:39 Stunden steht. In Wien will er unter „Laborbedingungen“ in einem eigens angesetzten Lauf, organisiert und gesponsert von dem in London ansässigen Chemiekonzern Ineos, die 2:00-Stunden-Schallmauer durchbrechen. Und damit eine Botschaft senden. „Ich will den Menschen zeigen, dass es keine Grenzen gibt. Grenzen sind nur im Kopf.“ Diesen Schalter gelte es umzulegen, betonte der Olympiasieger von Rio 2016.

Eliud Kipchoge mit seinem Team
AP/Bob Martin
Mit einem Großaufgebot an Schrittmachern will Kipchoge die „Schallmauer“ von zwei Stunden durchbrechen

Vergleich mit der ersten Mondlandung

Zwölf seiner 13 bestrittenen Marathons hat der aktuelle Superstar der Szene gewonnen, einen Erfolg in Wien verglich er schon früher mit den ersten Schritten auf dem Mond. Kritik, dass es kein reguläres Rennen sei, lässt Kipchoge gelten. Er will aber auch, dass man seine Ansicht respektiert. Ob eine Marke unter zwei Stunden in einem „normalen“ Marathon möglich sei, wollte er nicht sagen. „Jetzt kommt einmal die Ineos 1:59 Challenge. Dann reden wir weiter.“

Marathon in unter zwei Stunden: Rekordversuch in Wien

Der Kenianer Eliud Kipchoge versucht am Samstag in Wien, als erster Mensch einen Marathon in unter zwei Stunden zu laufen.

Mit den Problemen um die Sperre von Alberto Salazar, den Leiter des „Oregon Project“ von Nike, beschäftigt er sich derzeit nicht. Es gebe Licht und Schatten, sagte Kipchoge über den Laufsport. Für Wien gelte ersteres. „Wien sind Blumen.“ Auch über das mögliche Preisgeld hielt er sich bedeckt. „Ich laufe, um Geschichte zu schreiben und zu zeigen, dass kein Mensch limitiert ist. Es geht nicht um Geld. Aber wenn Sie einen Preis haben, können Sie ihn mir gerne geben“, sagte Kipchoge schmunzelnd. Beim ersten Versuch 2017 war eine Prämie von einer Million Dollar ausgelobt.

Voraussetzungen passen, Druck ist groß

Die Voraussetzungen für die schnellste jemals gelaufene Zeit über die 42,195-km-Distanz sieht er gegeben. „Der Kurs ist extrem gut, flach, schnell und in der Natur. Die (41, Anm.) Pacemaker wollen einen guten Job machen, ich freue mich sehr auf Samstag“, sagte der Athlet aus dem Hochland Kenias. Seine Frau und die drei Kinder werden ihn erstmals bei einem Marathon an der Strecke anfeuern. „Das bedeutet mir sehr viel.“

Grafik zeigt Laufstrecke
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Der Druck sei freilich groß, gab Kipchoge zu. „Aber ich versuche, so ruhig zu bleiben wie möglich.“ Mentale Kraft bezieht er aus seiner Steigerung in den vergangenen zwei Jahren. In Monza hatte er 2017 in einem ähnlichen Projekt die angepeilte Marke in 2:00:25 Stunden um 26 Sekunden verpasst. „Jetzt habe ich das gleiche Team um mich, aber mein Denken ist anders“, betonte der 2013 von der Bahn auf die Straße gewechselte 5.000-m-Weltmeister von 2003. „Ich fühle mich mehr bereit und besser vorbereitet für dieses Tempo als vor zwei Jahren.“ Will er reüssieren, muss er jeden der 42 Kilometer in 2:51 Minuten zurücklegen, das ergibt einen Schnitt von etwas mehr als 21 km/h.

Der private Ineos-Konzern macht mit Betrieben in 16 Ländern jährlich mehr als 40 Milliarden Euro Umsatz, sein Mehrheitseigentümer und Chef Jim Ratcliffe verfügt über ein kolportiertes Vermögen von umgerechnet rund 23 Milliarden Euro. Im Sport engagiert sich Ineos seit Kurzem im Radsport (Team um Chris Froome/früher Sky) und im Fußball (OGC Nizza) sowie mit einem Segelteam (Britannia) im America’s Cup.