Lewis Hamilton
AP/Rebecca Blackwell
Formel 1

Mercedes bleibt Meister des Risikos

Lewis Hamilton darf nach seinem zehnten Saisonsieg am Sonntag beim Grand Prix von Mexiko getrost für eine Titelparty beim kommenden Rennen in den USA planen. Mit Mut zum Risiko führten der Brite und Mercedes im Autodromo Hermanos Rodriguez der Konkurrenz erneut vor, warum man seit Jahren das Geschehen dominiert.

In einer Woche beim Grand Prix der USA (Sonntag, 19.55 Uhr, live in ORF1) auf dem Circuit of the Americas nahe der texanischen Hauptstadt Austin genügt Hamilton bereits ein achter Platz, sollte sein finnischer Stallrivale Valtteri Bottas gewinnen. In und außerhalb des Fahrerlagers zweifelt niemand daran, dass die Entscheidung über den WM-Titel noch ein weiteres Mal um ein Rennen hinausgezögert wird.

Zehn Saisonsiege hat der Engländer zu Buche stehen, dazu kommen drei zweite und zwei dritte Plätze. Nur in Singapur als Vierter, in Österreich mit Platz fünf und beim Grand Prix von Deutschland als Neunter schaffte es Hamilton nicht auf das Podest. Dass der 34-Jährige ausgerechnet in Austin außerhalb der Punkteränge landet, gilt als eher unwahrscheinlich. Von den bisher sieben Rennen in Texas gewann Hamilton fünf, von 2014 bis 2017 hatte der Engländer ein Abonnement auf den ersten Platz.

Hamilton könnte sämtliche Rekorde Schumachers brechen

Hamilton steht vor seinem sechsten WM-Titel und greift damit nach Schumachers Rekord (7). Auch bei GP-Siegen könnte der Brite den Deutschen überholen.

Mercedes ausgefuchster

Vor allem zeigte der Grand Prix in Mexiko eines: Wenn es darauf ankommt, agiert keiner besser als das Silberpfeil-Team und sein Chefpilot. Hamilton und Mercedes lieferten ein perfektes Zusammenspiel aus Fahrkunst, cleverer Strategie und präzise abgestimmtem Auto. Der Ausfall seines Stammrenningenieurs, der Hamilton erstmals seit sieben Jahren nicht am Kommandostand betreute, bremste den Briten nicht. „Das ist ein starkes Zeichen für die Stärke des Teams“, sagte der 34-Jährige.

Lewis Hamilton
Reuters/Luis Cortes
Der erste Dank Hamiltons nach dem Sieg ging an seine Strategen in der Box

Mercedes setzte bei Hamilton auf einen frühen Boxenstopp, der den Fahrer selbst kurz an der Richtigkeit der Strategie zweifeln ließ. Doch der Engländer quetschte das Letzte aus seinen Reifen heraus und den Ferrari von Sebastian Vettel knapp, aber doch auf Distanz. Entsprechend groß war die Freude beim designierten Weltmeister. „Dieses Gefühl nutzt sich niemals ab“, sagte Hamilton nach dem 83. Sieg seiner Karriere.

Vettel zieht den Hut

Hamiltons Sieg war zugleich der dritte Mercedes-Erfolg in Serie, obwohl jedes Mal ein Ferrari von der Poleposition gestartet war. Auch in Mexiko standen die Ferraris – dank der Strafversetzung von Max Verstappen – in der ersten Startreihe. Und doch reichte es nur zu Rang zwei und vier. „Man könnte sagen, wir hätten mehr Risiko eingehen können“, sagte Vettel. Wieder einmal wurde Ferrari bei der Taktik von Mercedes ausmanövriert. „Wir müssen sicherstellen, dass die Dinge Klick machen. Mercedes hat in den vergangenen Jahren gezeigt, was möglich ist“, sagte Vettel.

Ob und wie Hamilton und Mercedes aber auf Dauer beizukommen sei, wurde auch Hamilton gefragt. „Für gewöhnlich werde ich für diese Art von Ratschlägen bezahlt, also werde ich Ihnen nicht genau sagen, wie es geht“, meinte dieser launig. Lust auf ein weiteres Titelduell mit Vettel aber hat der Seriensieger auf jeden Fall. „Du bleibst doch noch eine Weile, oder?“, raunte Hamilton dem daraufhin nickenden Deutschen in Mexiko zu. „Dann ist ja gut“, sagte Hamilton.

Lewis Hamilton und Sebastian Vettel
Reuters/Carlos Jasso
Vettel (r.) musste einmal mehr Hamilton zum Sieg gratulieren

Verstappens Rückfall in alte Zeiten

Es hätte auch das Wochenende des Max Verstappen werden können. Doch dem Niederländer wurde ein Rückfall in überwunden geglaubte Hitzkopf-Zeiten zum Verhängnis. In der Qualifikation jagte der 22-Jährige seinen Red Bull zwar auf die Poleposition, ging aber nach dem Unfall von Valtteri Bottas nicht wie vorgeschrieben vom Gas und musste Startplatz eins deswegen räumen.

Sein Rennen ruinierte sich Verstappen dann schon kurz nach dem Start, als er erst mit der Brechstange an Hamilton vorbei wollte und sich wenig später im Duell mit Bottas den Reifen aufschlitzte. Statt seines dritten Sieges in Mexiko nacheinander blieb ihm nur Platz sechs und eine erneute Debatte über seinen brachialen Fahrstil.

Für Hamilton war es das einzige Ärgernis an diesem Tag. Ihm habe es beim Verstappen-Manöver die Haare aufgestellt. „Jeder Fahrer ist anders. Einige sind klüger. Einige besonders klug und aggressiv und einige gehen dumm damit um. Aus der Erfahrung gibt man manchen Piloten deshalb besser mehr Platz, anderen nicht, weil sie sich respektvoll verhalten“, sagte Hamilton. „Mit Max kommt man leicht in Berührung, also gibt man ihm meist Extraplatz.“