Dominik Thiem (AUT)
GEPA/Alan Grieves
ATP-Finals

Thiem mit Sieg gegen Djokovic im Halbfinale

Dominic Thiem hat als erster Österreicher das Halbfinale bei den ATP World Tour Finals erreicht. Der 26-Jährige gewann am Dienstagabend beim Saisonabschluss der besten acht Tennisspieler des Jahres in London auch sein zweites Spiel in der Gruppe „Björn Borg“ gegen einen Superstar. Nach dem 7:5 7:5-Auftaktsieg gegen Roger Federer rang Thiem Novak Djokovic in einem wahren Krimi nach 2:47 Stunden mit 6:7 (5/7) 6:3 7:6 (7/5) nieder.

Der Niederösterreicher hat seinen Platz im Halbfinale am Samstag damit bereits sicher, zuvor geht es am Donnerstag im letzten Gruppenspiel noch gegen den Italiener Matteo Berrettini, der nach glatten Niederlagen gegen Djokovic und Federer im Kampf um den Aufstieg schon chancenlos ist. Mit dem 32-jährigen Serben und dem 38-jährigen Schweizer duellieren sich am Donnerstag die Nummern zwei und drei der Welt um das zweite Semifinal-Ticket hinter dem bereits als Gruppensieger feststehenden Thiem, der beim Saisonfinale im vierten Anlauf erstmals über die Vorrunde hinauskommen wird.

Dieser stellte in der O2-Arena einmal mehr seine aktuelle Topform unter Beweis. Im ersten Satz kam der Weltranglistenfünfte nach einem 1:3 zurück, musste sich aber im Tiebreak knapp geschlagen geben. Im zweiten Durchgang reichte Thiem ein Break für den Satzausgleich, ehe er im abermals extrem umkämpften dritten Satz nach einem Rückstand im entscheidenden Tiebreak noch seinen vierten Sieg im zehnten Duell mit Djokovic sicherstellte – den zweiten in diesem Jahr nach dem Halbfinal-Erfolg bei den French Open in Paris.

„Ein wirklich episches Match“

„Das war wirklich ein episches Match. Ich habe eine echte Legende unseres Sports geschlagen. Ich könnte nicht glücklicher sein“, sagte Thiem unmittelbar nach dem Match in der ausverkauften Halle. „Ich habe bei 6:5 im dritten Satz auf das Match serviert, aber ich habe gegen den besten Return-Spieler überhaupt gespielt. Ich habe mich nicht zu sehr gesorgt“, sagte er zum hochdramatischen Finish. „Ich habe mich auf das Tiebreak fokussiert. Da bin ich von 1:4 zurückgekommen, hatte auch ein bisschen Glück, und generell war es einfach ein unglaubliches Match. Ich werde es nie vergessen.“

„Das war eines dieser Matches, für die man trainiert. Ich war vom ersten Punkt weg voll dabei. Ich habe gekämpft und bin immer drangeblieben. Es ist immer etwas Besonderes, nach einem Rückstand zurückzukommen. Ich bin immer offensiv und bei meinem Matchplan geblieben“, erklärte der zweifache French-Open-Finalist. „Und ich habe mich für das Halbfinale qualifiziert – und das ist das Beste.“

Jubel von Dominic Thiem (AUT)
APA/AFP/Glyn Kirk
Nach einem denkwürdigen Match war der Siegesjubel bei Dominic Thiem entsprechend groß

Djokovic überschlug sich mit Lob für Thiem. „Ich weiß, dass er ein hohes Level spielen kann. Aber heute war er einfach phänomenal. Er hat verdient gewonnen. Er hat sehr couragiertes Tennis gespielt und hat auf jeden Ball draufgedonnert. Er hat das gesamte Match wie den letzten Punkt gespielt. Da kann ich nur meinen Hut ziehen.“

Steigerung nach knapp verlorenem ersten Satz

Thiem musste im ersten Satz ein relativ rasches Break zum 1:3 hinnehmen, schaffte aber das sofortige Rebreak – zu null – und glich nach Abwehr von drei Breakbällen im sechsten Game auf 3:3 aus. Im Anschluss hatten beide Spieler kaum Probleme bei eigenem Service, daher musste in der in dieser Phase besonders hochklassigen Partie ein Tiebreak entscheiden. In diesem konnte der Österreicher zweimal einen Minibreak-Rückstand wettmachen, Djokovic hatte aber nach 65 Minuten Spielzeit das bessere Ende für sich.

Im zweiten Durchgang startete Thiem dann noch stärker, nahm dem „Djoker“ bereits im zweiten Game den Aufschlag ab, ging 3:0 in Führung und servierte nach insgesamt 1:45 Stunden zum Satzausgleich aus, ohne seinem Gegner eine einzige Breakchance zu gewähren.

Nervenschlacht in der Entscheidung

Auch im entscheidenden Satz setzte Thiem sein druckvolles Spiel gnadenlos fort, nützte im ersten Game auch seinen dritten Breakball im Match und überstand anschließend bei eigenem Service mit Bravour einige brenzlige Situationen und stellte nach Abwehr von drei Breakbällen auf 2:0. Bei einem 1:3-Rückstand steigerte sich Djokovic aber plötzlich noch einmal und glich mit einem Rebreak zum 3:3 aus.

Novak Djokovic (SRB)
APA/AFP/Glyn Kirk
Novak Djokovic kämpfte sich im dritten Satz zurück, musste sich schließlich aber doch geschlagen geben

Die Partie entwickelte sich damit endgültig zur Nervenschlacht. Bei 4:5 war Thiem zweimal nur zwei Punkte von der Niederlage entfernt, brachte seinen Aufschlag aber durch und breakte daraufhin den fünffachen ATP-Finals-Champion zu null. Djokovic rettete sich mit dem Rebreak aber ins Tiebreak und schien in diesem mit einer 4:1-Führung – auch dank eines Doppelfehlers von Thiem – auf der Siegerstraße zu sein. Doch auch Thiem bewies enormen Kampfgeist und erspielte sich mit fünf Punkten in Folge zwei Matchbälle. Beim ersten landete ein mögliches Ass nur Millimeter im Aus, nach dem zweiten durfte der Lichtenwörther dann aber seinen sensationellen Coup bejubeln.

Federer bleibt im Halbfinal-Rennen

Federer hatte sich davor in seiner zweiten Partie deutlich gesteigert, Berrettini mit 7:6 (7/2) 6:3 geschlagen und damit nach der Niederlage gegen Thiem seine Aufstiegschance gewahrt. Für den sechsfachen Sieger und 17-fachen Rekordteilnehmer des ATP-Showdowns war es nach einem klaren Achtelfinal-Erfolg heuer in Wimbledon der zweite Sieg im zweiten Match gegen den Finals-Debütanten in London.

„Es ist ungewöhnlich, wenn man verliert und dann wieder spielt, aber ich habe das auch letztes Jahr gemacht. Ich bin sehr glücklich, wie ich heute gespielt habe", erklärte Federer. „Es war wohl der Schlüssel, dass ich das Break zu Beginn des zweiten Satzes geschafft habe und dann selbst die Breakbälle abgewehrt habe.“

ATP World Tour Finals in London

(Großbritannien, 9.000.000 Dollar, Hartplatz, Halle)

Gruppe "Björn Borg"

Tabelle:
1. Dominic Thiem (AUT/5) 3 4:3 2
2. Roger Federer (SU/3) 3 4:2 2
3. Novak Djokovic (SRB/2) 3 3:4 1
4. Matteo Berrettini (ITA/8) 3 2:4 1
Spielplan:
Novak Djokovic (SRB/2) Matteo Berrettini (ITA/8) 6:2 6:1
Dominic Thiem (AUT/5) Roger Federer (SUI/3) 7:5 7:5
Roger Federer (SUI/3) Matteo Berrettini (ITA/8) 7:6 (7/2) 6:3
Dominic Thiem (AUT/5) Novak Djokovic (SRB/2) 6:7 (5/7) 6:3 7:6 (7/5)
Matteo Berrettini (ITA/8) Dominic Thiem (AUT/5) 7:6 (7/3) 6:3
Roger Federer (SUI/3) Novak Djokovic (SRB/2) 6:4 6:3

Gruppe "Andre Agassi"

Tabelle:
1. Stefanos Tsitsipas (GRE/6) 3 5:2 2
2. Alexander Zverev (GER/7) 3 4:2 2
3. Rafael Nadal (ESP/1) 3 4:4 2
4. Daniil Medwedew (RUS/4) 3 1:6 0
Spielplan:
Stefanos Tsitsipas (GRE/6) Daniil Medwedew (RUS/4) 7:6 (7/5) 6:4
Alexander Zverev (GER/7) Rafael Nadal (ESP/1) 6:2 6:4
Rafael Nadal (ESP/1) Daniil Medwedew (RUS/4) 6:7 (3/7) 6:3 7:6 (7/4)
Stefanos Tsitsipas (GRE/6) Alexander Zverev (GER/7) 6:3 6:2
Rafael Nadal (ESP/1) Stefanos Tsitsipas (GRE/6) 6:7 (4/7) 6:4 7:5
Alexander Zverev (GER/7) Daniil Medwedew (RUS/4) 6:4 7:6 (7/4)