Vladimirs Kamess und Christopher Trimmel
AP/Roman Koksarov
EM-Qualifikation

ÖFB-Ersatzteam enttäuscht in Lettland

Österreichs Fußballnationalteam hat am Dienstag die erfolgreiche EM-Qualifikation in der Gruppe G mit einer enttäuschenden 0:1-Niederlage beim bis zuletzt punktelosen Schlusslicht Lettland abgeschlossen. Das ÖFB-Team, das nach der fixierten EM-Teilnahme ohne zahlreiche Stammspieler antrat, kassierte damit erstmals seit März eine Niederlage.

In einer Partie mit Freundschaftsspielcharakter und vor lediglich 2.000 Zuschauern – darunter rund 500 aus Österreich – erzielte Marcis Oss den entscheidenden Treffer nach einem Eckball in der 65. Minute. Die Gastgeber hatten bereits in der ersten Hälfte die Latte getroffen und später noch die Chance auf das 2:0 vergeben, die über weite Strecken ideenlos auftretenden Österreicher trafen spät ebenfalls Aluminium.

Damit beendete das ÖFB-Team das Länderspieljahr – gleichbedeutend mit der EM-Quali – mit sechs Siegen, einem Unentschieden und drei Niederlagen. Weiter geht es im März mit zwei Vorbereitungsspielen. Die Gegner sind noch offen und hängen auch von der Auslosung der Gruppen für die EM 2020 am 30. November in Bukarest ab. Österreich, das die Quali auf Rang zwei beendete, wird aus Topf drei gezogen.

Lettland trifft nach Eckball

Verteidiger Marcis Oss steht nach einem Eckball goldrichtig und schießt Lettland zum Sieg.

Startelf mit zwei Debütanten

Teamchef Franco Foda bot in Riga mit Tormann Pavao Pervan (VfL Wolfsburg) und Thomas Goiginger (LASK) zwei Debütanten in der Startelf auf. Im Vergleich zum 2:1-Sieg gegen Nordmazedonien, der am Samstag das Ticket für die EM fixierte, gab es neun Änderungen, nachdem Foda für das Spiel in Lettland auf zahlreiche Stammspieler (u. a. David Alaba und Marko Arnautovic) verzichtet hatte. Kapitän Julian Baumgartlinger und Aleksandar Dragovic waren erneut von Beginn weg dabei. Der Verteidiger war zudem der einzige ÖFB-Akteur, der bei allen zehn Spielen in der EM-Qualifikation zum Einsatz kam. In der zweiten Hälfte trug er auch die Kapitänsschleife.

Im Daugava-Stadion, wo das ÖFB-Team 1995 eine 2:3-Niederlage in der damaligen EM-Qualifikation erlitten hatte, traten die Österreicher ein letztes Mal in den bisherigen Auswärtsdressen an, weil der spanische Referee Alejandro Hernandez auf sein blau-schwarzes Outfit bestanden hatte. Die am Samstag in Wien präsentierte und durchaus umstrittene neue schwarze Auswärtskollektion mit mintgrünen Hosen und Stutzen kommt dann endgültig im EM-Jahr 2020 zum Tragen.

Enttäuschende erste ÖFB-Hälfte

In einem Spiel, in dem es für beide Teams aufgrund der Konstellation in der Gruppe G um nichts mehr ging, hatten die Österreicher zu Beginn viel Ballbesitz, ohne zunächst daraus Chancen lukrieren zu können. Die Letten störten die Kreise des ÖFB-Teams noch in dessen Hälfte und kamen auch zum ersten Torabschluss. Der Schuss von Oss aus rund 20 Metern ging aber deutlich an Pervans Gehäuse vorbei (8.).

Lettland gab sich wohl auch deswegen motiviert, um die völlig verpatzte Quali zumindest mit einem Zähler oder einem Heimtor zu beenden. Die beiden bisherigen Treffer erzielte das Team von Coach Slavisa Stojanovic auswärts. Um diese Umstände zu ändern, bot sich mit dem veränderten ÖFB-Team die letzte Chance.

Nach rund einer Viertelstunde machte sich aber Österreichs Offensive erstmals bemerkbar. Zunächst pfiff Hernandez nach einem schönen Zuspiel von Florian Grillitsch zu Goiginger in die Tiefe und dessen Hereingabe Stürmerfoul von Michael Gregoritsch. Der Noch-Augsburg-Stürmer war nach einem Corner von Louis Schaub wiederum zur Stelle, beförderte aber den Ball knapp über das Tor (17.). Das war es vorerst von ÖFB-Seite. Pervan bewahrte das ÖFB-Team hingegen nur zwei Minuten später mit einer Parade gegen den enteilenden Davis Ikaunieks vor einem Rückstand (19.).

Lettland trifft die Latte

Aufgrund der vielen Umstellungen entwickelte Österreich keinen Rhythmus im Spiel, das von vielen Fehlpässen geprägt war. Die Letten standen anders als beim ersten Duell in Salzburg (0:6) kompakter, was für die in Hälfte eins über weite Strecken einfallslose ÖFB-Elf reichte. Auf der anderen Seite vergab Lettland die bis dahin beste Chance im Spiel. Nach einer Ecke kam die Flanke im zweiten Versuch zu Oss, der Dragovic enteilt war und aus kurzer Distanz nur die Latte traf (27.).

Lettischer Kopfball an die Latte

Völlig freistehend kommt Lettland-Verteidiger Marcis Oss zum Kopfball – dieser geht an die Querlatte.

Immerhin verfehlte dieser Weckruf seine Wirkung nicht, und Österreich tat nun wieder mehr für das Spiel gegen die Nummer 143 der FIFA-Weltrangliste. Die Letten mussten auch ihrem Angriffspressing Tribut zollen, woraufhin Österreich noch vor Pausenpfiff zu Möglichkeiten kam. Nach einer Seitenverlagerung gelangte der Ball via Wöber zu Schaub, der Gregoritsch im Rückraum bediente. Dessen Schuss ging aber ähnlich wie zuvor drüber (39.). Auch der Schuss von Grillitsch ging knapp vor Pausenpfiff über das lettische Gehäuse (45.).

Foda reagierte und brachte Karim Onisiwo für Baumgartlinger. Der Mainz-Legionär sollte über links für Schwung sorgen, während Schaub ins Zentrum wechselte. Der als Sechser zurückbeorderte Grillitsch gab den ersten Torschuss ab, der aber im lettischen Abendhimmel landete (50.). Vier Minuten später wurde Gregoritsch bei einem Abschluss im Sechzehner gerade noch geblockt (54.).

Gegentor nach Eckball

Die Österreicher hatten auch in der zweiten Hälfte deutlich mehr Ballbesitz, konnten damit aber weiter nichts anfangen. Distanzschüsse aus der zweiten Reihe waren noch das Höchste der Gefühle. Die Letten nützten hingegen ihre bis dahin einzige nennenswerten Chance nach der Pause. Nach einem Eckball behielt Oss am Elfer in einem Gewusel mit Gegenspieler Dragovic den Überblick und vollendete trocken ins Eck – das erste lettische Heimtor in der EM-Qualifkation kam gerade noch rechtzeitig (65.).

Marcis Oss trifft
Reuters/Ints Kalnins
Marcis Oss nützte die Gunst der Stunde und traf zum Sieg gegen Österreich

Österreich bemühte sich zwar, noch zumindest ein Remis herzustellen, doch zunächst waren die Gastgeber sogar dem 2:0 näher. Pervan wehrte aber gerade noch gegen „Joker“ Vladislavs Gutkovskis ab (76.).

In den letzten Minuten drückte Österreich – mittlerweile mit Lukas Hinterseer für den enttäuschenden Goiginger und den dritten ÖFB-Debütanten Reinhold Ranftl auf dem Platz – noch auf den Ausgleich, der an diesem Abend glücklose Gregoritsch traf aber nur noch aus kurzer Distanz die Latte (83.). Schließlich vergab auch Stefan Posch das 1:1 per Kopfball (89.). Lettland bejubelte damit den ersten Erfolg nach insgesamt 17 sieglosen Spielen.

Gregoritsch vergibt große Ausgleichschance

Es soll nicht sein für Michael Gregoritsch: Haken nach links, Abschluss an die Querlatte. Den Nachschuss setzte Maximilian Wöber weit über das Tor.

EM-Qualifikation, Gruppe G

Dienstag:

Lettland – Österreich 1:0 (0:0)

Riga, Daugava-Stadion, 2.000 Zuschauer, SR Alejandro Jose Hernandez Hernandez (ESP)

Tor: 1:0 Oss (65.)

Lettland: Steinbors – Savalnieks, Dubra, Oss, Maksimenko, Jurkovskis – Grjaznovs (93./Cernomordijs), Fjodorovs, Kamess – Ikaunieks (89./Tarasovs), Uldrikis (70./Gutkovskis)

Österreich: Pervan – Trimmel, Posch, Dragovic, Wöber – Baumgartlinger (46./Onisiwo), Ilsanker (77./Ranftl) – Goiginger (69./Hinterseer), Grillitsch, Schaub – Gregoritsch

Gelbe Karten: Ikaunieks, Steinbors bzw. Ilsanker