Denis Zakaria (Borussia Mönchengladbach) und Romano Christian Schmid (WAC)
APA/Erwin Scheriau
Europa League

Gladbach wirft WAC aus Europacup

Das Abenteuer des Wolfsberger AC in der UEFA Europa League wird nach der Gruppenphase zu Ende sein. Borussia Mönchengladbach beendete am Donnerstag in der Grazer Merkur Arena mit einem 1:0-Sieg die Hoffnungen der Kärntner auf ein Aufstiegsfinale gegen die AS Roma. Der WAC präsentierte sich zwar erneut mehr als ebenbürtig, die neuerliche Sensation blieb allerdings diesmal aus.

Vor 12.073 Zuschauern im Wolfsberger Ausweichquartier in Graz-Liebenau erzielte Kapitän Lars Stindl in der 60. Minute den goldenen Treffer für Mönchengladbach. Der deutsche Tabellenführer revanchierte sich damit nicht nur für die 0:4-Schlappe am ersten Spieltag, sondern machte in Gruppe J auch einen weiteren Schritt Richtung Sechzehntelfinale. Gladbach kann nun am letzten Spieltag zu Hause gegen Istanbul Basaksehir mit einem Remis den Aufstieg in die K.-o.-Runde fixieren.

Für die Wolfsberger geht es hingegen nach der dritten Niederlage in der Gruppe J in Folge beim Abschluss in Rom nur noch um das Prestige, nachdem eine neuerlich starke Leistung gegen Mönchengladbach nicht mit einem Punktegewinn belohnt wurde. Immerhin können die Kärntner mit einer Überraschung bei den Italienern das Zünglein an der Waage im Kampf um den Gruppensieg und die Aufstiegsplätze sein. In Graz hatte der WAC den Römern am zweiten Spieltag ein 1:1 abgetrotzt.

WAC-Aus in der Europa League, LASK fix weiter

Der WAC schied nach einer 0:1-Heimniederlage gegen Mönchengladbach aus, der LASK fixierte mit einem 2:1 in Trondheim vorzeitig den Aufstieg.

Gladbacher Revanchegelüste

WAC-Interimstrainer Mohamed Sahli vertraute vor seinem ersten Europacup-Einsatz als Cheftrainer im Großen und Ganzen jener Formation, die zuletzt starke Leistungen gezeigt hatte. Einzige Ausnahme: Nemanja Rnic saß eine Sperre ab, Manfred Gollner begann wie erwartet in der Innenverteidigung. Auch Gäste-Trainer Rose hatte umstellen müssen. Prominente Abwesende waren der verletzte Abwehrchef Matthias Ginter und der gesperrte Mittelfeldmann Christoph Kramer. Gladbachs ÖFB-Beitrag Stefan Lainer begann rechts neben der neu formierten Innenverteidigung.

Mohamed Sahli (WAC)
APA/Erwin Scheriau
Mohamed Sahli gab sein Europacup-Debüt als WAC-Interimstrainer

Mit dabei war auch eine stattliche Anzahl an deutschen Fans, die ihren „Fohlen“ bei der Revanche für die 0:4-Schlappe im Hinspiel zuschauen wollten. An die 6.000 Anhänger hatten unter anderem einen Sonderzug, reguläre Züge etwa von Wien nach Graz und die Innenstadt in eine weitgehend friedliche Partyzone verwandelt. Nicht nur das 0:4, auch das Wolfsberger „Deutschebundesligaspitzenreiterbesieger“-T-Shirt hatte die Revanchegelüste und Reiselust auf Gladbacher Seite erhöht. Trotzdem herrschte kein deutsches Übergewicht, sondern eher ein „Fifty-fifty“. Auch viele WAC-Sympathisanten hatten sich über die Pack nach Graz begeben, um ihre Burschen zur nächsten Sensation zu tragen.

Wolfsberg ist Führung näher

„Sie werden uns nicht noch einmal unterschätzen“, war sich WAC-Coach Sahli bereits vor dem Ankick sicher gewesen. Die erste Chance hatten trotzdem die Kärntner nach einem Konter in Form von Shon Weissman, der Volley des Israelis ging jedoch Richtung Anzeigetafel hinter dem Tor (3.). Es blieb für lange Zeit die einzige Offensivaktion des WAC, denn die meiste Zeit liefen die Kärntner dem Ball hinterher. Gladbach ließ die Kugel in der Anfangsphase deutlich konzentrierter zirkulieren als im ersten Spiel. Alassane Plea und Lars Stindl klopften aus der Distanz an, aber Zählbares war nicht dabei.

Der WAC nahm den Deutschen aber mit viel Einsatz bald den Wind aus den Segeln. Speziell bei Ballverlusten hellwach, brachten sich die Kärntner zurück auf Augenhöhe. Wie schon im ersten Duell war der Unterschied zwischen österreichischem und deutschem Bundesligisten nicht mehr zu sehen. „Hunderprozentige“ – wenn man einen zu hoch angetragenen Freistoß von Michael Liendl (17.) und einen geblockten Schuss von Romano Schmid (28.) nicht mitzählt – hatten die Kärntner lange zwar keine, aber das Geschehen spielte sich nun deutlich mehr rund um den Gladbacher als um den WAC-Strafraum ab.

Eine Viertelstunde vor dem Pausenpfiff riss es die Wolfsberger Fans im gleichen Maß von den Sitzen, wie den deutschen Anhängern ihr Singsang im Hals stecken blieb. Anderson Niangbo kam völlig frei zum Schuss, nachdem Schmid Oscar Wendt das Leder abgeluchst hatte. Beim ersten Versuch traf der Ivorer den Ball nicht richtig, seinen folgenden Kopfball schlug Tobias Strobl vor der Linie weg (30.). Näher kam in der ersten Hälfte einem Tor niemand mehr, auch wenn der sehr auffällige Schmid Sommer noch einmal zu einer Abwehr zwang (37.).

Elfmeteralarm und Gladbacher Führung

Wenige Sekunden nach Wiederbeginn hatten die Gäste Glück, dass es in der Europa League keinen Videobeweis gibt. Strobl war Schmid im Strafraum klar auf die Beine gestiegen, doch Referee Serdar Gözübüyük war offensichtlich die Sicht verstellt. Der Niederländer ließ zum Ärger der Kärntner Fans weiterspielen, ein Elferpfiff wäre angebrachter gewesen (46.). Immerhin: Gözübyük sorgte wenig später für ausgleichende Gerechtigkeit. Auch bei einem Gerangel zwischen Gollner und Marcus Thuram im WAC-Strafraum hätten andere Schiedsrichter wohl auf den Punkt gezeigt (56.).

Die WAC-Spieler setzten jedenfalls nahtlos dort an, wo sie in der ersten Hälfte aufgehört hatten. Dafür gab es völlig verdient Standing Ovations von den Rängen. Nachdem ein Schuss von Weissman knapp drüber ging, wurden die „Hier regiert der WAC“-Rufe immer lauter (55.). Nur fünf Minuten später waren es aber die Gladbacher Fans, die am lautesten zu hören waren: Borussia-Kapitän Stindl schloss nach einem Konter über die linke Seite einen Stanglpass von Wendt mustergültig ab, Alexander Kofler im Tor war machtlos (60.).

Jubel von Gladbach
GEPA/Hans Oberlaender
Der Gladbacher Kapitän Lars Stindl sorgte für den letztlich entscheidenden Treffer in Graz

Deutsche spielen Sieg heim

Die Erleichterung bei Gladbach-Trainer Rose und seinen Spielern war bis unters Stadiondach zu spüren. So kurios es klang: Für Wolfsberg war ein Rückstand in Spielen gegen den fünffachen deutschen Meister eine ungewohnte Situation – es war aber auch erst das zweite Duell. Der WAC versuchte nun noch aggressiver ans Werk zu gehen, um den Wunsch der Fans nach dem Ausgleich zu erfüllen. Das öffnete Mönchengladbach klarerweise Räume zum Kontern. Plea hätte einen fast zum 2:0 genutzt (67.), wäre Kofler nicht zur Stelle gewesen. Kurz darauf rettete der Kärntner Goalie gegen Thuram (68.).

Den Wolfsberger lief nun die Zeit davon, Christopher Wernitznig sollte anstelle von Schmid neuen Schwung bringen. Aber so sehr sich die Kärntner auch bemühten, mit der Führung im Rücken konnten die Gladbacher ihre Qualitäten ausspielen. Mario Leitgeb kam dem Ausgleich per Kopf noch am nächsten, doch Sommer im Tor war auf dem Posten (77.). Mit dem Schlusspfiff endete auch der Traum vom Aufstieg in die K.-o.-Runde vorzeitig. Zum Abschluss der Europacup-Reise wartet auf die tapferen WAC-Spieler trotzdem noch ein „Zuckerl“: das Gastspiel in der „ewigen Stadt“ bei der AS Roma.

Stimmen zum Spiel:

Mohamed Sahli (WAC-Trainer): „Das ist eine ganz bittere Niederlage. Ich war mit unserer Leistung in der ersten Hälfte sehr zufrieden, auch mit den ersten 15 Minuten nach der Pause. Wir haben Gladbach in diesen 60 Minuten vor Probleme gestellt und haben sehr aktiv vorwärts verteidigt. Nach dem 0:1 haben wir uns dann schwergetan.“

„Es war ein Spiel: Wer das erste Tor schießt, wird gewinnen. Gladbach hat uns kalt erwischt. Leider hat der Schiedsrichter den klaren Elfmeter bei Schmid anders gesehen. Wäre uns ein Tor gelungen, hätte Gladbach riskieren müssen. Das hätte uns in die Karten gespielt. Die ersten 60 Minuten waren taktisch perfekt.“

Marco Rose (Mönchengladbach-Trainer): „Es war ein sehr schwieriges Spiel. Wir wussten, was auf uns zukommt. Wir sind gut ins Spiel gekommen, dann hat der WAC auf unsere Idee reagiert und uns Probleme bereitet und gute Möglichkeiten herausgespielt. Ab dem Tor hatten wir das Spiel ganz gut im Griff.“

„Hätte der WAC das erste Tor geschossen, wäre es sehr schwierig geworden. Der WAC ist eine richtig gute Truppe, die in den letzten Jahren kontinuierliche Arbeit geleistet hat. Das zahlt sich eben aus. Die Leistungen vom LASK und WAC überraschen mich nicht. Dadurch gibt es in Österreich größere Konkurrenz, und das hilft auch bei internationalen Auftritten.“

Europa League, Gruppe J

Donnerstag:

WAC – Mönchengladbach 0:1 (0:0)

Graz, Merkur Arena, 12.073 Zuschauer, SR Gözübüyük (NED)

Tor: 0:1 Stindl (60.)

WAC: Kofler – Novak, Sollbauer, Gollner, Schmitz – Schmid (75./Wernitznig), Leitgeb, Liendl, Ritzmaier – Weissman, Niangbo (85./Schmerböck)

Mönchengladbach: Sommer – Lainer, Strobl, Bensebaini, Wendt – Hofmann, Zakaria, Stindl (74./Embolo), Benes – Plea (77./Herrmann), Thuram (89./Raffael)

Gelbe Karte: Gollner