Erling Braut Haaland (Salzburg)
GEPA/Mathias Mandl
Champions League

Salzburg kann Erfolgsweg vergolden

Dem FC Salzburg bietet sich am Dienstag (18.55 Uhr) eine außergewöhnliche Chance. Mit einem Heimsieg kann der heimische Meister als erster Club aus Österreich überhaupt das Achtelfinale der UEFA Champions League erreichen – und das gegen Titelverteidiger Liverpool. Es wäre nicht nur das Highlight der Vereinsgeschichte, sondern würde auch den 2012 eingeschlagenen Weg, der das Salzburger Erfolgsjahrzehnt ebnete, vergolden.

„Dieses Spiel ist das Highlight in unserer Clubgeschichte“, sagte auch Christoph Freund im Vorfeld der Partie im Gespräch mit ORF.at. „Es wäre die absolute Krönung unseres bisherigen Weges. Speziell, wenn man sieht, was bei uns im Sommer passiert ist und wie viele Spieler wir abgegeben haben“, betonte der 42-jährige Sportchef, der seit 2006 im Club arbeitet und auch Zeiten kennt, in denen man noch viel Geld in namhafte Spieler und Trainer investierte und dafür weniger erntete.

Nun hat man sich trotz der Abgänge von sechs Stammspielern und Trainer Marco Rose im Sommer mit Neocoach Jesse Marsch bei der Premiere in der Königsklasse dieses „Finale dahoam“ erarbeitet. Für den Meister ist es die Bestätigung des von Ex-Sportchef Ralf Rangnick initiierten Wechsels der Philosophie, die auf Spielerentwicklung und eine offensive Ausrichtung basiert. In den sieben Jahren danach gewann Salzburg nur einmal nicht die Meisterschaft und holte nur zweimal nicht den Cup. Nachdem bereits das Halbfinale der Europa League erreicht worden war, ist nun das CL-Achtelfinale möglich.

Champions League: Salzburg bereit für Liverpool

Zum Abschluss der Gruppenphase empfängt Salzburg den FC Liverpool. Mit einem Heimsieg kann Salzburg den Aufstieg ins Achtelfinale schaffen.

„Perfekte Ausgangslage“

Salzburg reicht im letzten Spiel der Gruppenphase fast jeder Heimsieg, um die Runde der letzten 16 zu erreichen. Nur dürfte Liverpool dabei nicht mehr als jene drei Auswärtstore erzielen, die für Österreichs Meister an der Anfield Road beim spektakulären 3:4 letztlich zu wenig waren. „Die Ausgangsposition ist für uns perfekt. Wir haben unser großes Ziel, im Frühjahr in der Europa League zu spielen, bereits erreicht. Die Jungs werden brennen, das Stadion wird brodeln, es ist alles angerichtet. Wir wollen das Spiel gewinnen, wissen aber auch, wer uns gegenübersteht", sagte Freund, der seit 2015 Sportchef ist.

Salzburg-Sportchef Christoph Freund
GEPA/Harald Steiner
Sportchef Christoph Freund arbeitet seit 2006 in diversen Funktionen für den Club

Salzburg hat in den vergangenen drei Jahren nur ein Heimspiel in der Red Bull Arena verloren, das allerdings in der aktuellen Saison in der Champions League gegen SSC Napoli (2:3). Startrainer Jürgen Klopp sprach bereits nach dem 1:1 gegen die Italiener, das für den Aufstieg vor zwei Wochen zu wenig war, von einer „schwierigen Aufgabe“, die seinem Team in Österreich bevorstünde. Freund kann das durchaus bestätigen: „Leicht hat es hier keiner. Wir sind für Liverpool sicher nicht der größte Gegner, gegen den sie jemals gespielt haben, aber sie wissen, dass wir es ihnen unangenehm machen können.“

Egal wie das Spiel ausgehen wird, der Sportchef kann bereits positive Bilanz ziehen. Denn abgesehen vom erreichten Ziel Europa League haben sich die Salzburger mit Leistungen in der Eliteliga etabliert und das mit ihren bekannten Mitteln. „Wir haben in jedem Spiel unsere besondere Art und Weise auf den Platz gebracht. Wir haben uns nicht extrem auf den Gegner ausgerichtet, sondern wollten unser Spiel durchziehen. Das ist in den vergangenen Jahren unser großes Markenzeichen geworden, das haben wir auch in der Champions League nicht geändert. Wir treten mutig und stark auf", so Freund, der einzig die zu vielen Gegentreffer (elf in fünf Spielen, Anm.) monierte.

Alles änderte sich 2012

Der Weg, der vor sieben Jahren eingeschlagen worden war, hat sich definitiv ausgezahlt. Damals, als Ralf Rangnick das sportliche Ruder übernahm, scheiterte Salzburg in der Champions-League-Qualifikation am luxemburgischen Club Düdelingen. Dem deutschen Sportchef stach aber laut eigener Aussage ein trostloses 0:2 daheim gegen Rapid Wien mehr ins Auge. Das führte dazu, die bisherige Philosophie des 2005 von Red Bull übernommenen Clubs zu ändern. Vermehrt auf junge Spieler zu setzen und diese in einer kleinen Liga wie Österreich auszubilden sowie teuer zu veräußern wurde fortan zum Credo.

Eines der ersten Gesichter dieses Weges war Sadio Mane. Damals kam der Senegalese für kolportierte vier Millionen Euro vom französischen Zweitligisten Metz. Eine hohe Investion, die sich bezahlt machte. Nach zwei Jahren verließ der Offensivspieler Salzburg und brachte dem Club letztlich 23 Millionen Euro ein. Am Dienstag kehrt Mane als Champions-League-Sieger und Weltklassestürmer an seine frühere Arbeitsstätte zurück. Mit ihm auch Naby Keita, der Rekordtransfer der Salzburger. Der Mittelfeldspieler spülte beinahe 30 Millionen Euro in die Kassen.

Sadio Mane und Naby Keita (beide Liverpool)
Reuters/Jason Cairnduff
Entwickelt in Salzburg, nun erfolgreich mit Liverpool: Sadio Mane und Naby Keita

„Er (Rangnick, Anm.) war sicher der Auslöser und Motor, damit das passiert ist. Danach war es viel Teamwork mit Personen, die Überzeugungstäter geworden sind. In den vergangenen Jahren haben wir den eingeschlagenen Weg mit einer großen Konsequenz durchgezogen“, so Freund, der von Rangnick lernte, aber auch dessen Dominanz zu spüren bekam. Nachdem der Deutsche ab 2015 nur noch beim Schwesterclub in Leipzig tätig war, bediente sich der heute übergeordnete Red-Bull-Fußballchef gerne in Salzburg bei Spielern für seinen Leipziger Kader. Speziell diese Abgänge erzeugten auch bei den Fans Gegenwind. „Wir hatten intern aber nie Zweifel. Für einen Verein in einer kleineren Liga ist das der richtige Weg“, so Freund.

Ausnahmen bestätigen Regel

Die Salzburger schafften es vor allem in jüngerer Vergangenheit, sich zu emanzipieren. Die beiden Siege in den Duellen mit Leipzig in der Europa-League-Gruppenphase 2018 taten ihr Übriges. Die Salzburger machten sich in diesem Bewerb auch einen Namen in Europa, zumal Spieler in den Fokus gerieten, an denen später auch Topclubs Interesse zeigten. Das eigene Scouting, heute von zumindest sieben Mitarbeitern betrieben, wurde verfeinert und auch die Transferpolitik erfolgreich adaptiert. Mit dem damals 30-jährigen Zlatko Junuzovic holte man einen Spieler abseits des gewohnten Alterssegments, für Maximilian Wöber griff man mit zehn Millionen Euro tiefer als sonst in die Taschen.

Das sind die Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Der Fokus bleibt auf den Talenten, die in der 2014 eröffneten Akademie ausgebildet oder extern verpflichtet werden und beim Farmteam FC Liefering in der 2. Liga erste Profierfahrung sammeln. Personal und Infrastruktur kosten diesbezüglich viel Geld, mit hohen Transfererlösen schließt sich allerdings der Kreis.

Haaland, Adeyemi und Co.

Der Salzburger Weg hatte in den vergangenen Jahren viele Gesichter, die jüngsten sind nun Erling Haaland bei den Profis und Karim Adeyemi bei Liefering. Für den 17-jährigen Deutschen, den man für drei Millionen Euro von der SpVgg Unterhaching geholt hatte, gab der FC Barcelona bereits ein Angebot von 15 Millionen Euro ab. Zu diesem Zeitpunkt ihrer Karriere verkaufe Salzburg aber noch keine Spieler.

Salzburg holt junge Spieler, entwickelt sie und verkauft sie – das Geschäftsmodell floriert. Bis 2014 nahm Österreichs Meister keine 20 Millionen Euro an Ablösesummen ein, seither 280. „Der Schlüssel ist, dass wir genau wissen, was wir suchen. Wir können und wollen nicht den ganzen Markt abdecken, wir suchen Spieler, die zu uns passen. Den Bereich, den wir abdecken, wollen wir konsequent bearbeiten“, meinte Freund im Hinblick auf die Abgänge, die notwendig sind, um auch weiterhin auf dem Erfolgsweg zu bleiben.

Auswirkungen auf Nationalteam

Diese Erfolgsformel hatte am Ende dieses Jahrzehnts auch endgültig Auswirkungen auf das österreichische Nationalteam. Höhepunkt waren die acht früheren oder aktuellen Salzburg-Spieler in der Startelf gegen Nordmazedonien (4:1, Anm.) in der EM-Qualifikation. „Uns wurde immer wieder vorgeworfen, dass wir nur auf teure ausländische Spieler setzen würden. Bis zu acht Spieler in der Startelf sind eine richtig coole Geschichte und machen uns sehr stolz“, so Freund.

Für das neue Jahrzehnt gelte es nun, diesen Weg weiterzugehen. „Wenn wir das hohe Level weiterführen können, wäre das eine schöne Geschichte. Aber es wird nicht einfacher", sagte der Sportchef, der sich aber ob der Aufstellung innerhalb des Clubs zuversichtlich zeigt. „Trotz vieler Veränderungen bezüglich Spieler und Trainer verändert sich der Verein nicht, die Mannschaft ist in der Ausrichtung stabil und auch in der Arbeitsweise.“ Damit hat man viel erreicht und könnte sich am Ende des Jahrzehnts sogar noch mit dem CL-Achtelfinal-Ticket krönen.