Ester Ledecka
AP/The Canadian Press/Jeff McIntosh
Ski alpin

Multitalent Ledecka beeindruckt Konkurrenz

Gleich beim ersten Saisonauftritt hat Ester Ledecka eines ihre größten Saisonziele erreicht. Mit dem Abfahrtssieg in Lake Louise hat die 24-jährige Snowboarderin aus Tschechien bewiesen, dass ihr Olympiagold 2018 im Super-G keine Ausnahme war. Für ihren ersten Weltcup-Triumph auf Skiern gab es Lobeshymnen von der Konkurrenz.

„Jetzt ist uns wieder mal eine Boarderin um die Ohren gefahren. Sie hat’s echt drauf. Wahrscheinlich wird sie es sein, an der wir uns in nächster Zeit die Zähne ausbeißen“, sagte Österreichs Stephanie Venier, die sich nach Platz drei in Kanada gut vorstellen kann, dass Ledecka bald auch auf zwei Brettern den Ton angibt. Auf dem Snowboard tut das die Pragerin schon seit Längerem, wie ihre Weltcup-Kristallkugeln sowie zwei Weltmeistertitel beweisen.

Seit Februar 2016 startet Ledecka auch im Skiweltcup. Nur zwei Jahre später schaffte es die Athletin des TJ Dukla Liberec als Erste, bei denselben Winterspielen Gold in verschiedenen Sportarten zu gewinnen. Wenige Tage bevor sie 2018 in Korea ihr programmiertes Gold im Parallel-Snowboarden abholte, hatte sie Anna Veith sensationell Super-G-Gold entrissen.

Siegerin Ester Ledecka im Interview

„Ich habe die Fahrt sehr genossen, sie war wirklich gut“, sagte die Tschechin Ester Ledecka im Interview.

„Ich würde es nicht Zufall nennen“

„Seitdem arbeite ich daran, auch im Ski mehr Erfolge einfahren zu können“, sagte Ledecka der APA in einem Interview vor der Saison. „Ich würde es nicht Zufall nennen. Aber ich weiß, dass ein Rennen allein nicht zeigt, dass du die Beste bist. Speziell bei Olympia, wo so viel Druck herrscht.“ Druck von außen verspüre sie aber nicht. „Ich selbst bin es, die beweisen will, dass es auch öfter als einmal geht.“

Ledecka ist ein sportliches Multitalent. Die dafür notwendigen Gene wurden ihr offenbar in die Wiege gelegt. Großvater Jan Klapac spielte im Eishockey-Nationalteam, Mama Zuzana war Eiskunstläuferin, Papa Jan Ledecky ist ein bekannter Musiker. Ihr Bruder designt Esters Rennanzüge. Sie selbst ist von klein auf sportfanatisch und multitalentiert. „Sie kann alles. Snowboarden, Tennisspielen, Skifahren, Basketball, Volleyball, Windsurfen. Dafür ist sie weniger im Fitnessstudio. Sie macht das auf dem Surfbrett wieder wett“, sagte Venier.

Schwieriger Spagat zwischen einem und zwei Brettern

Ledeckas Premierentriumph auf Ski kam an einem Wochenende, an dem sie beim Snowboard-Saisonauftakt in Russland hätte sein sollen. Die Weltcups auf einem und zwei Brettern unter einen Hut zu bringen wird schwierig wie noch nie. „Es überschneidet sich viel, und es gibt im Snowboard viel mehr Rennen als vergangenes Jahr. Es wird also schwer, die Kugel wieder zu gewinnen. Selbst wenn ich alle Rennen, an denen ich teilnehme, gewinne“, sagte Ledecka.

1. Ester Ledecka (CZE)
2. Corinne Suter (SUI)
3. Stephanie Venier(AUT)

Beim Wechseln zwischen den beiden Sportarten hilft aber, dass sie mittlerweile einen österreichischen Getränkeproduzenten als Unterstützer und damit professionelle Möglichkeiten hat. „Einem Team anzugehören, bei dem (Lindsey, Anm.) Vonn, (Marcel, Anm.) Hirscher, (Axel Lund, Anm.) Svindal und Alexis Pinturault sind, ist eine Riesenehre. So etwas habe ich noch nie erlebt. Es ist wie eine Familie“, schwärmte Ledecka.

Letztlich entscheide aber das Bauchgefühl über die Rennplanung und ihre Coaches. Fürs Skifahren ist bei Ledecka weiter der ehemalige tschechische alpine Weltcup-Fahrer Ondrej Bank zuständig, für das Snowboarden Justin Reiter und Sigi Grabner. Ihr neuer Servicemann hat früher die Ski von Landsfrau Sarka Strachova gewachselt. Als Sarka Zahrobska hatte diese für Tschechiens erste Skiweltcup-Siege gesorgt. Ledecka ist nun die erste Abfahrtssiegerin aus der Tschechischen Republik.

Ledecka denkt an Crossover-Bewerb

Auch wenn sie St. Moritz auslässt und stattdessen in Cortina und Carezza wieder aufs Snowboard steigt, wird Ledecka schon diesen Winter den Fokus eher beim Skifahren haben. „Ich möchte so viele Skirennen wie möglich bestreiten“, sagte sie. Dort seien das Publikumsinteresse und die mediale Beachtung einfach größer.

Ester Ledecka
APA/AFP/Mark Ralston
Auch für Ester Ledecka gab es bei der Siegerehrung in Lake Louise den obligatorischen Cowboyhut

Im Visier hat Ledecka auch die alpinen Weltcup-Kombinationen, auch wenn der Slalom eine weitere Disziplin für sie darstellt. „Am liebsten“, so Ledecka lachend, „wäre mir eine Kombination aus Ski-Abfahrt und Snowboard-Slalom“.

Da wäre die Tschechin wohl unschlagbar, das ist auch Nicole Schmidhofer klar. „Snowboarder fahren den gleichen Kurs mehrmals. Ester hat uns also etwas voraus, wenn die Piste schwierig ist.“ Auch Nina Ortlieb war in Lake Louise beeindruckt: „Cool, wenn eine zeigt, dass sie mehrere Talente hat. Hut ab vor dieser Doppelleistung.“