Kipchoge
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Jahresrückblick

Wenn Träume in Erfüllung gehen

Am 12. Oktober hat Lauf-Star Eliud Kipchoge in Wien Geschichte geschrieben. Der Kenianer legte die 42,195-km-Distanz in einem eigens für ihn organisierten Rennen im Rahmen der „Ineos 1:59 Challenge“ in 1:59:40 Stunden zurück und durchbrach damit als erster Mensch im Marathon die 2:00-Stunden-„Schallmauer“.

„Ich habe meinen Traum realisiert“, jubelte Kipchoge nach dem Zieldurchlauf. „Das Finish war der beste Moment meines Lebens, als nur noch wenige hundert Meter zu laufen waren und es Zeit war, Geschichte zu schreiben“, so der inzwischen 35-Jährige, der 2016 auch schon Olympiasieger geworden war und überdies den nach wie vor gültigen Weltrekord von 2:01:39 Stunden hält.

Immer wieder betonte er jedoch sein Ziel, die Menschen mit seinen Leistungen inspirieren zu wollen und zu beweisen, dass alles möglich sei. „Grenzen sind nur im Kopf, das muss man wegklicken“, so Kipchoge, der sich auch bei seinem Team und seinen Schrittmachern bedankte. Auch wenn die unter „Laborbedingungen“ erbrachte Leistung des Kenianers wegen der häufigen Wechsel der Schrittmacher nicht als Weltrekord anerkannt wird, bezeichnete der Weltverband (IAAF) die Leistung als einen der „größten bahnbrechenden Meilensteine der Geschichte der Leichtathletik“.

Fotostrecke mit 8 Bildern

Eliud Kipchoge beim Aufwärmen mit Läufern in Wien
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Eliud Kipchoge beim Aufwärmen auf der Reichsbrücke. Die Stunden und Minuten vor dem Start beschrieb er als härteste Zeit
Eliud Kipchoge am Start
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Umringt von seinen Tempomachern erfolgte für Kipchoge um 8.15 Uhr der Start zum Rekordlauf in Wien
Eliud Kipchoge mit Läufern in Wien
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Die windgeschützte und ebene Prater Hauptallee war die perfekte Strecke. Auch die Temperatur und etwas Nebel sorgten für ideale Bedingungen.
Eliud Kipchoge mit Läufern in Wien
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Wie ein Uhrwerk spulte Kipchoge die Kilometer in 2:50 Minuten ab und zeigte nie eine Schwächephase
Eliud Kipchoge mit Läufern hinter dem Signalfahrzeug
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Vor Kipchoge fuhr ein Auto, das per grünem Laser die angestrebte Zielzeit von unter 2:00 Stunden auf den Asphalt projizierte
Eliud Kipchoge mit Läufern in Wien
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Tausende Schaulustige sorgten entlang der Strecke für eine hervorragende und stimulierende Atmosphäre
Eliud Kipchoge beim Einlauf ins Ziel unter zwei Stunden
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Der Zieleinlauf wurde für Kipchoge und alle Beteiligten zu einem sehr emotionalen Moment
Eliud Kipchoge im Ziel mit Flagge und Siegerzeit
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Nach dem sensationellen Lauf durfte sich Kipchoge mit seiner Zeit von 1:59:40 Stunden zu Recht feiern lassen

Der in Nairobi geborene viermalige Tour-de-France-Sieger Chris Froome, der in Wien das Rennen verfolgte, bezeichnete die Leistung als „episch“ und „inspirierend“. Für Ex-Radweltmeister Mark Cavendish war der Lauf „die beeindruckendste sportliche Leistung der Geschichte“.

Weltweites Aufsehen

Kipchoges Lauf in Wien hat die Welt in Atem gehalten, alle großen Medien der Welt haben darüber berichtet. Mehr als 30 TV-Sender strahlten in 200 Ländern aus, allein der offizielle YouTube-Stream der „Ineos 1:59 Challenge“ hält derzeit bei knapp fünf Millionen Aufrufen.

Auch die internationale Presse überschlug sich größtenteils in Lobeshymnen auf den Rekordläufer: „Eliud Kipchoge erfindet den Marathon neu“, schrieb die französische „L’Equipe“. „Die Denkmäler der Leichtathletik-Geschichte sind unauslöschlich in die Erinnerung eingraviert. Jetzt kommt ein weiterer Sockel im Pantheon des Sports hinzu“, so die britische „The Times“. Die „Gazzetta dello Sport“ meinte: „Die Traditionalisten werden es nicht zu schätzen wissen. Aber in Wien wurde am 12. Oktober 2019 Geschichte geschrieben.“

Eliud Kipchoge stellt Marathon-Weltrekord auf

Für Eliud Kipchoge ging im Wiener Prater ein Traum in Erfüllung.

Schmidhofer mit neuem österreichischen Speedrekord

Einen anderen Meilenstein setzte Österreichs alpine Skiläuferin Nicole Schmidhofer, die am 23. März ebenfalls ein geplantes Vorhaben in eindrucksvoller Manier in die Tat umsetzte. Bei ihrem Debüt bei der Speedski-WM im schweizerischen Vars erreichte die 30-jährige Steirerin im Finale nicht weniger als 217,590 km/h und verbesserte den ÖSV-Frauenrekord gewaltig. Die angestrebte 200-km/h-Marke überbot die ehemalige Super-G-Weltmeisterin deutlich. im Endklassement belegte sie Rang vier.

Nicole Schmidhofer
Jan Farrell Media
Schmidhofer kam mit dem für sie neuen Terrain sehr gut zurecht

„Es war mega cool“, war Schmidhofer begeistert. „Ich habe für diese kurze Zeit das Beste rausgeholt und mit über 217 km/h auch weit mehr geschafft, als ich mir erhoffen durfte. Das Gefühl ist schwer zu beschreiben – es macht nochmals einen richtig großen Unterschied aus, ob man wie gestern rund 200 km/h oder heute 217 fährt.“ Damit ist das Projekt Speedski für Schmidhofer vorerst wieder abgeschlossen. „Vielleicht fahre ich irgendwann wieder mit.“

Strasser alleiniger RAAM-Rekordsieger

Am 20. Juni überquerte Christoph Strasser zum sechsten Mal beim Radrennen Race Across America (RAAM) als erster die Ziellinie. Nach einer Fahrzeit von acht Tagen, sechs Stunden und 51 Minuten erreichte der 36-Jährige nach 4.940 Kilometern das Ziel an der US-Ostküste und gewann das RAAM als Erster zum dritten Mal in Folge.

Christoph Strasser jubelt mit seinem Team nach dem Sieg des Race Across America (RAAM)
Lex Karelly
Erschöpft, aber glücklich präsentierte sich Strasser nach den acht harten Tagen im Ziel

Er ist nun alleiniger Rekordhalter bei den Herren, nachdem er sich den Rekord zuvor mit dem Slowenen Jure Robic geteilt hatte. Strasser hatte während des Bewerbs nur 9,5 Stunden Schlaf. „Mein erstes Ziel vor diesem RAAM war, das Ziel gesund zu erreichen. Das gelang mir so halbwegs“, sagte Strasser nach seiner Ankunft in Annapolis.

„Die weiteren Ziele waren der Sieg und das Triple, was ich geschafft habe. Ein neuer Streckenrekord war wetterbedingt und durch zahlreiche Umleitungen aber nicht möglich. Christoph hat ein großes Rennen abgeliefert, da die Witterung in diesem Jahr mit großer Hitze, Waldbränden, Überflutungen und massiven Regenfällen in den letzten Tagen extrem war. Er hat eine heldenhafte, übermenschliche Leistung geboten“, sagte sein begleitender Arzt Robert Url.

Sechster WM-Titel für Hamilton

Ebenfalls seinen sechsten Titel durfte Lewis Hamilton bejubeln. Der Mercedes-Pilot wurde nach 2008 (McLaren) sowie 2014, 2015, 2017, 2018 neuerlich Weltmeister. Ein WM-Titel fehlt dem Briten noch auf den Allzeitrekord des Deutschen Michael Schumacher.

Lewis Hamilton jubelt
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Hamilton ist einmal mehr am großen Ziel angelangt

Die Saison krönte der 34-Jährige mit einem Sieg beim Saisonfinish in Abu Dhabi, ein weiteres Jahr, das ganz in seinem Zeichen stand. Die Zahlen der Saison unterstreichen die neuerliche Dominanz des Briten und seines Rennstalls Mercedes. In seinem 250. Grand Prix holte sich Hamilton auf dem Yas Marina Circuit von Abu Dhabi den 84. Sieg seiner Karriere. Sein sechster WM-Titel war bereits lange davor festgestanden.

Krönender Abschluss

Das letzte Rennen war für viele Beobachter symbolisch für die gesamte Saison. „Hamiltons Fahrt war vom Start bis zur Zielflagge so präzise, wie er es das ganze Jahr über gezeigt hat. Gleich zu Beginn hatte er Abstand gewonnen und gab ihn nicht mehr auf“, schrieb der englische „Guardian“. Mit seinem elften Saisonsieg stellte Hamilton eine persönliche Bestmarke ein.

Hamilton setzt sich in der Formel 1 in Szene

Lewis Hamilton war einmal mehr das Maß der Dinge in der Königsklasse.

Der Brite stand damit in mehr als der Hälfte der 21 Rennen auf der obersten Stufe des Podests. Nur in Österreich als Fünfter, in Deutschland (9.) und Singapur (4.) schaffte es Hamilton auf der Rennstrecke nicht in die Top Drei. In Brasilien warf ihn eine Zeitstrafe von Rang drei auf Platz sieben zurück. Trotzdem setzte der Weltmeister eine beeindruckende Serie fort. Saisonübergreifend beendete Hamilton 33 Rennen in Folge in den Punkterängen.

Mercedes weiter Maß der Dinge

Apropos Punkte: Mit 413 Punkten in der Endabrechnung stellte der nun sechsfache Weltmeister einen neuen persönlichen Rekord auf. Seine bisherige Bestmarke waren 408 Zähler aus dem Vorjahr. Hamilton kam heuer aber eine neue Regelung zu Hilfe. Weil er sechsmal die schnellste Runde in einem Rennen fuhr, erhielt er sechs Bonuspunkte. Ohne die zusätzlichen Zähler hätte Hamilton seinen Rekord um einen Punkt verpasst.

Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton
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Die Silberpfeile gaben heuer in 15 von 21 Saisonrennen den Ton an

Gemeinsam mit seinem finnischen Teamkollegen Valtteri Bottas, der vier Rennen gewann, war Hamilton zudem für insgesamt 15 Mercedes-Siege verantwortlich. Neunmal belegten die Silberpfeile die Plätze eins und zwei.

Mercedes sicherte sich zum sechsten Mal in Folge auch die Krone bei den Konstrukteuren. Sechsmal en suite beide Titel zu holen war davor in der langen Geschichte der Formel 1 noch keinem Team gelungen. Der Abstand zu Ferrari betrug in der Endabrechnung 235 Punkte, Red Bull Racing landete mit 322 Zählern Rückstand auf das Team von Motorsportchef Toto Wolff auf dem dritten Platz. „Es macht mich stolz, wie wir uns auch im sechsten Jahr nach der Decke gestreckt haben“, sagte der Wiener nach dem Saisonfinale im Abu Dhabi.

Ferraris Fahrer Charles Leclerc und Sebastian Vettel, Mercedes Fahrer Lewis Hamilton und Valtteri Bottas
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Leclerc (l.) und Vettel (2. v. l.) konnten Hamilton (2. v. r.) und Bottas (r.) nicht aus dem Rampenlicht verdrängen

Ferrari hofft auf Trendwende

Aus dem im Vorfeld erwarteten Zweikampf zwischen Mercedes und Ferrari wurde letztlich nichts. Der SF90 der „Scuderia“ konnte vor allem in langsamen Kurven mit dem Silberpfeil nicht mithalten, zudem machten sich Charles Leclerc und Sebastian Vettel mit einem beinhart geführten Stallduell – siehe Kollision in Brasilien – selbst das Leben schwer. Leclerc war mit insgesamt sieben Polepositions zwar der Qualifying-König, schaffte es aber nur zweimal auf die oberste Stufe des Podests. Der Monegasse wurde seinen Vorschusslorbeeren trotzdem mehr als gerecht und gilt schon jetzt als größter Herausforderer Hamiltons im kommenden Jahr.

Auch der WM-Dritte Max Verstappen sagte Hamilton den Kampf an. „Wir werden alles versuchen, um die Lücke zu schließen“, kündigte der Red-Bull-Pilot an. Wolff rechnet damit, dass der Kampf um die Krone 2020 intensiver wird. „Das wird eine härtere Saison“, mutmaßte der Österreicher. „Ich glaube nicht, dass ein Team im kommenden Jahr zehn oder zwölf Rennen gewinnt.“