Jubel bei
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Handball-EM

Traumstart macht Lust auf mehr

Ein Erfolg mit vielen Vätern und der erste Schritt in Richtung Aufstieg ist das 32:29 Österreichs über Tschechien zum EM-Start im eigenen Land gewesen. Die ersten Punkte, großartige Stimmung in der Wiener Stadthalle und die Vorfreude auf die nächsten Spiele machten den Auftaktabend am Freitag zu einem mehr als gelungenen. „Es war ein Sieg des Willens“, sagte Topscorer und Mann des Spiels Nikola Bilyk vom THW Kiel stolz.

Der Kapitän der Österreicher (zwölf Tore) war nicht der einzige, der aus einem kompakten, beherzten Kollektiv herausragte. Auch der nach der Pause sensationell starke Goalie Thomas Eichberger (HSG Graz), eigentlich die Nummer zwei hinter Thomas Bauer, erwischte einen Traumtag. Neun grandiose Paraden des 26-Jährigen brachten dem ÖHB-Team in der entscheidenden Phase wohl den ausschlaggebenden Vorteil. „Das macht Lust auf mehr“, befand auch Eichberger selbst.

Und auch Teamchef Ales Pajovic bestand im ersten EM-Spiel als Trainer die Bewährungsprobe in beeindruckender Manier. Der slowenische Ex-Weltklassespieler, seit dem Frühjahr 2019 Teamchef, setzte in den richtigen Momenten die richtigen Maßnahmen. So stellte Pajovic in der Schlussphase von einer kompakten 6-0-Abwehr auf eine aggressive 5-1-Deckung um – mit Newcomer Lukas Hutecek (Fivers Margareten) als offensivem Mittelmann. Das funktionierte blendend.

Rückblick auf Tschechien – Österreich

ORF-Analyse der erfolgbringenden Maßnahmen von Teamchef Ales Pajovic – mit den besten Szenen von Thomas Eichberger und Nikola Bilyk.

Teamchef mit Mut und goldenem „Händchen“

Auch wechselte Pajovic in den letzten Angriffen mehrmals einen siebenten Feldspieler statt des Tormanns ein, was im Handball seit einiger Zeit erlaubt ist. Und diese mit Risiko behaftete Variante zahlte sich voll und ganz aus, brachte im Finish die entscheidenden Tore. „Ich muss sagen, das hat gut funktioniert“, sagte der sichtlich erleichterte Teamchef, für den der Abend auch persönlich emotional war. „Vor einem Jahr bin ich mit meiner Frau bei den Finalspielen der WM in Dänemark auf der Tribüne gesessen. Jetzt stehe ich hier als Trainer.“

Als Spieler war Pajovic mit Slowenien 2004 im EM-Finale. Mit der ÖHB-Auswahl will er zunächst in die Top Zwei der Gruppe B und damit in die Hauptrunde. „Mit einem überragenden Thomas Eichberger hinten und einer großartigen Abwehr haben wir das Spiel für uns entschieden. Jetzt heißt es konzentriert bleiben, bereiten wir uns auf die Ukraine vor. Ich bin natürlich froh über die zwei Punkte, aber es ist noch nichts gewonnen“, so Pajovic. Wenn man am Sonntag (18.15 Uhr, live in ORF1) wieder so eine Leistung abrufe, sei wieder ein Sieg drin.

Jubel bei Teamchef Ales Pajovic
APA/Hans Punz
Teamchef Ales Pajovic bejubelte in der Stadthalle den perfekten Start ins Heimturnier

„Es war ein Kampf über 60 Minuten. Innerlich bin ich nicht ruhig, das ist nur mein Pokerface“, so der ÖHB-Cheftrainer. „Der schönste Moment war, als das Spiel vorbei war und der Sieg festgestanden ist.“ Die wochenlangen Vorbereitungen und der Druck, die Nervosität des Wartens auf den EM-Start waren dann abgefallen, erzählte Pajovic in den Katakomben der Stadthalle. Im Augenblick des Erfolges dachte er aber auch an Pechvogel Alexander Hermann, der sich am Vorabend beim Abschlusstraining den Mittelfuß gebrochen hatte und die EM verletzt verpasst – wie auch schon die EM 2018 und WM 2019.

Highlights von Tschechien – Österreich

Ein denkbar knappes und spannendes Auftaktspiel gegen Tschechien brachte den erhofften ersten Sieg für Österreich bei der Heim-EM.

Newcomer-Goalie und Topstar als Helden des Abends

Für EM-Debütant Eichberger dagegen hing der Himmel voller Geigen. „Ein Traum. Ich muss das alles erst ein bisschen sacken lassen“, suchte der ÖHB-Keeper nach den passenden Worten. „Auf dem Spielfeld war keine Nervosität zu spüren. Aber davor auf der Fahrt zur Halle habe ich mir fast in die Hose gemacht, muss ich ehrlich sagen.“

Der Goalie vom Erstligisten aus Graz genoss seinen großen Auftritt in vollen Zügen: „Eine unglaubliche Stimmung, ein unglaubliches Gefühl. Ich muss das erst realisieren. Eine extrem enge Partie. Der Sieg nimmt den ersten Druck. Wir werden alles geben, damit wir die anderen Partien auch gewinnen.“ So sah das auch der in den letzten Jahren in Kiel zum Weltklasserückraum gereifte Bilyk: „Das erste Spiel ist immer schwer. Es war ein unglaubliches Spiel von uns. Jeder hat gekämpft, wir haben alles auf dem Spielfeld gelassen.“

Jubel bei Österreich
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Nikola Bilyk hielt dem Druck der hohen Erwartungen stand und bot eine Weltklasseleistung

Für Bilyk waren die ausschlaggebenden Faktoren: „Wir sind in den entscheidenden Phasen cool geblieben. Das sieben gegen sechs haben wir zum Schluss richtig gut gemacht. Wir waren in der Offensive gut, in der Defensive nicht immer. Am Ende hat uns unser Tormann wirklich geholfen. Das war der Schlüssel.“ Auch der mit seinen 23 Jahren schon abgebrühte Deutschland-Legionär war von der Atmosphäre beeindruckt: „Ein unfassbares Gefühl, eine Heim-Euro vor so einer Kulisse. Unser Ziel sind jetzt die nächsten Punkte gegen die Ukraine.“