Kansas City Chiefs Chris Jones gegen die Tennessee Titans
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NFL

Ein Showdown der „Geburtshelfer“

Am Sonntag spielen die Kansas City Chiefs und Tennessee Titans sowie die San Francisco 49ers und Green Bay Packers die zwei Plätze in der 54. Super Bowl am 2. Februar in Miami aus. Vor allem das Duell Chiefs gegen Titans wirkt in der 100. Saison der National Football League (NFL) beinahe kitschig. Denn ohne die beiden Clubs als „Geburtshelfer“ würde es die moderne NFL nicht geben.

Zum jeweils sechsten Mal stehen Chiefs und Titans im Endspiel der American Football Conference (AFC) bzw. deren Vorgänger American Football League (AFL). Kansas City kämpft in seinem zweiten NFL-Semifinale en suite um den dritten Einzug in die Super Bowl und den ersten seit der Saison 1969, als man auch den bisher einzigen Super-Bowl-Sieg feierte. Tennessee schaffte es bisher erst einmal – 1999/2000 – ins große Endspiel. Damals fehlte den Titans nur ein Yard, um es gegen die St. Louis Rams in die Verlängerung zu schaffen.

Dass es das Spektakel Super Bowl, das mittlerweile meistgesehene Einzelsportereignis der Welt, überhaupt gibt, ist Lamar Hunt und Kenneth Stanley „Bud“ Adams Jr., langjährigen Eigentümern der als Dallas Texans gegründeten Chiefs und der Titans, ehemals Houston Oilers, zu verdanken. Denn das Duo war 1959 die treibende Kraft hinter der Gründung der AFL, die der alteingesessenen NFL erfolgreich Konkurrenz machte und schließlich 1970 zum Zusammenschluss der beiden Profiligen zur heutigen NFL führte.

Im Flug geboren

Der AFC-Champion erhält nicht zufällig die „Lamar Hunt Trophy“. Denn der 1932 in El Dorado (Arkansas) geborene und 2006 verstorbene Hunt war eine der wichtigsten Figuren der US-Sportgeschichte. Der Sohn eines Ölbarons schrieb einst auf einem Flug von Miami nach Dallas das Grundkonzept einer eigenen Liga. Hunt war davor sein Traum, ein zusätzliches Team in Dallas zu installieren, von der NFL verwehrt worden. Auch der Versuch, die damaligen Chicago Cardinals zu erwerben und umzusiedeln, schlug fehl. Die sich damals im Aufschwung befindliche, aus zwölf Teams bestehende NFL hatte Angst, zu schnell zu expandieren.

Barron HIlton, Lamar Hunt, Bud Adams, Harry Wismer
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Hunt (r.) und Adams (2.v.l.) bei der AFL-Gründung mit ihren Mitstreitern Barron Hilton (l.) und Harry Wismer (r. hinter Hunt)

Der damals erst 27-jährige Hunt ließ sich aber nicht aufhalten und fand im ebenfalls in Texas durch Öl reich gewordenen Bud Adams aus Houston einen wichtigen Mitstreiter. Gemeinsam mit sechs weiteren Millionären, dem „Foolish Club“ – frei übersetzt dem Club der Narrischen –, gründeten Hunt und Adams 1959 in Los Angeles die AFL und traten ab 1960 in direkte Konkurrenz zur etablierten NFL. Hunts Dallas Texans und die Houston Oilers von Adams wurden schnell zu den bestimmenden Teams der neuen Liga. Die Oilers entschieden gleich die ersten beiden AFL-Saisonen für sich.

„Broadway Joe“ sei Dank

Spätestens nach ihrer dritten Saison hatte sich die AFL als echte Alternative zur NFL etabliert. Dank ihrer finanziell potenten Besitzer konnte die Konkurrenzliga der NFL auch in Sachen Spielerverpflichtungen das Wasser abgraben. Der prominenteste Spieler, der sich nach dem College für den Emporkömmling AFL und gegen die NFL entschied, war Quarterback Joe Namath von den New York Jets. Hunt erkannte die Zeichen der Zeit und bereitete im Hintergrund die Fusion der beiden Meisterschaften vor.

Ab der Saison 1966 spielten sich die beiden Ligen auch im AFL-NFL-World-Championship-Game, der heutigen Super Bowl, erstmals ähnlich der World Series im Baseballl einen übergeordneten Champion aus. „Broadway Joe“ Namath war es auch, der die AFL endgültig auf Augenhöhe brachte, nachdem er seine New York Jets in der dritten Ausgabe des AFL-NFL-Finales 1969 zum „garantierten“ Sensationssieg gegen die Baltimore Colts führte. Die ersten beiden „Super Bowls“ waren dank der Green Bay Packers noch klar an die NFL gegangen.

Klijah Pitts, 1967
AP
Lamar Hunts Team verlor als Chiefs (in weiß) 1967 die erste Super Bowl gegen Green Bay klar

Abschied aus der „Heimat“

Ein Jahr später wiederholte das Team von Lamar Hunt den AFL-Coup – allerdings schon als Chiefs aus Kansas City, wohin der Ligagründer sein Team bereits 1963 übersiedelt hatte. Der Grund war einfach: Die NFL, die sich davor gegen ein Team in Dallas gewehrt hatte, etablierte, nachdem Hunt seine Texans aus der Taufe gehoben hatte, flugs die Dallas Cowboys. Sprich: Ohne einen Lamar Hunt würde es den fünffachen Super-Bowl-Sieger sowie das mit fünf Millarden Dollar aktuell wertvollste Sportteam der Welt gar nicht geben. Hunt spürte jedoch an den Besucherzahlen, dass seine Heimatstadt für zwei Teams zu klein war und „flüchtete“ ins damals noch Football-freie Kansas City.

Auch der 2013 im Alter von 90 Jahren verstorbene Adams übersiedelte 1997 sein Team nach Nashville. Grund waren wie so oft in der NFL-Geschichte Querelen um ein neues Stadion. Die Stadtväter Houstons weigerten sich, zehn Jahre nach einer auf Steuerzahlerkosten erfolgten Renovierung des Astrodomes Adams ein neues Stadion zu bauen. Daher packte der streitbare Milliardär, der auch im hohen Alter in der Emotion nicht mit dem „Stinkefinger“ zurückhielt, sein Team und übersiedelte nach Tennessee. Die Marke Oilers überlebte noch zwei Jahre bis zum Start der Saison 1999, ehe Adams dem Club ein neues, besser zur neuen Heimat passendes Gesicht verpasste.

Duell verspricht Spannung

60 Jahre nach der Gründung der AFL stehen sich nun am Sonntag die Chiefs und Titans im Arrowhead Stadium von Kansas City im Showdown um einen Platz in der Super Bowl gegenüber. Beide Teams zogen spektakulär ins Conference Final ein. Die Chiefs verwandelten gegen die Houston Texans einen 0:24-Rückstand nach einem Viertel in einen 51:31-Sieg. Das erst im letzten Abdruck ins Play-off gerutschte Tennessee schickte zuerst Titelverteidiger New England Patriots und anschließend mit den Baltimore Ravens das beste Team des Grunddurchgangs in den Urlaub.

Patrick Mahomes und Ryan Tannehill
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Die Quarterbacks Patrick Mahomes (l.) und Ryan Tannehill stehen sich im Showdown um ein Finalticket gegenüber

Geht es nach den beiden jüngsten Duellen, dürfen sich die Fans auf Spannung bis zum Schluss freuen – und die Anhänger der Titans auf eine Super-Bowl-Teilnahme. Vor zwei Jahren verwandelte Tennessee in der Wild-Card-Runde einen 18-Punkte-Rückstand in einen 22:21-Sieg und sorgte für eine Sensation. Heuer lieferten sich die Teams in Nashville einen Schlagabtausch mit mehr als 900 Offensiv-Yards. Ein geblocktes Fieldgoal der Chiefs sicherte den Titans einen 35:32-Sieg.

Schon das AFL-Endspiel der Saison 1962 zwischen den originalen Dallas Texans und Houston Oilers war ein Spektakel. Damals holte sich Dallas nach zweifacher Verlängerung mit 20:17 den Titel. Der im TV übertragene Krimi trug wesentlich zur Popularität der AFL bei. Apropos Popularität: Auch die Marke Super Bowl geht der Legende nach auf Lamar Hunt zurück. Der Geschäftsmann schlug einst scherzhalber vor, das AFL-NFL-Endspiel „Super Bowl“ zu nennen, nachdem er eines seiner Kinder mit einem Spielzeug namens „Superball“ herumtollen gesehen hatte. Die Medien nahmen den Begriff gierig auf, ab der dritten Ausgabe war die Bezeichnung offiziell. Und heutzutage ist er aus der Sportwelt nicht mehr wegzudenken.

National Football League

Super Bowl LIV in Miami:
Kansas City Chiefs San Francisco 49ers 31:20
Conference Championships:
Kansas City Chiefs Tennessee Titans 35:24
San Francisco 49ers Green Bay Packers 37:20
Divisional Play-off:
San Francisco 49ers Minnesota Vikings 27:10
Baltimore Ravens Tennessee Titans 12:28
Kansas City Chiefs Houston Texans 51:31
Green Bay Packers Seattle Seahawks 28:23
Wildcard-Weekend:
Houston Texans Buffalo Bills 22:19 n.V.
New England Patriots Tennessee Titans 13:20
New Orleans Saints Minnesota Vikings 20:26 n.V.
Philadelphia Eagles Seattle Seahawks 9:17