Szene aus dem Match Österreich gegen Weißrussland
AP/Ronald Zak
Handball-EM

ÖHB-Team schafft historische Platzierung

Dank eines dramatischen Unentschiedens am Mittwoch gegen Weißrussland haben Österreichs Handballer die Heim-EM mit der besten Endrundenplatzierung aller Zeiten abgeschlossen. Vor rund 7.000 Fans in der Wiener Stadthalle erzielte Nikola Bilyk wenige Sekunden vor der Schlusssirene den umjubelten Ausgleich zum 36:36. Damit beendet Österreich die EM auf Platz acht.

Rang neun bei der Heim-EM 2010 war bis dato das beste Resultat eines österreichischen Handball-Männer-Teams gewesen. Aufgrund einer sehr starken Vorrunde mit drei Siegen gegen Tschechien, die Ukraine und Nordmazedonien war dieser Erfolg letztlich auch verdient. Denn in der Hauptrunde hatte sich die Mannschaft von Cheftrainer Ales Pajovic gegen Kroatien und Spanien trotz knapper Niederlagen ebenfalls ehrenhaft verkauft. Nur das Debakel gegen Deutschland tat weh.

Zum Abschluss liefen die Österreicher gegen die Weißrussen lange Zeit einem knappen Rückstand hinterher, ehe sie die offene Partie in den hektischen Schlussminuten gerade noch ausgleichen konnten. Pajovic war im ORF-Interview vor allem mit der Einstellung seines Teams zufrieden: „Ich habe die Jungs die ganze Zeit motiviert, und wir haben gezeigt, dass wir zurückkommen können. Das siebente Spiel ist somit perfekt. Ich bin stolz auf die Mannschaft, es war eine super EM. Mit dem achten Platz wäre ich vor dem Turnier zufrieden gewesen. Das ist ein großer Erfolg für Österreich.“

Österreich beendet EM mit Remis

Das ÖHB-Team sicherte sich mit einem Last-Minute-Remis (36:36) gegen Weißrussland den besten EM-Endrang in der Geschichte.

Durchwachsene erste Hälfte der Österreicher

Zum letzten Mal bei dieser EM hatte sich die altehrwürdige Arena am Vogelweidplatz mit Handballfans gefüllt. Sie sahen einen passablen, aber auch etwas durchwachsenen Beginn der österreichischen Mannschaft. Nach sechs Minuten lag sie mit 2:4 zurück, weil die 6-0-Deckung zu löchrig war. Robert Weber glich zwar bald zum 4:4 aus. Doch auch vorne tat man sich gegen die mit einer Manndeckung gegen Nikola Bilyk agierenden Weißrussen am Anfang sehr schwer.

Während der Gegner nach Toren des Österreichischen Handballbunds (ÖHB) oft über die schnelle Mitte zurückschlug, wirkten die Österreicher noch etwas schwerfällig. Janko Bozovic war auf der rechten Rückraumposition ein Aktivposten. Der Linkshänder, dazu Gerald Zeiner und Keeper Thomas Eichberger waren für eine knappe Führung verantwortlich (7:6). Diese wechselte in der Folge mehrmals. 7:8, 9:8, 9:10 lauteten die Spielstände, ehe sich die eine Spur frischer wirkenden Weißrussen auf 12:9 (18.) absetzten.

Nikoly Bilyk im Match Österreich gegen Weißrussland
APA/AFP/Vladimir Simicek
Kapitän Nikola Bilyk bei einem seiner insgesamt sieben Treffer gegen die Weißrussen

Pajovic wechselte: Ins Tor kam Thomas Bauer statt Eichberger, Raul Santos vertrat Frimmel am linken Flügel und Jakob Jochmann ersetzte Zeiner auf der Mittelpopsition. Weißrusslands Torhüter Iwan Matskjewitsch war gut in Form, und die Österreicher griffen dem Gegner mit einigen Unkonzentriertheiten unter die Arme. Bei 13:17 (24.) sah es nicht gut aus, doch Bozovic mit zwei wichtigen Treffern, Weber und Bilyk verkürzten bis zur Pause noch auf 17:19.

Effektive Weißrussen halten knappe Führung

Nach dem Seitenwechsel blieb Bauer im ÖHB-Gehäuse. Der Porto-Legionär hatte davor mit vier spektakulären Aktionen aufgezeigt und die Heimischen so im Spiel gehalten. Vorne sahen sich seine Kollegen weiter einer aggressiven Verteidigung gegen Topwerfer Bilyk gegenüber. Der ÖHB-Kapitän traf dennoch zum 19:21. Davor hatte Frimmel im Gegenstoß genetzt, es blieb also spannend.

Das 800. Tor für Weber im Nationalteam bedeutete das 20:22 – es war ein souverän verwandelter Siebenmeter. ÖHB-Goalie Bauer konnte ebenfalls an seine starke Leistung vor der Pause anknüpfen. Dennoch hielten die effektiven Weißrussen kampfstark und konzentriert lange eine Zwei- bis Dreitoreführung. Frimmel drehte jetzt aber wieder auf, traf im Gegenstoß und vom Flügel. Ein „Flieger“ von Zeiner zum 23:24 (40.) riss die Zuschauerinnen und Zuschauer von den Sitzen.

Happy End mit Ausgleich für Österreich

Eine Überzahlperiode dank zweier Zeitstrafen gegen Weißrussland nutzten die Österreicher, um zumindest bis 27:28 dranzubleiben. Bilyk und Weber (Siebenmeter) waren vorne erfolgreich gewesen. Das Problem war, dass die ÖHB-Deckung den physisch sehr robusten Osteuropäern zu wenig entgegenzusetzen hatte. Bauer hielt, was zu halten war, aber seine Vorderleute ließen die Weißrussen zu leicht durchkommen. So lief man dem Gegner weiter knapp hinterher.

Im Angriff ließ die Pajovic-Truppe nun ein paar Sitzer aus, und schon war der Rückstand wieder auf drei Tore angewachsen (29:32/50.). Boris Zivkovic, der nun statt Bozovic am rechten Aufbau spielte, hielt mit dem 30:33 dagegen. Tobias Wagner machte vom Kreis das 31:34. Dazu spielte der junge Lukas Hutecek vorne in der nunmehrigen 5-1-Abwehr. Pajovic brachte nun also viele frischere Kräfte ins Spiel. Und der Slowene ließ das ÖHB-Team jetzt im Angriff mit einem siebenten Feldspieler agieren.

Keeper Bauer, der dabei jeweils schnell aus- und eingewechselt wurde, fügte seiner starken Statistik einen weiteren „Save“ hinzu. Weber vergab von der Siebenmeterlinie den Ausgleich. Auf der anderen Seite verwandelte der Gegner einen Penaltywurf zum 35:34 – und es ging nur noch zwei Minuten. Das Finish sollte noch einmal heiß werden. Frimmel traf nun aus einem Siebenmeter, Bauer parierte einen weißrussischen Versuch, und der letzte Angriff der Österreicher brachte schließlich den vielumjubelten Ausgleich. Wenige Sekunden vor Schluss traf Bilyk mit einem „Hammer“ aus dem Rückraum zum 36:36.

Handball-EM 2020, Hauptrundengruppe I

Mittwoch:

Österreich – Weißrussland 36:36 (17:19)

Wr. Stadthalle, 6.900 Zuschauer

Tore Österreich: Bilyk 7, Frimmel 6, Bozovic, Weber je 5, Zeiner 4, Wagner 3, Posch 2, Zivkovic, Jochmann, Hutecek, Santos

Beste Werfer Weißrussland: Wajlupau 12, Karalek 7

Handball-EM der Herren, Gruppe I in Wien

Spielplan:
16.01. Spanien Tschechien 31:25
Kroatien Österreich 27:23
Deutschland Weißrussland 31:23
18.01. Weißrussland Tschechien 28:25
Spanien Österreich 30:26
Kroatien Deutschland 25:24
20.01. Kroatien Tschechien 22:21
Spanien Weißrussland 37:28
Deutschland Österreich 34:22
22.01. Kroatien Spanien 22:22
Österreich Weißrussland 36:36
Deutschland Tschechien 26:22

Gruppe I in Wien

Tabelle:
1. Spanien 5 4 1 0 153:127 9
2. Kroatien 5 4 1 0 127:113 9
3. Deutschland 5 3 0 2 141:125 6
4. Österreich 5 1 1 3 139:156 3
5. Weißrussland 5 1 1 3 138:160 3
6. Tschechien 5 0 0 5 122:139 0