Luftuanfahme des Webley-Stadions
Reuters/Action Images/WNSL
Fußball

Verschiebung der EM wohl erste Option

Das Londoner Wembley-Stadion wird wohl am geplanten Finaltag leer bleiben. Die Absage der Fußball-EM 2020 wird immer wahrscheinlicher: Bei einer heiklen Krisensitzung des Europäischen Fußballverbands (UEFA) am Dienstag gilt die Verschiebung des paneuropäischen Turniers in den Sommer 2021 laut übereinstimmenden Medienberichten als erste Option.

Den großen Ligen des Kontinents würde das nach dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie dringend benötigte Zeit verschaffen – ein geregelter Saisonabschluss ist in Spanien, Italien und den Niederlanden nicht mehr möglich. Auch in England und Deutschland, wo der Ball ruhen wird, erscheint das sehr unrealistisch.

„Kein Mensch kann heute seriös voraussagen, wie lange uns das Thema Coronavirus noch beschäftigen wird. Die Europameisterschaft 2020 ist eine paneuropäische Veranstaltung. Das macht das Thema noch komplizierter und erfordert daher eine besonders sensible Handhabung“, sagte etwa Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge, der in internationalen Gremien bestens vernetzt ist, gegenüber Medien.

Grafik zur Gruppenauslosung der EM2020
Grafik: ORF.at/APA

Videokonferenz mit 55 Verbänden

Am Freitag setzte die UEFA den Spielbetrieb in Europa League und Champions League aus. Am Tag davor hatte sie erstmals zwei Champions-League-Partien abgesagt. Betroffen waren die Achtelfinal-Rückspiele zwischen Manchester City und Real Madrid sowie zwischen Juventus Turin und Olympique Lyon.

Bei der Videokonferenz am Dienstag, an der alle 55 Mitgliedsverbände teilnehmen sollen, werden die weiteren Planungen und Maßnahmen für alle Bewerbe diskutiert. „Ich bin mir sicher, dass die UEFA mit Präsident Alexander Ceferin an der Spitze eine seriöse und verantwortungsbewusste Entscheidung treffen wird“, so Rummenigge.

Karl-Heinz Rummenigge
REUTERS/ANDREAS GEBERT
Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge macht sich seine Gedanken zum Thema Europameisterschaft

Wegen der EM stehen Ligen und Verbände enorm unter Druck. Der dicht gestaffelte Fußballkalender gibt kaum freie Termine für Nachholspiele her. „Eine Verschiebung der EM würde uns Luft schaffen, um geordnet und angemessen den Spielbetrieb jetzt zu unterbrechen“, sagte Borussia Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc der „Süddeutschen Zeitung“ auch mit Blick auf die EM. „Und erst wieder zu spielen, wenn die Sicherheit und Gesundheit von allen Beteiligten wieder zu gewährleisten ist.“

Viele Unklarheiten

Bereits am 12. Juni soll in Rom das Eröffnungsspiel des historischen Turniers in zwölf Ländern angepfiffen werden – ausgerechnet. Italien gilt als europäisches Epizentrum. Aufgrund der rasanten Ausbreitung der Lungenkrankheit Covid-19 hatte die italienische Regierung am 9. März landesweite Sperrmaßnahmen verhängt.

Alle Probleme wären mit einer Verschiebung in den Sommer 2021 allerdings nicht gelöst. Zwar könnte das Finale der Nations League (2. bis 6. Juni) noch vor der EM stattfinden. Dafür würde die EM aber mit der erstmals geplanten Club-WM des Internationalen Fußballverbands (FIFA) mit 24 Teams in China kollidieren. Weitere Machtkämpfe zwischen der UEFA und dem Weltverband wären angesichts der weltweiten Krise aber ein verschmerzbares Übel.

Völlig unklar ist, ob die EM 2021 unter gleichen Voraussetzungen gespielt werden würde. Neben Rom wurden auch München, Amsterdam, Kopenhagen, Bilbao, St. Petersburg, Bukarest, Budapest, Baku, Glasgow, Dublin und London als Gastgeber ausgewählt. Die britische Hauptstadt London bekam unter anderem beide Halbfinale und das Endspiel zugesprochen.

ÖFB-Team würde in Bukarest und Amsterdam spielen

Die österreichische Nationalmannschaft mit Teamchef Franco Foda spielt nach aktuellem Plan in der Gruppe C gegen einen noch zu ermittelnden Play-off-Teilnehmer (14. Juni, Bukarest), gegen die Niederlande (18. Juni, Amsterdam) und die Ukraine (22. Juni, Bukarest).

Die UEFA hatte ihr Turnier trotz der steigenden Zahl der Coronafälle zuletzt mehrfach verteidigt. Immer wieder verwies der Dachverband auf den regen Kontakt „mit den zuständigen internationalen und lokalen Behörden“. In etlichen europäischen Ligen war da längst der Ausschluss der Zuschauer bzw. sogar die Aussetzung des Spielbetriebs beschlossen worden. Die Ankündigung der Krisensitzung kam laut UEFA dann auch im Lichte der Klassifizierung des Ausbruchs von SARS-CoV-2 als Pandemie durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO).