Formel-1-Auto
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Formel 1

Geisterrennen als mögliche Alternative

Die Formel 1 denkt offenbar darüber nach, die Saison mit einigen Geisterrennen ohne Zuschauer zu retten. WM-Läufe hinter verschlossenen Türen würden nun von den Spitzen der Rennserie „ernsthaft geprüft“, berichtete die BBC nach einer Telefonkonferenz mit Teamchefs, Rechteinhabern und Weltverbandschef Jean Todt.

Die Formel 1 hofft demnach, dass sich die Lage in der Coronavirus-Pandemie in Europa für Geisterrennen im Juli oder August ausreichend verbessert. Derzeit ruht der Rennbetrieb nach Absage des Grand Prix von Kanada in Montreal bis Ende Juni, wobei aufgrund der jüngsten Entwicklungen auch das Rennen am 28. Juni in Le Castellet in Frankreich nicht realistisch scheint.

Möglicher Auftaktort könnte deshalb die Strecke im englischen Silverstone sein, in deren Nähe sieben der zehn Rennställe beheimatet sind, darunter auch das österreichisch-britische Red-Bull-Team im benachbarten Milton Keynes.

Keine große Vorbereitung in Spielberg nötig

Aber auch der Grand Prix von Österreich, der nach aktuellem Stand am 5. Juli auf dem Red Bull Ring in Spielberg stattfinden soll, könnte als erster WM-Lauf in diesem Jahr figurieren. „Der Red-Bull-Ring hat den Vorteil, dass wir aufgrund der super Infrastruktur keine große Vorbereitung brauchen. Drei bis vier Wochen würden uns schon genügen“, betonte Helmut Marko, der Motorsportkonsulent von Red Bull, am Dienstag im Gespräch mit der APA.

Helmut Marko
GEPA/XPB Images
Zumindest theoretisch kann sich Marko ein Geisterrennen in Österreich vorstellen

Doch bevor das wirklich spruchreif werde, „muss man einmal die Entwicklung abwarten. Derzeit ist alles Theorie“, so Marko, der darauf verweist, dass sich „täglich alles ändert. Es kann ja kein Solo-Rennen in Österreich stattfinden.“ Es müsse erst einmal „ein Gesamtkalender“ in Aussicht gestellt werden. Davon sei man aber laut Marko im Moment „noch weit entfernt, weil es zu viele Unsicherheiten gibt“.

Wurz gibt sich zuversichtlich

Alexander Wurz glaubt, dass der Motorsport „zu den ersten Sportarten“ gehören könnte, denen von den Behörden gestattet wird, wieder in einem halbwegs normalen Rahmen ausgetragen zu werden. Auf ORF Sport + erklärte der frühere Grand-Prix-Pilot, er rechne zunächst „vielleicht noch mit Geisterrennen, ohne Zuschauer. Aber der Motorsport ist eine Einzelsportart.“ Die Akteure hätten wenig direkten Körperkontakt. „Alle haben Handschuhe, Helme an. Selbst die Mechaniker beim Boxenstopp. Man hat keine wirkliche Nähe.“

Wurz sieht auch eine Vielzahl sinnvoller Maßnahmen für die Formel 1, wie Gesundheitspässe für jeden Teilnehmer, ärztliche Zeugnisse und Coronavirus-Tests bei der An- und Abreise. Außerdem müsse jeder im Paddock lückenlos seine Aufenthaltsorte preisgeben – so wie Sportler „bei der Dopingkontrolle“.

Bosse sparen, Angestellte in Kurzarbeit

Nach mehreren Rennställen hat unterdessen auch die Führungsetage der Königsklasse Sparmaßnahmen ergriffen. Geschäftsführer Chase Carey, Sportchef Ross Brawn und 15 weitere leitende Angestellte verzichten für zwei Monate auf mindestens 20 Prozent ihres Gehalts. Entsprechende Medienberichte bestätigte ein Unternehmenssprecher.

Formel-1-CEO Chase Carey
Reuters/Tracey Nearmy
Carey und die Formel 1 stehen vor schweren Zeiten

Zudem sei fast die Hälfte der mehr als 400 Angestellten der Formel-1-Betreibergesellschaft in Besitz von Liberty Media in England bis Ende Mai in Kurzarbeit geschickt worden. Sie erhalten von der britischen Regierung 80 Prozent ihres Gehalts abgegolten. Auch mehrere in Großbritannien beheimatete Rennställe, darunter McLaren und Williams, haben ihre Mitarbeiter bereits in Kurzarbeit geschickt.

FIA verlängert Werksurlaub

Die Formel 1 verlängert außerdem den zwangsweisen Werksurlaub um weitere zwei Wochen. Die verordnete Pause, in der keine Arbeiten an der Entwicklung der Rennwagen erlaubt sind, werde von 21 auf 35 Tage ausgedehnt, hieß es in einer Mitteilung des Automobilweltverbandes (FIA) am Dienstag. Das sei ein einstimmiger Beschluss aller Teams und der Spitzen der Rennserie, der vom FIA-Motorsportweltrat abgesegnet worden sei. Der normalerweise in der Sommerpause geltende fünfwöchige Werksurlaub muss somit von den Rennställen und Motorenherstellern bis Ende Mai genommen werden.