Eine Fußballmannschaft anno 1921
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Fußball

Österreichs bizarres „erstes Länderspiel“

Am 8. April 1901, also vor genau 119 Jahren, hatte erstmals eine österreichische Nationalmannschaft ihren Auftritt. Die Partie in Wien, die mit einem 4:0 gegen die Schweiz endete, wird als „Ur-Länderspiel“ bezeichnet, sie ging allerdings nicht in die offiziellen Annalen ein. Verwunderlich ist das nicht zuletzt aufgrund der vielen Pseudonyme, falschen Bärten und Perücken nicht.

Nicht minder skurril als die Verkleidungen mutete die Mannschaft der Schweizer an, die nicht aus Eidgenossen, sondern aus Engländern und Amerikanern bestand. Im Vergleich dazu setzten die Österreicher, die vor 1.500 Zuschauern im Innenraum der Wiener Prater-Rennbahn – der Spielstätte der Cricketer – groß aufspielten, nur auf zwei Engländer.

Die österreichische Mannschaft lief mit Spielern der Vienna, des Vienna Cricket and Football Club und des Wiener AC, der drei großen Wiener Vereine der damaligen Zeit, auf. Vier Spieler wurden nur für dieses Match nominiert, die restlichen sieben spielten auch später noch. Allen voran ist Johann Studnicka zu nennen, der mit seinen Toren in Österreich für Begeisterung sorgte und postum zweimal als Welttorjäger geehrt wurde.

Johann „Jan“ Studnicka (1883-1967), österreichischer Fußballer
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Johann Studnicka avancierte in „grauer Vorzeit“ zweimal zum Welttorjäger

„Faschingsfest“ auf dem Fußballfeld

Der damals 17-Jährige trat aber nicht unter seinem richtigen Namen, sondern unter dem Pseudonym „Jan“ auf. Er war damit nicht der Einzige: Ignaz Blumenfeld nannte sich „Bloody“ und Max Johann Leuthe „Mac John“. Der Grund war simpel: Schüler in Österreich durften damals nicht in Vereinen spielen, auch wenn sie schon 17 oder 18 Jahre alt waren. Ein Künstlername, wie er auch beispielsweise in Südamerika gang und gäbe ist, sollte die Spieler unkenntlich machen.

Diesem Zwecke dienten auch Perücken und falsche Bärte, die manche Spieler verwendeten, um nicht erkannt zu werden. Ein weiterer Grund für diese Verkleidung war, dass Fußball in jener Zeit noch nicht als salonfähig galt.

Studnicka auch offiziell ein Star

Die Schweizer respektive die Engländer und Amerikaner im Dress der Eidgenossen spielten mit drei Innenstürmern, einer damals aufkommenden Taktik, bei der die Innenstürmer dicht gedrängt vordrangen. Auffällig war auch, dass die Engländer selten mit dem Spitz spielten, sondern mit der Innen- oder Außenseite des Fußes. Geholfen hat es ihnen dennoch nichts, wie das Ergebnis von 0:4 aus ihrer Sicht verrät.

Die Partie fand unter der Ägide der Österreichischen Fußball-Union statt, einen offiziellen Fußballverband hatte weder Österreich noch die Schweiz. Erst am 18. März 1904 wurde der Österreichische Fußballverband (ÖFV) gegründet, der Vorläufer des ÖFB.

Das erste offizielle Länderspiel Österreichs gab es aber ebenfalls schon vor der Verbandsgründung: Am 12. Oktober 1902 schlug Österreich auf dem Wiener WAC-Platz in der Nähe der Jesuitenwiese Ungarn mit 5:0. Mann des Spiels war Studnicka, der an seinem 19. Geburtstag drei Tore schoss. Wie viele Spieler damals „verkleidet“ waren, ist nicht überliefert, verifizierte Agenturbilder gibt es weder vom ersten inoffiziellen noch offiziellen Länderspiel.