Andre Agassi 1990
Reuters/Gary Hershorn
Tennis

Agassi ist 50: Wandel eines Paradiesvogels

Andre Agassi war in seiner aktiven Karriere einer der ganz Großen in der Tennisszene. Am Mittwoch feierte der US-Amerikaner seinen 50. Geburtstag. Die wilden Jahre sind längst vorbei, als zweifacher Familienvater und Wohltäter lebt der Ehemann von Steffi Graf und achtfache Major-Sieger zurückgezogen in seiner Heimatstadt Las Vegas.

Das Leben von Agassi ist auch ein Leben voller Kontraste. Er hasste zeitweise den Tennissport und aß Fastfood, wurde aber trotzdem zu einem der erfolgreichsten und beliebtesten Spieler auf der Tour.

Aus seiner wilden Mähne, die er samt Stirnband zu seinem Markenzeichen machte, wurde Mitte der 90er Jahre eine Glatze. Seiner Popularität schadete das aber ebenso wenig wie seinen – nur durch ein Tief unterbrochenen – zahlreichen Erfolgen.

Agassi feiert 50. Geburtstag

Tennisstar Andre Agassi feiert am Mittwoch seinen 50. Geburtstag.

Als Einwanderersohn zum amerikanischen Traum

„Um mich zu begreifen, muss man sich den Druck vorstellen können, unter dem ich schon als kleiner Bub stand“, sagte Agassi vor Jahren in der „Süddeutschen Zeitung“. „Bei uns zu Hause war die Stimmung davon abhängig, ob ich gut oder schlecht trainierte, ob ich gewann oder verlor.“

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Andre Agassi (USA) und Thomas Muster (AUT) beim Daviscup 1990
GEPA/Ingrid Gerencser
Beim Daviscup 1990 in Wien – die USA gewannen knapp 3:2 – musste sich Agassi Thomas Muster beugen.
Der Gewinner von Wimbledon 1992, Andre Agassi; im Hintergrund Goran Ivanisevic
AP/Denis Paquin
In Wimbledon holte Agassi 1992 mit einem Finalsieg gegen Goran Ivanisevic seinen ersten Major-Titel.
Andre Agassi küsst die Trophäe nach seinem Sieg bei den US Open gegen Michael Stich 1994
Reuters/Gary Hershorn
1994 ging auch der Titel bei den US Open an den Mann aus Las Vegas.
Andre Agassi bei den Australian Open in Melbourne 1995
Reuters/Jason Reed
Die Australian Open in Melbourne gewann Agassi erstmals 1995 und insgesamt vier Mal.
Andre Agassi 1996 mit der Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Atlanta
APA/AFP/Olivier Morin
Bei den Olympischen Spielen in Atlanta gelang ihm 1996 ein „Heimsieg“.
Adre Agassi und Brooke Shields 1994
Reuters/John Kuntz
Von 1997 bis 1999 war er mit der Schauspielerin Brooke Shields verheiratet.
Andre Agassi mit der Trophäe der French Open 1999
AP/Michel Euler
1999 durfte sich der 29-Jährige auch noch über den Titel bei den French Open freuen.
Steffi Graf und Andre Agassi 1999
Reuters
Seit 2001 das Ehepaar schlechthin im Tennis: Steffi Graf und Andre Agassi.
Andre Agassi als Trainer von Novak Djokovic im Mai 2017
AP/Christophe Ena
Die letzte Aktivität auf dem Tennisplatz bestritt Agassi als Coach von Novak Djokovic.

Sein Vater war aus Teheran in die USA ausgewandert und heiratete dort Agassis Mutter. Der Sohn – das jüngste von vier Kindern – sollte der ganzen Familie den amerikanischen Traum erfüllen und wurde mit 16 Jahren Profi.

Mit 22 erster Major-Sieg in Wimbledon

Agassi war bald bekannt für seine beidhändige Rückhand, Returns und Passierbälle, mit denen er den damals dominierenden Aufschlag-Volley-Spielern das Leben schwermachte. Seinen ersten Major-Titel holte er sich 1992 als 22-Jähriger in Wimbledon, 1994 und 1995 war er auch bei den US Open und in Australien erstmals erfolgreich.

Bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta eroberte er Gold im Einzel, der erste Erfolg bei den French Open 1999 machte die Sammlung dann komplett. Agassi gewann insgesamt achtmal ein Grand-Slam-Turnier (viermal Australien, zweimal US Open, je einmal French Open und Wimbledon), holte sich 60 Turniersiege und war an drei Davis-Cup-Titeln beteiligt.

Absturz und Drogenkonsum

Bei all den Erfolgen hatte Agassis Karriere aber auch Tiefpunkte und Krisen. 1997 nahm er das Aufputschmittel Crystal Meth. Nur ein vorlauter Brief an die ATP und eine Lüge habe danach eine Dopingsperre verhindert, beichtete Agassi in seiner 2009 erschienen Autobiografie „Open“.

Ehemaliger Tennis-Spieler Andre Agassi mit seiner Autobiografie in der Hand
Reuters/Tobias Schwarz
In seiner Autobiografie gab Agassi Einblick in sein Innenleben

Er stürzte auf Platz 141 ab und war am Boden, entschied sich dann aber bewusst fürs Tennis, kämpfte sich über zweitklassige Turniere zurück und wurde erfolgreicher als zuvor. Mit 33 Jahren wurde Agassi zum bis dahin ältesten Spieler an der Spitze und danach in dieser Kategorie nur noch von Roger Federer abgelöst. Insgesamt führte er die Weltrangliste 101 Wochen lang an und ist damit im ewigen Ranking die Nummer neun.

Das Problem mit dem Toupet

Neben all den sportlichen Erfolgen war Agassi auch ein „bunter Vogel“. In seiner Autobiografie beichtete er, dass er neben seinem Drogenkonsum auch Probleme mit der Haarpracht hatte und jahrelang ein Toupet trug, da sich seine „Löwenmähne“ mit der Zeit mehr und mehr verabschiedet hatte.

Als er es 1990 erstmals ins Finale der French Open schaffte, kam es am Vorabend zum Fiasko: Vermutlich als Folge einer falschen Haarspülung begann sich unter der Dusche das sorgsam gepflegte Haarteil in seine Einzelteile aufzulösen. Sein Bruder Philly kam auf die Idee, die Restbestände mittels Haarklammern auf Agassis Kopf festzutackern – wofür insgesamt 20 Klammern nötig waren.

„Gebetet, dass das Haarteil nicht vom Kopf fällt“

Deshalb konnte Agassi sein erstes großes Finale nur mit halber Kraft bestreiten und verhalf damit Andres Gomez aus Ecuador, der im Halbfinale Thomas Muster besiegt hatte, zu seinem einzigen Major-Titel. Bereits während des Aufwärmtrainings habe er gebetet, schreibt Agassi: „Nicht nur um den Sieg, sondern darum, dass mir das Haarteil nicht vom Kopf fällt.“

Archivbild vom 10.6.1990 zeigt Andre Agassi beim Tennisspielen
APA/AFP/Pierre Verdy
Das Toupet hielt, auf den ersten Paris-Sieg musste Agassi 1990 aber noch warten

Erst 1994 trennte sich Agassi auf Anraten seiner späteren Frau Brooke Shields endgültig von seinem falschen und den Resten seines echten Haupthaars. „Rasier dir das Haar extrem kurz und fertig“, riet sie ihm. Die Australian Open 1995, die er gewann, waren sein erstes Grand-Slam-Turnier ohne Haare.

Rücktritt bei den US Open

Sein Karriereende war aufgrund von angeborenen Rückenproblemen und unabhängig von der Haarlänge aber schließlich unausweichlich. Am 3. September 2006 gab er nach dem Drittrunden-Aus bei den US Open den Rücktritt bekannt. Agassi ist der einzige Spieler im Herren-Einzel, der Siege bei allen vier Grand-Slam-Turnieren, dem Jahresabschlussturnier der ATP, im Davis-Cup und bei den Olympischen Spielen holte.

2011 wurde er in die Tennis Hall of Fame aufgenommen und folgte damit Steffi Graf, der diese Ehre sieben Jahre vor ihrem Ehemann zuteilwurde. „Tennis hat mir nicht nur viel gegeben, sondern mich auch viel gelehrt“, sagte er damals. Ab Mai 2017 war Agassi für rund zehn Monate Coach von Novak Djokovic, danach widmete er sich wieder ganz der Familie sowie diversen Bildungsinitiativen und seiner gemeinnützigen Stiftung in Nevada.