Angelino (Leipzig)
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Fußball

Applaus für Deutschlands Neustart

Der Anfang ist getan, die Kugel rollt wieder: Deutschlands oberste zwei Ligen haben den Start in ihrer Vorreiterrolle im europäischen Topfußball am Samstag gut über die Bühne gebracht. Auch das internationale Echo war trotz „Geisterspielen“ aufgrund der Coronavirus-Pandemie vor allem positiv. Und Borussia Dortmund setzte mit einem 4:0-Sieg im Derby im Titelkampf gleich ein echtes Rufzeichen.

Allgemein gesehen waren die Auftritte der Teams nach nur kurzer Vorbereitungsphase zum Großteil besser als vermutet. Aus blieben auch durchaus befürchtete Fanansammlungen vor den Stadien. Die Akteure im Stadion hielten sich mit großer Mehrheit – in diesen Zeiten zu innige Torjubelszenen der Hertha und von Gladbach waren die Ausnahme – an die zuvor klar festgeschriebenen Vorgaben. Der eine oder andere Club machte auch von der neuen Möglichkeit von fünf Wechsel Gebrauch.

„Die Bundesliga hat den Fußball nach Monaten des Todes und der Angst wieder zum Leben erweckt und die Weichen für die anderen gestellt, die immer noch nach Mut und Protokollen suchen“, schrieb die „Gazzetta dello Sport“. Der „Independent“ sah es ähnlich: „Die Bundesliga hat gezeigt, wie es geht. Sie hat für diesen Sport einen Präzedenzfall geschaffen. Das wird helfen, das Denken zu verändern.“ Die fehlende Atmosphäre müsse man in Kauf nehmen. „Es ist nicht dasselbe ohne die Fans, aber es ist immer noch besser als gar kein Fußball. Und sicherlich besser, als keine Fußballclubs mehr zu haben.“

Mitarbeiter desinfisziert einen Fussball
APA/AFP/Sascha Schuermann
Mit den strikten Vorgaben der DFL glückte der deutschen Bundesliga der Wiederbeginn

Gewöhnungsbedürftiges Ambiente

Gewöhnungsbedürftig war allerdings für Spieler und Trainer noch das Ambiente im Stadion. „Der Druck vom Publikum ist einfach nicht da. Es fühlt sich für jeden ein bisschen an wie ein Trainingsspiel“, sagte ÖFB-Teamspieler Martin Hinteregger, der mit Eintracht Frankfurt das Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach mit 1:3 verlor. Die ersten beiden Gegentreffer fielen dabei innerhalb der ersten sieben Minuten.

Wolfsburg-Coach Oliver Glasner, dessen Team dank eines Treffers von Daniel Ginczek in der 91. Minute Augsburg mit 2:1 besiegte, brachte das Problem der ungewohnten „Geisterspiele“ auf den Punkt. „Dann möchtest du vor deiner Kurve mit den Fans feiern. Das hat halt gefehlt. Das macht es während des Spiels nicht so schön“, so Glasner.

Er selbst vergaß beim späten Siegestreffer, sich an die DFL-Vorgaben zu halten. „Ich habe kurz die Coaching-Zone verlassen, weil ich mich so gefreut habe. Dann ist mir schnell eingefallen: Upps, wieder zurück und ja nicht jemandem zu nahe kommen. Die Freude war groß. Aber es ist jetzt eben so, dass wir uns sehr disziplinieren müssen. Deshalb denke ich, dass wir das auch sehr ordentlich über die Bühne gebracht haben“, sagte der Ex-LASK-Coach.

Oliver Glasner
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Oliver Glasner muss sich an die Regeln in der Coaching-Zone erst gewöhnen

Höchster Derby-Sieg für Dortmund seit 1966

Den besten Neustart legte jedenfalls Dortmund hin. Der BVB feierte den höchsten Sieg gegen Schalke seit dem 26. November 1966, als man den Lokalrivalen mit 6:2 besiegt hatte. Damit fixierte man den 800. Ligasieg in der Geschichte – eine Marke, die sonst nur der FC Bayern erreicht hat.

„Ich kann der Mannschaft nur ein Kompliment machen, sie hat es hervorragend umgesetzt“, analysierte BVB-Sportchef Michael Zorc. Coach Lucien Favre konnte sich dem Lob nur anschließen: „Es war ein gutes Spiel von uns. Das Ergebnis ist verdient. Wir sind sehr zufrieden.“ Dortmund ist als einziges Ligateam zu Hause ungeschlagen, in der Rückrunde wurden acht von neun Partien gewonnen.

Raphael und Julian Brandt jubeln nach einem Tor
AP/Martin Meissner
Die Dortmund-Spieler zeigten vor, wie man sich beim Torjubel richtig verhält

Tor von Haaland „wohl passend“

Erling Haaland war es vorbehalten, das erste Tor in der Bundesliga nach der Coronavirus-Pause zu erzielen. Die Marke von Österreichs Fußballer des Jahres steht nun bei zehn Toren in neun Spielen. „Irgendwie war es wohl passend, dass Erling Haaland, der weithin als die Zukunft dieses Spiels gesehen wird, das erste Tor der neuen Post-Covid-Ära geschossen hat“, schrieb der Londoner „Independent“.

Die italienische „Gazzetta dello Sport“ verglich den Norweger gar mit Neil Armstrong, der als erster Mensch den Mond betrat. „Hätten wir für die Menschheit einen Fußballer wählen müssen, nur um diesem Bastard eines Virus ins Gesicht zu schlagen, hätten wir uns für Erling Haaland entschieden. Er ist es, der herabsteigt und den ersten Schritt auf diesem unbekannten Planeten tut, die Augen der Welt auf ihm, und sein Hemd so gelb wie der Mond.“

Leipzig hadert mit Chancenauswertung

Während Haaland seinen Torriecher auch nach mehrwöchiger Pause sofort wieder unter Beweis stellte, verzweifelten die Leipziger an ihrer Chancenauswertung. Leipzig bot durchaus ein ansehnliches Spiel, aus 22 Torschüssen resultierte allerdings nur ein Treffer beim 1:1 im Heimspiel gegen Außenseiter Freiburg. „Ich selbst habe Chancen vergeben, die ich normalerweise machen muss. Es ist, als ob wir aus der Sommerpause gekommen wären. Da klappt nicht immer alles“, bilanzierte Kapitän Yussuf Poulsen.

Deutsche Bundesliga, 26. Runde

Montag:

Bremen – Leverkusen 1:4 (1:2)

Tore: Gebre Selassie (30.) bzw. Havertz (28., 33.), Weiser (61.), Demirbay (78.)

Friedl (Bremen) spielte durch; Baumgartlinger (Leverkusen) ab 71. Minute, Özcan und Dragovic auf der Bank

Sonntag:

Union Berlin – Bayern München 0:2 (0:1)

Tore: Lewandowski (40./Elfmeter), Pavard (80.)

Trimmel (Union) spielte durch; Alaba (Bayern) spielte durch

Köln – Mainz 2:2 (1:0)

Tore: Uth (6./Elfmeter), Kainz (53.) bzw. Awoniyi (61.), Kunde (72.)

Kainz (Köln) bis 71. Minute; Onisiwo (Mainz) bis 84. Minute

Samstag:

Frankfurt – Mönchengladbach 1:3 (0:2)

Tore: Silva (81.) bzw. Plea (1.), Thuram (7.), Bensebaini (73./Elfmeter)

Hinteregger (Frankfurt) spielte durch, Ilsanker bis 74. Minute; Lainer (Gladbach) spielte durch

Dortmund – Schalke 4:0 (2:0)

Tore: Haaland (29.), Guerreiro (45., 63.), Hazard (48.)

Burgstaller (Schalke) ab 46. Minute, Schöpf ab 73. Minute, Gregoritsch auf der Bank

Leipzig – Freiburg 1:1 (0:1)

Tore: Poulsen (77.) bzw. Gulde (34.)

Laimer (Leipzig) spielte durch, Sabitzer ab 69. Minute, Wolf auf der Bank; Lienhart (Freiburg) spielte durch

Augsburg – Wolfsburg 1:2 (0:1)

Tore: Jedvaj (54.) bzw. Steffen (43.), Ginczek (91.)

Schlager (Wolfsburg) spielte durch, Pervan auf der Bank

Hoffenheim – Hertha BSC 0:3 (0:0)

Tore: Akpoguma (58./Eigentor), Ibisevic (60.), Cunha (74.)

Posch und Grillitsch (Hoffenheim) spielten durch, Baumgartner bis 90. Minute

Düsseldorf – Paderborn 0:0

Stöger (Düsseldorf) spielte durch, Suttner bis 61. Minute

Tabelle: