Die Athleten Tommie Smith and John Carlos halten ihre Fäuste – in einen schwarzen Handschuh gehüllt – in die Luft.
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Chronik

Wenn Sport zur politischen Bühne wird

Der Tod des Afroamerikaners George Floyd nach einem brutalen Polizeieinsatz in den USA bewegt auch den Sport. Zahlreiche Sportler haben sich den Protesten unter dem Motto „Justice for George Floyd“ (Dt.: „Gerechtigkeit für George Floyd“) angeschlossen. Es ist aber keine Seltenheit, dass Athleten ihre Bühne für politische Botschaften nutzen.

Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton, Basketballsuperstars wie Stephen Curry und LeBron James, Tennisspielerin Naomi Osaka sowie mehrere Spieler etwa in der deutschen Bundesliga und der englischen Premier League haben mit Aktionen und Statements ihre Unterstützung der Proteste ausgedrückt und damit teilweise auch eine Welle der Solidarität ausgelöst. Teamkollegen und andere Sportler schlossen sich den Protesten an bzw. kündigten Aktionen an.

Unter dem steigenden Druck sah sich nun sogar der Internationale Fußballverband (FIFA), der politischen Äußerungen grundsätzlich verbietet, gezwungen zu reagieren und kündigte an, Solidaritätsgesten für Floyd nicht zu bestrafen. Die FIFA sprach sich in einer Stellungnahme dafür aus, dass in diesem Zusammenhang „gesunder Menschenverstand“ genutzt werde und die Umstände berücksichtigt werden, berichtete die US-Nachrichtenagentur AP am Montag. Es ist aber nicht die erste Aktion, die den Weltsport bewegte, wie einige Beispiele verdeutlichen.

Ein Kniefall bringt NFL ins Wanken

Am 14. August 2016 provozierte der Footballer der National Football League (NFL) Colin Kaepernick mit einem demonstrativen Kniefall bei der US-Hymne Präsident Donald Trump und spaltete die US-Gesellschaft. Kaepernick wollte gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze in den USA protestieren. „Ich werde nicht aufstehen und Stolz für eine Fahne demonstrieren, die für ein Land steht, das Schwarze und andere Farbige unterdrückt“, begründete er seine Geste.

San Francisco 49ers Spieler Colin Kaepernick und Eric Reid.
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Kaepernick (r.) löste mit seinem Kniefall eine Solidaritätswelle aus, die nicht nur die NFL spaltete

Zahlreiche Spieler schlossen sich in der Folgezeit der Aktion an, was in den USA für hitzige Diskussionen sorgte, denn das Knien und Sitzen bei der Hymne gilt als Respektlosigkeit. Für Kaepernick hatte die Aktion Folgen, 2017 wurde er bei den San Francisco 49ers entlassen, ein neues Team hat er bisher nicht gefunden.

Geschichtsträchtige Geste in Mexiko

Am 16. Oktobers 1968 sorgten die beiden Sprinter Tommie Smith und John Carlos bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko-Stadt mit ihrer geschichtsträchtigen Geste für Aufsehen. Der 200-Meter-Sieger und der Olympiadritte streckten bei der Siegerehrung auf dem Podium mit gesenkten Köpfen ihre Fäuste – gehüllt in schwarze Handschuhe – in die Luft. Sie demonstrierten für die Black-Power-Bewegung und protestierten gegen die Diskriminierung der afroamerikanischen Bevölkerung in den USA.

US Fußballerin Megan Rapinoe.
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Rapinoe nutzte nach dem Gewinn des WM-Titels einen Empfang, um Missstände zu kritisieren

Am 10. Juni 2019 nutzte Fußballstar Megan Rapinoe nach dem Gewinn des WM-Titels beim Empfang in New York ihre Rede, um gegen Missstände und die Politik des US-Präsidenten zu mobilisieren. Seitdem macht sie sich immer wieder für den Kampf gegen Rassismus, Homophobie und für Gleichberechtigung stark. Sie erntet weltweit viel Lob, aber daheim in den USA auch Kritik aus dem konservativen Lager.

USA und Iran überwinden Spannungen

Am 21. Juni 1998 trafen die beiden verfeindeten Staaten USA und Iran bei der Fußball-WM aufeinander. Die befürchteten Spannungen blieben aus, stattdessen lieferten beide Teams eine eindrückliche Demonstration, als die Spieler im Geiste des FIFA-Fairplay-Tages zusammen für ein Mannschaftsfoto posierten und auch Blumen und Geschenke austauschten.

Schweizer National Spieler halten ein Banner mit der Aufschrift „Stop it Chirac“.
Reuters/Ruben Sprich
Schweizer Fußballer protestierten 1995 gegen französische Atomtestversuche im Mururoa-Atoll

Am 9. Juni 1995 entrollten Spieler der Schweizer Nationalmannschaft unmittelbar vor dem Länderspiel gegen Schweden in Göteborg ein Banner mit der Aufschrift: „Stop it Chirac“. Damit wollten sie gegen den französischen Atomtestversuch im Mururoa-Atoll demonstrieren. „Die Atomversuche sind gegen die Menschheit gerichtet, dem weltweiten Protest wollten wir uns anschließen. Wir haben lediglich unsere Vorbildfunktion als Spitzenfußballer wahrgenommen“, sagte Spieler Alain Sutter.