Szene aus einem Match von SK Rapid Wien gegen den SK Sturm Graz.
GEPA/Christian Ort
Coronavirus

Der neue Nachteil im Fußball

Was aufmerksame Beobachter bereits nach wenigen Spielen vermutet haben, ist jetzt durch Zahlen belegt. Die Maßnahmen gegen das Coronavirus und das damit fehlende zahlende Publikum in den Stadien haben Fußballteams um ihren Heimvorteil gebracht. Das belegen Auswertungen aus Österreich und Deutschland zu den laufenden „Geisterspielen“.

In der heimischen tipico-Bundesliga etwa gab es in den ersten 24 Partien ohne Zuschauer nach der Coronavirus-Pause lediglich sechs Heimsiege. Mehr als die Hälfte aller Spiele – nämlich 13 – wurden vom jeweiligen Auswärtsteam gewonnen.

Vor Publikum hatte das noch etwas anders ausgesehen. Zwar gab es im vor den Coronavirus-Maßnahmen abgeschlossenen Grunddurchgang in der Bundesliga bereits mehr Auswärts- (52) als Heimsiege (47), der Unterschied war aber deutlich weniger signifikant. In der vergangenen Saison (inkl. Europacup-Play-off) hatten die Heimteams mit 79 Erfolgen gegenüber 70 der Auswärtsmannschaften noch die Nase vorne.

Nur zwölf Heimsiege in Deutschland

Im deutschen Oberhaus stellte das Fehlen des Publikums das Geschehen noch deutlich stärker auf den Kopf. Dort hatten in dieser Saison 43 Prozent der 223 vor der Coronavirus-Pandemie ausgetragenen Spiele mit einem Heimsieg geendet. In den 56 bisher über die Bühne gegangenen Geisterspielen fiel dieser Wert auf 21 Prozent. Den lediglich zwölf Heimsiegen ohne Zuschauer stehen 28 Remis und 16 Auswärtssiege gegenüber.

Nur zwölf Siege für Heimteams bei einem Referenzwert von 56 Partien hat es in der 58-jährigen Geschichte der deutschen Bundesliga (seit 1963) erst einmal gegeben, im Dezember 2009. Die deutschen Heimmannschaften erzielen in dieser Saison ohne Fans im Rücken auch deutlich weniger Tore – 1,23 pro Spiel gegenüber 1,74 vor den Zutrittsbeschränkungen.

Die Daten für Deutschland zeigen zudem, dass in „Geisterspielen“ weniger Schüsse abgegeben werden, weniger Torhüteraktionen und Dribblings stattfinden – dafür mehr Pässe. „Die Leistungsdaten weisen darauf hin, dass die Spieler womöglich unterbewusst öfter entscheiden, einen Pass zu spielen als eine Aktion zu versuchen, bei der die Fans normalerweise aufspringen würden“, so der Sportanalyse-Chef Simon Gleave des US-Datenanbieters Gracenote gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.