Der österreichische Handballtrainer Gunnar Prokop.
APA/Helmut Fohringer
Chronik

Gunnar Prokop quält mit 80 nur sich selbst

Jahrzehntelang war der Name Gunnar Prokop aus dem österreichischen Sport nicht wegzudenken. Mit eiserner Hand führte der Niederösterreicher zuerst seine Frau Liese zu olympischen Medaillen im Siebenkampf und später die Handballerinnen von Hypo Niederösterreich an die Weltspitze. Der als „Peitschenknaller“ verschriene Prokop polarisierte auf und abseits der sportlichen Bühne. Am Samstag feiert er seinen 80. Geburtstag.

Sport sei immer sein Leben gewesen, betonte Prokop anlässlich seines runden Jubiläums. Ob als Turner, beim Klettern, in der Leichtathletik – ob als Aktiver, Sportstudent, Trainer oder Funktionär. Sein Erfolgssystem kommt noch immer zur Anwendung. „50 Jahre lang hab ich andere gequält. Jetzt quäl ich mich selbst“, sagte der 80-Jährige, der aus Hypo Südstadt – heute bekannt als Hypo NÖ – eine Marke von Weltklasse im Handball formte.

Die ersten großen Erfolge feierte der Jubilar allerdings als Leichtathletik-Trainer. Seine Frau Liese coachte er 1968 zu olympischem Silber im Siebenkampf sowie 1969 zur Europameisterin und trug seinen Teil dazu bei, dass Liese Prokop zwei Weltrekorde aufstellte. Das war eigentlich mein Höhepunkt", sagte Prokop zur olympischen Medaille seiner Frau. Seine Schwägerin Maria Sykora gewann mit Trainer Prokop 1969 in Athen EM-Bronze über 400 m, über 800 m holte sie ein Jahr später in Wien den Hallen-EM-Titel.

Liese Prokop zusammen mit ihrem Mann Gunnar bei der Leichtathletik Mehrkampf Meisterschaft in der Südstadt 1969.
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Die olympische Silbermedaille von Liese Prokop war für Gunnar Prokop laut eigener Aussage das Highlight seiner Trainerlaufbahn

33 Meistertitel en suite

Die Leichtathletik war auch Prokops Sprungbrett zum Handball. Hilfreich dabei sei das Know-how der Ostsportler gewesen, so Prokop, dessen Bruder Otto als Mediziner in der DDR wirkte. Auch im Handball, der eigentlich nur als Ausgleich für seine Leichtathletinnen gedacht war, profitierte er davon. „Wir haben sie darennt und daschossen“, beschrieb Prokop den Siegeszug seiner „LA-Maschinen“ in der Liga.

Gunnar Prokop feiert 80. Geburtstag

Mit Gunnar Prokop feiert eine Legende des österreichischen Sports am Samstag seinen 80. Geburtstag. Der Sport ist nach wie vor ein wichtiger Bestandteil im Leben des Niederösterreichers.

Schon im zweiten Jahr nach Gründung des Vereins bzw. im ersten nach dem Aufstieg wurde Hypo Südstadt Meister, 33 weitere Championate en suite, zwölf Europacup-Finale und acht Champions-League-Trophäen folgten. Noch immer ist Hypo hinter Spartak Kiew (13 CL-Titel) der insgesamt zweiterfolgreichste Frauen-Club der Historie. „Ich war der Verein, und Maria Sykora war die Vereinsmutter“, so Prokop.

„Blackout“ als Anfang vom Ende

In den 1990er Jahren war Hypo fast identisch mit dem Frauen-Nationalteam, das – auch dank zahlreicher Einbürgerungen – für Bronze bei der EM 1996 und WM 1999 sorgte. 2000 kam der bisher letzte CL-Triumph mit Hypo, 2008 stand man noch einmal im Finale. Ins weltweite Rampenlicht schaffte es Prokop in der CL 2009/10, bei der er ins Spielfeld trat und eine Metz-Spielerin bewusst auflaufen ließ. Das „Blackout“ war der Anfang vom Ende seiner Zeit als „Zampano“ bei Hypo NÖ.

Szene aus dem Handball-Match zwischen Hypo Niederoesterreich und ZRK Koprivnica. Bild zeigt Hypo-Manager Gunnar Prokop-
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„Vulkan“ an der Seitenlinie: Prokop lebte bei den Spielen seiner Hypo-Spielerinnen mit wie kein Zweiter

Prokop wurde für ein Jahr gesperrt und zog sich im folgenden Sommer von allen Hypo-Ämtern zurück. Die neue Vereinsführung habe ihm nicht mehr vertraut, sagt er heute. Mit ihm ging freilich auch der Erfolg, international ist der Club in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Er baute die Südstadt als Eliteschmiede auf und fungierte bis zu seiner Pensionierung als deren Internatsleiter. Ein Spiel von Hypo NÖ hat er seither nicht mehr gesehen, auch nicht im Fernsehen. „Die Südstadt ist heute ein fast normales Sportgymnasium. Das tut mir wirklich weh“, so Prokop.

Umstrittene Aussagen

Abseits des Platzes polarisierte Prokop mit markigen Aussagen. Sein Diktum von Sportlerinnen, die in den Hintern getreten werden müssten, oder Frauen, die in die Küche gehörten, sorgten für Aufsehen. Pikanterweise war es seine eigene Gattin, die 2004 dem zurückgetretenen Ernst Strasser als Innenministerin nachfolgte – bis zu ihrem plötzlichen Tod am Silvestertag 2006. Die Bereitschaft zur Qual ist für ihn jedenfalls zentral. „Ohne harte Arbeit wirst du keine Erfolge haben. Peitschenknaller, Hassliebe – das musst du alles jonglieren können“, beschrieb er seinen Zugang.

Seit seinem Rückzug widmet er sich dem Sport nur noch privat – aber ganz seiner Natur entsprechend nicht weniger intensiv. 26-mal habe er mit dem Rad schon den Glockner bezwungen, so Prokop. Auch ein schwerer Skiunfall vor fast drei Jahren, bei dem er sich beide Beine brach, warf ihn nicht aus der Bahn. Das soll auch noch lange so bleiben: „Mein Ziel ist mit 90 der Glockner, und mit 100 fang ich zum Golfen an“, sagte Prokop.