Der Präsident des SV Mattersburg, Martin Pucher.
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Bundesliga

Mattersburg-Chef Pucher zieht sich zurück

Nach über 30 Jahren geht die Ära von Martin Pucher bei tipico-Bundesligist SV Mattersburg abrupt zu Ende. Im Zuge des Bilanzskandals um die Mattersburger Commerzialbank kündigte der Clubpräsident, der der Bank vorsteht, am Mittwoch eine „geordnete Übergabe“ an. Die Zukunft des burgenländischen Vorzeigevereins scheint aktuell ungewiss.

„(…) Bezüglich seiner Funktionen im SV Mattersburg wird Herr Martin Pucher umgehend eine geordnete Übergabe sicherstellen“, teilten die Anwälte Puchers knapp mit. Der 64-Jährige war nicht nur Herz und Seele des Vereins und für den Aufstieg in die oberste Spielklasse verantwortlich, die Bank fungiert auch als wesentlicher Sponsor.

Pucher, von 2006 bis 2009 auch vier Jahre Präsident der Bundesliga, führte den Verein seit 1988 und stieg mit dem Club von der fünften in die oberste heimische Spielklasse auf. Nach gesundheitlichen Problemen trat der Clubchef zuletzt nicht mehr allzu oft in der Öffentlichkeit auf, führte aber weiterhin die Geschicke des Clubs.

SV Mattersburg stehen schwierige Zeiten bevor

Vorstandsdirektor Martin Pucher ging mit einer Selbstanzeige in die Offensive und trat gemeinsam mit seiner Vorstandskollegin zurück. Kurz vor Dienstagmitternacht gab die Finanzmarktaufsicht (FMA) dann in einer Presseaussendung die Schließung der Commerzialbank Mattersburg bekannt.

Was der Skandal für die Burgenländer, die erst in der vorletzten Runde der abgelaufenen Saison den Klassenerhalt fixierten, bedeutet, bleibt abzuwarten. Der Verein selbst meldete sich noch nicht zu Wort, die Bundesliga am Mittwochnachmittag dann erstmals.

Zwangsabstieg im Falle eines Konkursverfahrens

Für Mittwochabend wurde eine Sitzung des Senats 5 angesetzt. „Im Zuge dessen wird der Senat den Klub zur Stellungnahme auffordern, um Klarheit über finanzielle Auswirkungen auf den SV Mattersburg zu erhalten“, teilte die Bundesliga in einer Aussendung mit. Darin wurde auch festgehalten: „Im Falle eines Konkursverfahrens kommt unverändert der Zwangsabstieg zu tragen.“

Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer erklärte dazu in einem ORF-Interview: „Wenn (in einem Insolvenzverfahren, Anm.) der Masseverwalter nicht fortführt, dann würde mit Wattens der bisherige Absteiger aus der tipico-Bundesliga in der ersten Bundesliga bleiben. Wenn der Masseverwalter fortführt, dann ist der Spielbetrieb gesichert, aber im Falle einer Insolvenz droht weiter der Zwangsabstieg.“

Übersicht Pappelstadion (SV Mattersburg).
GEPA/David Bitzan
Nach dem Aus der Commerzialbank in Mattersburg drohen auch dem hiesigen Sportverein schwierige Zeiten

Als Pucher den Verein 1988 mit 32 Jahren übernahm, spielte der SVM in der 2. Liga Mitte. Der sportliche Aufstiegskurs war 15 Jahre später vollendet. Tausende pilgerten am Wochenende ins Pappelstadion, um Mattersburg in der Bundesliga zu sehen. 2006 und 2007 gelang der Einzug ins Finale des ÖFB-Cups, 2007 stand als bisher beste Platzierung auch Rang drei zu Buche. Zweimal schaffte es Mattersburg in den Europacup. In den jüngsten Jahren kämpfte der Verein aber vornehmlich um den Klassenverbleib, die Zuschauerränge waren zuletzt schütter besetzt.

Pucher folgte Stronach als Ligapräsident

Auf Ligaebene wurde Pucher Anfang Dezember 2005 interimistisch Nachfolger von Frank Stronach als Präsident der Liga. Im März 2006 wurde er von den Vereinen in dieser Funktion bestätigt. Er übte das Amt mehr als dreieinhalb Jahre aus, ehe er an den mittlerweile verstorbenen Hans Rinner übergab. Beim SV Mattersburg – der Verein war seit 2003 mit einem Intermezzo von 2013 bis 2015 immer erstklassig – war Pucher stets der starke Mann. Persönlich musste der Bankdirektor vor fünf Jahren einen schweren gesundheitlichen Rückschlag verkraften, er erholte sich aber und blieb dem SVM stets treu.

Pucher steckte selbst Geld in den Verein und akquirierte Sponsoren. Die von ihm gegründete Commerzialbank schien viele Jahre zwar nicht als Hauptsponsor, aber als wichtiger Geldgeber auf. Das Budget der Burgenländer lag in der Saison 2018/19 bei 11,34 Millionen Euro. Der Verein ist auch an der Akademie Mattersburg als Gesellschafter (35 Prozent) beteiligt. Auch in der vor rund zehn Jahren fertiggestellten Nachwuchsschmiede scheint die Commerzialbank als Sponsor auf.

Doskozil rechnet mit Lizenzverfahren

Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), der am Mittwoch eine Pressekonferenz abgehalten hatte, rechnet damit, dass die Bundesliga nach dem Bilanzskandal ein Lizenzierungsverfahren eröffnen wird. Auch auf die Fußballakademie werde das wohl Auswirkungen haben. Sie soll aber in anderer Form erhalten bleiben.

Was der Bilanzskandal für den Verein konkret bedeute, werde man erst sehen, betonte Doskozil. Würde die Lizenz verloren gehen, wäre auch die Fußballakademie in Mattersburg betroffen. Diese soll aber in jedem Fall als neues Landessportzentrum für das Nordburgenland erhalten bleiben. „Die Planungen dafür gibt es bereits länger. Nun müssen wir diese Schritte möglicherweise vorziehen“, sagte Doskozil. Der Standort solle dann eine Anlaufstelle für den Breitensport sein.