Kaputter linker Vorderreifen von Lewis Hamilton in Silverstone
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Formel 1

Pirelli nach Reifenpannen im Stress

Auch zwei Tage nach dem Grand Prix von Großbritannien in Silverstone ist die Aufregung und die Verwunderung über die Fülle an Reifenschäden noch nicht abgeebbt. Nachdem unter anderem beim späteren Sieger Lewis Hamilton der linke Vorderreifen in der letzten Runde seinen Geist aufgab, kündigte Exklusivausrüster Pirelli eine umfassende Untersuchung an. Am kommenden Wochenende wird in Silverstone wieder gefahren, und ein Debakel wie Michelin 2005 will sich der Reifenkonzern ersparen.

In der Schlussphase des Grand Prix von Großbritannien am Sonntag hatten Lewis Hamilton und sein Mercedes-Teamkollege Valtteri Bottas sowie McLaren-Pilot Carlos Sainz jeweils an ihren linken Vorderrädern einen Patschen. Während sich der britische Weltmeister auf drei Rädern knapp vor dem Niederländer Max Verstappen ins Ziel schleppte, fielen sein finnischer Teamkollege und der Spanier im McLaren aus den Punkterängen. Hamilton konnte daher seine Führung in der WM auf Bottas auf 30 Punkte ausbauen.

Am kommenden Sonntag (15.10 Uhr live in ORF 1) steht, wieder in Silverstone, der Grand Prix zum 70. Geburtstag der Formel 1 auf dem Programm. Eine neuerliche Serie an Reifenschäden würde gerade zu diesem Anlass kein gutes Bild abgeben. Daher kündigte Pirelli, seit 2011 exklusiver Reifenlieferant der Königsklasse, eine genaue Untersuchung der Geschehnisse an. „Wir wollen nichts ausschließen. Wir wollen alles aus einer 360-Grad-Perspektive analysieren“, sagte Sportchef Mario Isola vor dem vierten Rennen des wegen der Coronavirus-Pandemie adaptierten WM-Kalenders.

Carlos Sainz mit kaputtem linken Vorderreifen in Silverstone
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Bei Sainz löste sich zuerst der Reifen und in weitere Folge die Hoffnung auf WM-Punkte auf

Der Mailänder Konzern steht allerdings unter Zugzwang. Bereits am Freitag stehen die ersten freien Trainings für den zweiten Grand Prix auf dem englischen Hochgeschwindigkeitskurs auf dem Programm. „Wir haben nicht viel Zeit für die Untersuchung“, sagte Isola, „wir müssen also so schnell wie möglich zu einer Schlussfolgerung kommen.“ Trümmerteile auf der Strecke und eine Überbeanspruchung der Reifen nach vorgezogenen Boxenstopps seien mögliche Ansätze, heißt es von Pirelli-Seite.

Erinnerungen an 2005

Die Reifenschäden in Silverstone weckten Erinnerungen an den Grand Prix der USA in Indianapolis 2005. Damals waren in der Formel 1 mit Bridgestone und Michelin noch zwei Reifenlieferanten vertreten. Die Pneus von Michelin erwiesen sich allerdings speziell für die hohen Geschwindigkeiten in der Steilkurve auf dem Kurs innerhalb des legendären Ovals als nicht geeignet. Ein Reifenplatzer hatte beinahe fatale Konsequenzen, denn im Training krachte der damalige Toyota-Pilot Ralf Schumacher nach einem Schaden an den Pneus in die Mauer.

Sechs Autos am Start beim Grand Prix in Indianapolis 2005
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Der mit nur sechs Autos gestartete GP der USA 2005 war keine Werbung für die Formel 1

Nachdem keine zufriedenstellende Lösung, etwa eine Entschärfung der Steilkurve oder das Einfliegen einer anderen Reifenmischung gefunden werden konnte und Michelin die Sicherheit seiner Reifen nicht garantieren konnte, verzichteten die sieben von den Franzosen ausgerüsteten Teams nach der Einführungsrunde auf einen Start. Das Rennen wurde nur mit den sechs von Bridgestone ausgerüsteten Autos – zwei Ferrari, zwei Jordan und zwei Minardi – unter Pfiffen und Buhrufen der amerikanischen Zuschauer gestartet.

Der Sieg ging an den deutschen Rekordweltmeister Michael Schumacher vor seinem brasilianischen Ferrari-Teamkollegen Rubens Barrichello. Dahinter durfte sich der Portugiese Tiago Monteiro im Jordan über seinen ersten und einzigen Podestplatz in der Formel 1 freuen. Apropos Premiere: Auch Patrick Friesacher blieb die Farce von Indianapolis in guter Erinnerung. Der Kärntner, der 2005 seine einzigen elf Rennen in der Formel 1 bestritt, holte als Sechster auch seine einzigen WM-Punkte in der Königsklasse. Es waren zugleich die bisher letzten eines Österreichers bei einem Grand Prix in den USA.