Der verstorbene österreichische Formel 1 Pilot Jochen Rindt.
APA/dpa
Motorsport

Vor 50 Jahren starb Jochen Rindt

Eine Zigarette im Mundwinkel, ein markantes Gesicht, die Sonnenbrille, ein verschmitztes Lächeln: Lässig, selbstbewusst, charismatisch kam Jochen Rindt daher. Ein Typ, der auf- und gefiel. Ein Draufgänger, sobald er in einem Rennwagen saß. Am 5. September 1970 wurde ihm diese Leidenschaft zum Verhängnis, Rindt verunglückte im Training in Monza tödlich.

„Er ist mit seinem ganzen Auftreten herausgeragt aus der Masse“, erinnerte sich sein Schulfreund Helmut Marko. Für den heutigen Red-Bull-Motorsportberater ist Rindt viel mehr als eine Formel-1-Legende. „Er hat mit unterlegenem Material, mit wahnsinnig viel Risiko Erfolge eingefahren. Das hat auch sein Image geprägt“, sagte Marko am Mittwoch bei der Präsentation einer Jochen-Rindt-Straßenbahn-Garnitur im ORF. „Er hat sich dann aber von einem der risikoreichsten zu einem überlegenen Fahrer gewandelt, der dieses Risiko erkannt hat.“

Sein plötzlicher Tod sei für alle auch deshalb so unfassbar gewesen, weil man dachte, dass er seine wilden Jahre hinter sich gelassen hätte und unverletzlich sei. „All diese Faktoren, diese Persönlichkeit, dieses Auftreten“ hätten ihn einzigartig gemacht. „Ohne Jochen gäbe es diesen gesamten Motorsport in dieser Intensität, wie wir ihn kennen, nicht. Das alles verdanken wir ihm“, betonte Marko. „Er war ein Mythos.“

Jochen Rindt und seine Frau Nina nach seinem Sieg beim Grand Prix in Brands Hatch am 18. Juli 1970.
AP
Jochen und Nina Rindt, die 1967 heirateten, bildeten eines der ersten Glamour-Paare der Formel 1

Bremswelle wird Rindt zum Verhängnis

Jochen Rindt, der eigentlich Karl Jochen Rindt hieß, verfolgte in seiner Karriere ein Ziel: Er wollte unbedingt Formel-1-Weltmeister werden. Als Nina Rindt die von ihrem Mann ersehnte WM-Trophäe entgegennahm, war er aber schon seit zwei Monaten tot. „Es war seine Leidenschaft. Er hat das gemacht, was er liebte“, sagt die Finnin in der ARD-Dokumentation „Jochen Rindts letzter Sommer“ aus dem Jahr 2010.

Vor 50 Jahren kam es im Training zum Grand Prix von Italien zum Unglück: In der Parabolica krachte Rindt mit seinem Lotus 72 in die Leitschienen. Ursache war eine gebrochene Bremswelle vorne rechts. Rindt wurde nur 28 Jahre alt und zum bisher einzigen Piloten, der postum Formel-1-Weltmeister wurde.

Vor 50 Jahren starb Jochen Rindt

Jochen Rindt war Österreichs erster Formel-1-Weltmeister. Vor 50 Jahren ist er beim Training zum Grand Prix von Monza im Alter von nur 28 Jahren tödlich verunglückt. Rindt ist der einzige, dem posthum der Weltmeistertitel verliehen worden ist.

Die Bilder sind unvergesslich. Ehefrau Nina auf einem Barhocker in der Lotus-Box sitzend, mit bangem Blick, eine Stoppuhr in der Hand. Sie wartete auf ihren Mann, während alle anderen Fahrer zurück von der Strecke kamen. Es wurde immer ruhiger. Jackie Stewart, Rindts Rivale und enger Freund, kam zu ihr, sagte, was geschehen war. Bernie Ecclestone, späterer Formel-1-Boss, hatte den blutverschmierten Helm seines Freundes in Händen.

Motorsport im Schockstarre

Die Erschütterung in und außerhalb der Motorsportwelt über Rindts Tod war groß, vergleichbar nur mit den Unfalltragödien des Briten Jim Clark 1968 in einem Formel-2-Rennen auf dem Hockenheimring und des Brasilianers Ayrton Senna 1994 in Imola. 30.000 Menschen gaben Rindt in Graz sechs Tage nach dessen Tod das letzte Geleit. Rennfahrerkollege Joakim Bonnier sagte in seiner Trauerrede: „Und egal, was in den nächsten Wochen noch passiert: Für uns ist Jochen der Weltmeister.“

Der österreichische Formel 1 Piot Jochen Rindt überquert als erster die Ziellinie beim Gran Prix von Holland am 21. Juni 1970.
AP
Im Schicksalsjahr 1970 gewann Rindt fünf von 13 Rennen, unter anderem den GP der Niederlande

Laut Marko ist es „dem kleinen Österreich gelungen, einen Weltstar in der Formel 1 hervorzubringen“. Dabei war Rindt gar kein Österreicher. Geboren wurde er am 18. April 1942 in Mainz. Sein Vater war Deutscher, seine Mutter Österreicherin. Sie besaßen eine Gewürzmühle. Als seine Eltern 1943 bei einem Bombenangriff in Hamburg ums Leben kamen, nahmen ihn seine Großeltern in Österreich zu sich. Er blieb Deutscher, doch fuhr er mit österreichischer Rennfahrerlizenz. „Ich fühle mich als Europäer“, sagte er einmal bei einem TV-Auftritt.

„Mut, eine Vision und viel Selbstvertrauen“

Seinen Entschluss, Rennfahrer zu werden, traf er 1961 bei einer Reise zum Nürburgring mit seinem Jugendfreund Marko. Er ging nach England, um Anschluss an die internationale Szene zu finden. „Unser Schulenglisch hat ja grad mal gereicht, um etwas zu essen zu bestellen. Da brauchst du Mut, eine Vision. Und viel Selbstvertrauen“, erinnerte sich Marko im Juli im „Red-Bull-Bulletin“.

Rindt stieg schnell zum Star auf und gewann bereits 1965 den 24-Stunden-Klassiker in Le Mans. Seine TV-Sendung „Motorama“ wurde Kult. Er moderierte im Pelzmantel oder interviewte seine Formel-1-Kollegen. In Wien veranstaltete er 1965 erstmals die „Jochen-Rindt-Show“. Privat fand er sein Glück in Nina. Sie heirateten 1967, 1968 kam Tochter Natascha zur Welt.

„Weltmeister werden oder sterben“

In der Formel 1 fehlte ihm lange ein siegfähiges Auto. 1964 bestritt er sein erstes von 60 Rennen. Erst 1969 kam die große Chance: Lotus-Chef Colin Chapman wollte ihn als Clark-Ersatz. Der Brite galt als genialer, aber rücksichtsloser Konstrukteur. „Bei Lotus kann ich Weltmeister werden oder sterben“, sagte Rindt vor seiner Vertragsunterzeichnung.

Die Beziehung war von Beginn weg schwierig. „Ich habe zu Lotus noch nie ein Vertrauen gehabt“, schimpfte Rindt, nachdem in Barcelona ein Flügel an seinem Wagen gebrochen und er verunfallt war. Doch im vorletzten Rennen der Saison in Watkins Glen feierte er doch noch den ersten Sieg.

Der österreichische Formel 1 Pilot Jochen Rindt führt vor dem australier Jack Brabham in den letzten Runden beim Grand Prix von Brands Hatch am 18. Juli 1970.
AP
Insgesamt fuhr Rindt sechzig F1-Rennen und gewann davon sechs, fünf alleine in der Saison 1970

Postum zum WM-Titel

Im Jahr darauf triumphierte Rindt in Monaco nach einer Aufholjagd durch die engen Straßen des Fürstentums. In Zandvoort startete er eine Siegesserie. Doch der Feuertod seines Freundes Piers Courage überschattete das Rennen. Es folgten erste Plätze in Clermont-Ferrand, Brands Hatch und beim Formel-1-Debüt des Hockenheimrings. Bei seinem Heimatrennen auf dem Österreichring schied er zwar aus. Dennoch hatte er mit 45 Punkten als Führender alle Chancen auf den Titel.

Dann kam die Monza-Tragödie. Bis zum vorletzten Rennen hatte Ferrari-Pilot Jacky Ickx die Chance, seinen toten Rivalen noch abzufangen. Ein Defekt und Platz vier in Watkins Glen verhinderten das. Der Belgier war erleichtert, wie er Jahre später gestand: „Das Schönste war zu erleben, wie der Weltmeistertitel dann doch noch an Jochen ging.“