Der norwegische Fußballer Erling Haaland.
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Nations League

Haaland definiert Norwegens Generation

Norwegens Fußball freut sich über eine neue Generation von Hoffnungsträgern. Die führt nun der junge Stürmerstar von Borussia Dortmund und ehemalige Salzburg-Spieler Erling Haaland an – am Freitag (20.45 Uhr, live in ORF1) gastiert Österreich in Oslo. Norwegens letzte Teilnahme bei einer Weltmeisterschaft oder Europameisterschaft ist 20 Jahre her, doch speziell Haaland soll langfristig helfen, dass die Skandinavier dorthin zurückkehren.

Der frühere Österreich-Legionär Jan Aage Fjörtoft hofft zudem, dass sich seine Nachfolger in Zukunft öfter für Großereignisse qualifizieren. Das Duell mit Österreich zum Auftakt der Nations League hält der Ex-Rapidler für ein 50:50-Spiel. Das sei aber dem Heimvorteil, der Coronavirus-Situation und den Ausfällen im ÖFB geschuldet. „Voll besetzt halte ich Österreich für ein bisschen besser als die anderen drei Mannschaften“, sagte Fjörtoft im Gespräch mit der APA.

Die weiteren Gegner in der Gruppe B1 sind Rumänien und Nordirland. „Österreich ist Favorit in dieser Gruppe“, meinte Fjörtoft, der in seiner Heimat als TV-Analyst tätig ist. Das ÖFB-Team verfüge durch seine vielen Deutschland-Legionäre über eine Breite, die Norwegen fehle. „Es kommt eine gute Generation von neuen Spielern. Wir wissen aber noch nicht, wie gut sie sind.“ Die Hoffnung ist naturgemäß groß.

Der norwegische Fußballer Jan Age Fjortoft.
Reuters
Der Ex-Österreich-Legionär und heutige TV-Experte Jan Aage Fjörtoft streifte selbst 71-mal Norwegens Teamtrikot über

Haaland ist erst 20 Jahre alt, aber schon das (mediale) Aushängeschild des Nationalteams, obwohl er erst zwei Länderspiele absolviert hat. Das liegt an seinem internationalen Durchbruch, der in Windeseile gelungen ist. Der Stürmer hat nach einem außergewöhnlichen Jahr in Salzburg, wo er im vergangenen Herbst in 22 Spielen 28 Tore erzielte (acht davon in seiner Debütsaison in der Champions League) auch in Dortmund (16 Treffer in 18 Spielen, Anm.) voll eingeschlagen.

„Ich werde mich weiter entwickeln“

„Ich bin glücklich, aber es hätte gleichzeitig besser sein können“, sagte der Jungstar bei einer Pressekonferenz des norwegischen Verbands. „Ich verbessere mich, und das ist positiv. Ich werde mich weiter entwickeln, ein noch besseres Jahr haben“, betonte Haaland, dessen Selbstbewusstsein auch Norwegens Nationalteam anstecken soll.

Das bisher letzte Länderspiel von Haaland, der bei der U20-WM 2019 gegen Honduras neun Tore erzielt hatte, liegt ein Jahr zurück, noch hat er eben auch erst zweimal das Teamtrikot getragen und noch nicht getroffen, doch sein Standing im Team hat sich schlagartig verändert. Mit Aufmerksamkeit und dem Druck kann Haaland durchaus umgehen. „Davon habe ich geträumt, als ich klein war. Ich genieße es. Ich versuche mich auf das Fußballspielen zu konzentrieren und mich auf das zu konzentrieren, was ich seit meiner Kindheit immer getan habe.“

Fjörtoft betonte: „Er hat keine Zauberformel, er arbeitet sehr hart.“ Norwegens Teamchef Lars Lagerbäck, immerhin schon 72 Jahre alt, könne sich kaum an einen Spieler erinnern, der in so jungen Jahren so gute Leistungen erbracht habe, merkte der Schwede hinsichtlich dessen explosionsartiger Entwicklung an. „Er ist gut im Strafraum und kann das Spiel dort sehr gut lesen.“ Es helfe nicht nur, gut zu finishen, man müsse auch am richtigen Ort sein, ergänzte Lagerbäck, der dem Youngster auf der anderen Seite aber auch den Druck nehmen will.

Nicht nur Haaland habe Potenzial

Doch nicht nur Haaland hat mit Borussia Dortmund einen prominenten Arbeitgeber. Viel werde in Norwegen laut Fjörtoft davon abhängen, ob auch Spielmacher Martin Ödegaard von Real Madrid der nächste Schritt gelinge. Ödegaard wurde einst als „Wunderkind“ mit 16 Jahren verpflichtet, seither aber stets verliehen. Der 21-Jährige muss gegen Österreich wegen Knieproblemen passen. „Seine Kreativität fehlt. Er ist einer, der andere Spieler ansteckt, der immer den Ball haben will.“

Seine Landsleute hätten dennoch die Voraussetzungen, ein Spiel zu machen. „Um Haaland herum gibt es Schnelligkeit. Es ist eine Einheit, der Teamspirit ist sehr gut.“ Mittelfeldspieler Sander Berge von Sheffield United, der im Herbst noch für KRC Genk in der Champions League gegen Salzburg spielte, und Verteidiger Kristoffer Ajer von Celtic Glasgow (beide 22) sind weitere vielversprechende Akteure.

Der norwegische Fußballer Martin Odegaard.
Reuters/Norsk Telegrambyra As
Martin Ödegaard wurde einst mit 16 Jahren als „Wunderkind“ von Real Madrid verpflichtet

Fjörtoft hofft auf einen Aha-Effekt und verglich die Situation mit Österreich: „David Alaba ist ein Weltklassespieler. Es ist so entscheidend für ein Land, solche Vorbilder zu haben.“ Diese Rolle soll wohl eher früher als später Haaland bei den Norwegern einnehmen.

Norwegen und Österreich wollen Durststrecken beenden

Norwegen könnte wie Österreich schon bei der EM 2021 dabei sein, kämpft aber noch um die Qualifikation. Seit der EM 2000 waren die Skandinavier bei keinem großen Turnier vertreten. Das würde sich mit Heimsiegen im Play-off gegen Serbien (8. Oktober) und gegen den Sieger aus Schottland gegen Israel (12. November) ändern. Fjörtoft, 71-facher Nationalspieler (20 Tore) und mit Norwegen 1994 WM-Teilnehmer: „Für die Entwicklung wäre das sehr wichtig.“

Dafür sorgen soll Lagerbäck, der seit 2017 im Amt ist und nur eines der jüngsten zehn Länderspiele verlor. Gegen Österreich hat Lagerbäck zudem eine positive Bilanz von zwei Siegen und zwei Remis in vier Spielen: Bei der EM 2016 coachte er Island sensationell ins Viertelfinale, auf dem Weg dorthin wurde das ÖFB-Team mit 2:1 bezwungen.

Österreich hat unterdessen seit 41 Jahren nicht mehr gegen Norwegen gewonnen. Die rot-weiß-rote Auswahl hält mit sieben Siegen in zehn Spielen zwar eine klar positive Bilanz, in den jüngsten drei Partien gab es aber zwei Niederlagen und ein Remis. Die bisher letzten Siege gegen Norwegen gelangen den Österreichern 1978 und 1979. Das jüngste Duell erfolgte im Jahr 2002. Beim 0:1 im Test des ÖFB-Teams im Wiener Hanappi-Stadion absolvierte Rekordnationalspieler Andreas Herzog sein 100. von insgesamt 103 Länderspielen.