Dominic Thiem mit erhobener Faust jubelnd
AP/Seth Wenig
Tennis

Thiem krönt seinen Werdegang

Bereits seit dem Teenageralter ist erwartet worden, dass Dominic Thiem ein ganz Großer im Tennis wird. Seit Jahren in den Top Ten und ausgestattet mit zahlreichen Erfolgen hat der 27-jährige Niederösterreicher mit dem Triumph bei den US Open nun seinen Werdegang vom Rohdiamanten zum Grand-Slam-Sieger endgültig abgeschlossen. „Die Leistung war eines Champions würdig“, urteilte selbst Thiems langjähriger Coach Günter Bresnik nach dem denkwürdigen Finalsieg über Alexander Zverev in der Ö1-Sendung „Journal um acht“.

Mit dem Triumph nach 0:2-Satzrückstand gelang Thiem ein Karrierehöhepunkt, dem allerdings weitere folgen können und auch sollen. Der Weltranglistendritte hat alle Chancen, zu einem der größten österreichischen Sportler aller Zeiten zu werden. Den Durchbruch zum Weltstar hat Thiem aber mit dem ersten Grand-Slam-Triumph eines Österreichers im Einzel auf Hartplatz bzw. dem zweiten nach Thomas Muster (French Open 1995) nun endgültig geschafft.

Mit dem ersten Major-Titel nach drei verlorenen Finalduellen sind wohl auch die letzten Zweifler an der Karriere Thiems verstummt. Thiem habe den Titel wahrscheinlich mehr als jeder andere verdient, schrieb etwa Novak Djokovic in den Sozialen Netzwerken. Er wisse aus Erfahrung, dass der erste Grand-Slam-Erfolg eine „große Erleichterung“ sei, sagte der Weltranglistenerste. „Man fängt an, mehr an sich zu glauben und hat weniger Druck.“

Thiem gewinnt US-Open

Bereits seit dem Teenageralter ist erwartet worden, dass Dominic Thiem ein ganz Großer im Tennis wird. Seit Jahren in den Top Ten und ausgestattet mit zahlreichen Erfolgen hat der 27-jährige Niederösterreicher mit dem Triumph bei den US Open nun seine Entwicklung vom Rohdiamanten zum Grand-Slam-Sieger endgültig abgeschlossen.

Ein Umstand, den auch Bresnik als Basis für weitere Grand-Slam-Titel sieht. Das Gesamtpaket dafür ist bei Thiem laut dem Ex-Coach das beste. „Das sage ich seit Jahren. Das hat er jetzt endlich bestätigt. Und ich hoffe, dass das jetzt endlich ein entsprechender Boost für die Zukunft sein wird, weil der wird sich nicht mit einem Grand-Slam-Titel zufriedengeben“, sagte Bresnik über den Erfolgshunger von Thiem.

Topeinstellung seit frühester Jugend

Eine Einstellung, die Bresnik bei seinem Ex-Schützling schon in frühester Jugend erkannte. „Der Bursche hat mich kein einziges Mal gefragt, wann das Training vorbei ist“, erzählte Bresnik. Der Ehrgeiz Thiems, aber auch der gewaltige finanzielle und zeitliche Einsatz der gesamten Familie Thiem – der Großvater begleitete etwa den jungen Thiem zu Turnieren in Kroatien – war für Bresnik ein wichtiger Grundpfeiler für den Erfolg.

Den Grundstein legte Thiem mit seinem Langzeitcoach, Mentor und Manager Bresnik ab dem achten Lebensjahr. Thiems Eltern Wolfgang und Karin sind nicht nur selbst Tennislehrer, sondern schenkten Bresnik schon früh das bedingungslose Vertrauen. Der Coach nahm sogar abseits des Courts Einfluss auf die Erziehung Thiems und formte aus dem Rohdiamanten, der schon in frühen Tagen die Jugendszene dominiert hatte, einen sportlichen Edelstein.

Archivbild von Dominic Thiem und Trainer Günther Bresnik aus dem Jahre 2011
GEPA/Hans Osterauer
Günter Bresnik war als Coach und Manager 17 Jahre lang an Dominic Thiems Seite

Mit einhändiger Rückhand zum Erfolg

Dabei war es nicht immer einfach für Thiem: Besonders als Bresnik dem Zwölfjährigen die beidhändige Rückhand abgewöhnte. Bresnik wusste aber, dass Thiem weder mit diesem „B-Hander“ noch mit dessen viel zu passivem Spielstil dorthin kommen würde, wo er hin will. Als Bresnik dem Schützling die zweite Hand vom Schläger weggenommen hatte, verlor Thiem reihenweise Matches. Die Trainerszene schüttelte den Kopf, wie Bresnik u. a. auch in seinem Buch „Die Dominic Thiem Methode“ eindrucksvoll beschreibt, doch der Blick war in die Zukunft gerichtet.

Mit 21 Jahren holte Thiem dann in Nizza am 23. Mai 2015 seinen ersten Titel auf der ATP-Tour. Am 6. Juni 2016 stand der Lichtenwörther nach seinem ersten Einzug ins Halbfinale von Roland Garros erstmals in den Top Ten. Nicht einmal ist er seither aus diesem Kreis herausgefallen, ein Beweis für Stabilität und Konstanz auf hohem Niveau. Im März 2019 gelang Thiem mit dem Finalsieg über Roger Federer auch der erste Titel auf Masters-Niveau.

Bruch mit Langzeitcoach Bresnik

Wenige Wochen danach kam dann aber der Bruch mit Bresnik nach 17 gemeinsamen Jahren. Schrittweise wurde zunächst der im Februar verpflichtete Touringcoach Nicolas Massu zum Hauptcoach und nur wenige Tage vor den French Open kam nach zähen Verhandlungen auch die Trennung vom Manager Bresnik. Die Funktion Trainer/Manager wurde gesplittet, der neue Manager ist Herwig Straka.

Coach von Dominic Thiem Nicolas Massu
APA/EXPA/Stefan Adelsberger
Mit Nicolas Massu kam mehr Emotionalität in die Box von Dominic Thiem

„Hoffentlich war es der letzte große Schritt in meiner Karriere, der mich zu den ganz großen Erfolgen führt. Deshalb habe ich es gemacht. Natürlich haben ein paar andere Dinge auch eine Rolle gespielt“, erklärte Thiem danach. Aber er werde Bresnik immer dankbar sein. „Günter hat mich von einem Kind, das nicht Tennis spielen hat können, bis ganz nach oben geführt, was ein Wahnsinn ist“, sagte Thiem.

Unter Massu wurde die Entwicklung vom Sandplatzspezialisten zum Allrounder vorangetrieben. Alleine 2019 holte Thiem drei seiner insgesamt fünf Turniersiege auf Hartplatz. Zudem gelang ihm letztes Jahr auch endlich vor eigenem Publikum der Durchbruch: Titel in Kitzbühel und Wien – das war zuvor keinem Österreicher gelungen, schon gar nicht im selben Jahr. „Natürlich hat sich mein Spiel auf Hartplatz sehr verbessert, seit ich mit Nico arbeite“, sagte Thiem bei der Siegespressekonferenz in Flushing Meadows.

„Experiment“ mit Muster scheitert

Nach seinem bisher erfolgreichsten Jahr holte sich Thiem Anfang 2020 mit Hilfe von Straka auch noch Thomas Muster als Berater für 20 Wochen ins Boot. Dieses „Experiment“ ging aber schief – und Thiem vollzog einen beachtlichen Schritt: Weil die Charaktere nicht so harmonierten wie es sich Thiem vorgestellt hatte, trennte er sich noch während der Australian Open nach der zweiten Runde vom Steirer. Und verlor dann erst im Endspiel in Melbourne nach 2:1-Satzführung gegen Novak Djokovic.

Dominic Thiem und Thomas Muster
GEPA/Matthias Hauer
Die Zusammenarbeit von Thomas Muster und Dominic Thiem hielt nur kurze Zeit

Titel in New York öffnet US-Markt

Für den auch auf der ATP-Tour wegen seiner Bescheidenheit, seiner guten Manieren und seiner Freundlichkeit beliebten Niederösterreicher sind Begegnungen mit den Legenden dieses Sports wie Federer, Rafael Nadal und Djokovic Normalität. Längst ist er nicht nur anerkannt, sondern auf dem Platz gefürchtet. Thiem hat alle Größen schon mehrmals geschlagen. Alleine in den letzten zwölf Monaten hat Thiem eine 7:2-Bilanz gegen die „Big three“.

Mit dem Titel in New York hat sich für den mittlerweile 17-fachen Turniersieger nun auch der US-Markt geöffnet. „Wo er es geschafft hat, wie er es geschafft hat, die Art und Weise wie das Match gelaufen ist, ist natürlich eine tolle Geschichte und im Marketing muss man Geschichten erzählen, und es hilft definitiv“, weiß Manager Straka, der das Finale in New York als „episch“ und „eines für die Geschichtsbücher“ bezeichnete.

Dominic Thiem mit US Open Pokal
APA/AFP/Getty Images/Matthew Stockman
Der erste Grand-Slam-Pokal seiner Karriere hievte Dominic Team in eine neue Liga

„Er kann mehr werden“

Ein Manko war vielleicht die Turnierplanung, deren Opfer Thiem manchmal wurde. Doch gemeinsam mit Neo-Manager Straka und Massu hat er diese angepasst. Straka sieht jedenfalls großes Potenzial, wie er der APA schon im Mai des Vorjahres in Paris verraten hat. „Ich glaube, er kann mehr werden als der neue Andy Murray. Er kann der neue Nadal, Federer, Djokovic der neuen Generation werden, die zehn Jahre jünger ist“, sagte Straka.

Bleibt Thiem gesund, dann kann er ein echter Superstar werden, für viele Tennisfans weltweit ist er es schon. Seine einhändige Rückhand schlägt er wie aus dem Bilderbuch, seine Vorhand erreicht Drallgeschwindigkeiten, die selbst jene von Nadal überbieten, und auch sein Kickaufschlag ist gefürchtet. „Ich glaube wirklich, dass 2020 für mich sogar noch besser werden kann“, hatte Thiem schon in London angekündigt. Und im Coronavirus-Krisenjahr hat er das nun in New York auch endgültig und eindrucksvoll bewiesen.