S. unterstrich, dass es ihm nicht um Geld gegangen sei, sondern dass er nur kostendeckend gearbeitet habe. „Ich habe mit Doping keinen Gewinn erzielt“, hieß es in der Erklärung. Von den Athleten habe er normalerweise pro Saison 5.000 Euro als Grundbetrag für die Betreuung erhalten – intensivere Maßnahmen kosteten mehr.
Er habe große Ausgaben etwa durch spezielles Equipment zur Blutaufbereitung sowie durch Reisekosten gehabt. Bei der Verhandlung demonstrierte der Arzt in dem Gerichtssaal des Justizpalastes an diversen Maschinen, wie diese funktionieren.
„Athleten nicht in Gefahr gebracht“
Darüber hinaus widersprach er dem Vorwurf, die Athleten durch die Behandlungen in Gefahr gebracht zu haben. „Mir war immer wichtig, dass den Sportlern kein gesundheitlicher Schaden zugefügt wird.“ Zu einem Fall in der Anklage, wonach er einer Mountainbikerin ein gefährliches Präparat verabreicht habe, sagte er, dass er der Österreicherin sehr wohl berichtet habe, dass er selbst keine Tests mit dem Mittel durchgeführt habe. Die Staatsanwaltschaft wirft S. in diesem Fall gefährliche Körperverletzung vor.
Arzt legt Geständnis in „Aderlass“-Prozess ab
Der Mediziner Mark S. hat als Hauptangeklagter im „Aderlass“-Dopingprozess in München ein umfassendes Geständnis abgelegt und Manipulationen seit 2012 eingeräumt.
Insgesamt listet die Staatsanwaltschaft München fast 150 Vergehen gegen den Mediziner auf. S. räumte die meisten Taten ein, widersprach aber auch in gut einem Dutzend der aufgelisteten Fälle.
Aussagen der Helfer bestätigt
In den ersten beiden Prozesswochen sagten bereits zwei Helfer von S. – eine Krankenschwester und ein Rettungssanitäter – aus und bestätigten weitgehend die Ergebnisse der Ermittlungen in der „Operation Aderlass“. Der Erfurter Arzt habe sie damit beauftragt, Sportlern an diversen Orten Blut abzunehmen und zuzuführen. Das bestätigte nun auch der Mediziner selbst. Der Vater von S. als weiterer Angeklagter hatte ausrichten lassen, von den Machenschaften seines Sohnes gewusst zu haben.
Einzig der fünfte Angeklagte in dem Verfahren, der Bauunternehmer Dirk Q., äußerte sich bisher nicht. Er sitzt neben S. seit Anfang 2019 in Untersuchungshaft, weil er laut Staatsanwaltschaft ebenfalls Athleten Blut entnommen und wieder injiziert hat, unter anderem während der Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang. Sein Anwalt hatte zu Beginn des Prozesses gefordert, das Verfahren wegen angeblich mehrerer Unrechtmäßigkeiten einzustellen.
„Liebe zum Sport“ als Antrieb
S. berichtete von seiner Zeit als Teamarzt der Radrennställe Gerolsteiner und Milram von 2007 bis 2010. Obwohl die beiden Teams wegen Dopingfällen aufgelöst worden waren, stritt er ab, in jene Manipulationen verwickelt gewesen zu sein. „Warum ich mich danach entschloss, Eigenblutdoping anzuwenden, das kann ich nicht sagen. Die Faszination und die Liebe zum Sport waren die Antriebswelle für diese Entscheidung“, ließ der Thüringer verlesen.
Er gab an, dass er von teilweise abenteuerlichen Dopingmethoden erfahren habe. Er habe aber den Sportlern auf „höchstem Niveau“ helfen wollen. „Leider habe ich aus den Augen verloren, dass ich dem Sport dadurch schade“, sagte er. In dem Prozess sind insgesamt 26 Verhandlungstage anberaumt, ein Urteil wird kurz vor Weihnachten erwartet.
Dürr-Aussagen als Auslöser
Die Ermittlungen hatten im Jänner 2019 nach der ARD-TV-Dokumentation „Die Gier nach Gold – Der Weg in die Dopingfalle“ und den darin getätigten Aussagen des österreichischen Langläufers Johannes Dürr begonnen. Am 27. Februar 2019 kam es daraufhin zu zwei Razzien, eine bei der nordischen Ski-WM in Seefeld und zugleich eine in Erfurt, bei der auch S. verhaftet wurde.
In Seefeld wurde ÖSV-Langläufer Max Hauke während einer Bluttransfusion überrascht und wie sein Teamkollege Dominik Baldauf unmittelbar vor einem WM-Start festgenommen. Insgesamt waren 23 Sportler aus acht Nationen in die Causa verwickelt, neben den Langläufern Dürr, Hauke, Baldauf und Harald Wurm unter anderen auch die österreichischen Radprofis Stefan Denifl und Georg Preidler. Die prominentesten Kunden von S. sollen aber Tour-de-France-Etappensieger Alessandro Petacchi aus Italien und der Langlauf-Doppelolympiasieger Andrus Veerpalu aus Estland gewesen sein.