Novak Djokovic und Pablo Carreno Busta
APA/AFP/Martin Bureu
French Open

Harsche Kritik an „Schauspieler“ Djokovic

Dem „Traumfinale“ im Herren-Einzel der French Open in Paris zwischen der Nummer eins Novak Djokovic und der Nummer zwei Rafael Nadal stehen nur noch der Grieche Stefanos Tsitsipas bzw. der Argentinier Diego Schwartzman im Weg. Sowohl Djokovic als auch Nadal agierten bisher souverän, obwohl Erstgenannter im Viertelfinale vermeintlich mit körperlichen Problemen zu kämpfen hatte. Für seinen unterlegenen Gegner Pablo Carreno Busta waren die Einlagen des Serben aber nur allerhöchste Schauspielkunst.

Djokovic gab am Mittwoch beim 4:6 6:2 6:3 6:4 über den Spanier Carreno Busta erstmals im laufenden Turnier in Roland Garros einen Satz ab. Im verlorenen ersten Satz wirkte der Serbe jedoch nicht auf der Höhe. Der 33-Jährige ließ sich seinen Nacken tapen, und seine Bewegungen schienen im ersten Satz eingeschränkt zu sein. Dann ließ er sich vom Physiotherapeuten am linken Oberarm behandeln. Zudem klagte Djokovic auch nach dem letztendlich souveränen Aufstieg ins Semifinale über Nacken- und Schulterprobleme.

Carreno Busta nahm der Nummer eins die Probleme aber nicht ab. Der als Nummer 17 gesetzte Spanier unterstellte Djokovic vielmehr unsportliches Verhalten. „Jedes Mal, wenn ein Match kompliziert wird, fragt er nach medizinischer Hilfe. Das macht er schon seit langer Zeit. Ich wusste, dass es bei den US Open passieren wird, es hier passieren wird und auch weiter passieren wird“, sagte Carreno Busta im spanischen Teil seiner Pressekonferenz.

Novak Djokovic
GEPA/Patrick Steiner
Das schmerzverzerrte Gesicht von Djokovic war laut Carreno Busta nur gespielt

Der 29-Jährige stellte sogar den psychischen Zustand des Serben, der heuer sportlich noch ungeschlagen ist, infrage. „Ich weiß nicht, ob er wirklich Schmerzen hat oder ob er psychische Probleme hat, aber er spielt danach immer normal weiter, oder?“, sagte Carreno Busta. Detail am Rande: Schon das Duell zwischen Djokovic und Carreno Busta bei den US Open endete kontroversiell. Damals wurde der Serbe vom Turnier ausgeschlossen, nachdem er eine Linienrichterin mit einem aus Frust weggeschossenen Ball am Hals getroffen hatte.

Tsitsipas nimmt Thiem zum Vorbild

Djokovic hatte hingegen behauptet, sich beim Aufwärmen Teile seines Oberkörpers beleidigt zu haben. „Ich habe mich nicht gut gefühlt, als ich heute auf den Platz gekommen bin. Ein paar Dinge sind beim Aufwärmen passiert“, sagte der 33-Jährige, der in Paris bisher einmal – 2016 – triumphiert hat. Erst bei fortschreitender Partie habe er sich besser gefühlt. Genaueres wollte er nicht preisgeben. „Ich bin noch im Turnier“, sagte der Weltranglistenerste.

Nächster Gegner ist nun der als Nummer fünf gesetzte Tsitsipas. Und auch gegen den Griechen sind emotionale Ausbrüche von Djokovic und etwaige Versuche, den Gegner aus der Balance zu bringen, nicht auszuschließen. Denn im direkten Vergleich steht es „nur“ 3:2 für den Serben. Tsitsipas steht allerdings erst zum zweiten Mal nach den Australian Open 2019 in einem Major-Semifinale, Djokovic allein in Paris schon zum zehnten Mal. Der 22-jährige Grieche hat seinen bisher größten Titel im November 2019 geholt: Bei den ATP-Finals in London hatte er Dominic Thiem im Endspiel hauchdünn mit 6:7 6:2 7:6 bezwungen.

Thiem zieht nach French-Open-Aus Bilanz

Dominic Thiem schied im Viertelfinale der French Open nach einem Fünfsatzkrimi gegen den Argentinier Diego Schwartzmann aus. Er zieht nach der Niederlage ein positives Resümee.

Und der Österreicher ist für Tsitsipas auch eine Art Vorbild, wie dieser nach seinem Dreisatzsieg über den Russen Andrej Rublew sagte: „Dominic inspiriert mich sehr. Was Dominic erreicht hat, ist erstaunlich. Dass er hier zwei Finale in Folge erreicht hat, ist wirklich motivierend. Ich glaube, ich kann viel von ihm lernen und es meinem Spiel hinzufügen. Von den jüngeren Spielern ist er jemand, zu dem ich wirklich aufschaue“, sagte der Weltranglistensechste und streute dem US-Open-Champ Rosen.

Chance zur Revanche für Nadal

Auch Nadals letzte Hürde vor seinem möglichen 13. Roland-Garros-Endspiel hat starken Thiem-Bezug. Schwartzman ist nicht nur Thiems Viertelfinal-Bezwinger, sondern auch einer der besten Freunde des Niederösterreichers. Doch der Argentinier, der mit dem erstmaligen Einzug in ein Major-Halbfinale ab Montag als Achter erstmals in den Top Ten aufscheinen wird, ist gegen Nadal eigentlich noch größerer Außenseiter.

Daran ändert nichts, dass Schwartzman zuletzt im Viertelfinale von Rom einen überraschenden 6:2 7:5-Sieg feierte. Für Nadal war Rom das erste Tour-Event seit Februar gewesen. Und in seinem „Wohnzimmer“ in Paris, im „Best of five“-Modus, ist Nadal zwei Klassen stärker einzuschätzen. Standesgemäß hat der 34-jährige Mallorquiner bisher auch keinen Satz abgegeben. Von bisher zehn Begegnungen mit Schwartzman hat Nadal nur jene in Rom verloren.

French Open in Paris

Herren-Einzel

Halbfinale:
Novak Djokovic (SRB/1) Stefanos Tsitsipas (GRE/5) 6:3 6:2 5:7 4:6 6:1
Rafael Nadal (ESP/2) Diego Schwartzman (ARG/12) 6:3 6:3 7:6 (7/0)
Viertelfinal-Tableau:
Novak Djokovic (SRB/1) Pablo Carreno Busta (ESP/17) 4:6 6:2 6:3 6:4
Stefanos Tsitsipas (GRE/5) Andrej Rublew (RUS/13) 7:5 6:2 6:3
Diego Schwartzman (ARG/12) Dominic Thiem (AUT/3) 7:6 (7/1) 5:7 6:7 (6/8) 7:6 (7/5) 6:2
Rafael Nadal (ESP/2) Jannik Sinner (ITA) 7:6 (7/4) 6:4 6:1

Damen-Einzel

Halbfinale:
Iga Swiatek (POL) Nadia Podoroska (ARG) 6:2 6:1
Sofia Kenin (USA/4) Petra Kvitova (CZE/7) 6:4 7:5
Viertelfinal-Tableau:
Iga Swiatek (POL) Martina Trevisan (ITA) 6:3 6:1
Nadia Podoroska (ARG) Jelina Switolina (UKR/3) 6:2 6:4
Sofia Kenin (USA/4) Danielle Collins (USA) 6:4 4:6 6:0
Petra Kvitova (CZE/7) Laura Siegemund (GER) 6:3 6:3