Gregor Schlierenzauer
GEPA/Patrick Steiner
Skispringen

Schlierenzauers Feuer noch nicht erloschen

Am 6. Dezember 2014 ist Gregor Schlierenzauer in Lillehammer zum 53. und bisher letzten Mal bei einem Weltcup-Bewerb auf der obersten Stufe des Podests gestanden. Eine Woche später holte der Tiroler seinen bisher letzten Podestplatz. Danach folgten Verletzungen und fast der Absturz in die sportliche Bedeutungslosigkeit. Trotzdem brennt das Feuer des Ehrgeizes beim Weltcup-Rekordsieger ungebrochen. „Der Weg zurück ist hart und steinig. Ich werde versuchen, mich nach vorne zu arbeiten“, so der 30-Jährige.

Beim Saisonauftakt am kommenden Wochenende im polnischen Wisla versucht Schlierenzauer einmal mehr Anschluss an die Spitze zu finden. Die vergangene Saison gibt dem Tiroler Hoffnung. Denn Schlierenzauer war im letzten Winter als Vierter in Nischnij Tagil nahe dran an seinem ersten Podestplatz seit nunmehr sechs Jahren. Mit dem Sprung aufs Stockerl hätte sich der Kreis geschlossen, denn ausgerechnet in Nischnij Tagil war Schlierenzauer im Dezember 2014 als Zweiter zuletzt auf dem Stockerl gelandet.

Dazu nährt die Zusammenarbeit mit dem neuen Cheftrainer Andreas Widhölzl und seinem Coach Werner Schuster die Zuversicht des 53-fachen Gewinners von Einzel-Springen. "Ich hoffe, dass ich das Ziel, ganz nach oben zu kommen, bestätigen kann, so Schlierenzauer. Er spüre, in der Vorbereitung wieder weitergekommen zu sein. Trotz der Routine von 15 Weltcup-Saisonen sieht sich der Tiroler aber weiterhin in einem „Entwicklungsjahr“.

Anders Fanneme, Gregor Schlierenzauer und Michael Hayböck
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Im Dezember 2014 durfte Schlierenzauer zuletzt auf einem Siegerfoto in der Mitte stehen

Teilerfolge wie der Gewinn des ÖSV-Titels auf der Normalschanze bestärken Schlierenzauer. Es gebe aber Details in seinem Sprung, die es zu verbessern gelte. „Wenn die Feinheiten nicht zusammenstimmen, kann es auf einer kleinen Schanze funktionieren, aber beim Skifliegen nicht mehr. Umgekehrt, wenn man sein Set-up beisammen hat, kann man fast überall gewinnen“, betonte der zweifache Weltcup-Gesamtsieger. „Jetzt gilt es, den nächsten Schritt zu gehen, nicht nur einen guten Absprung zu machen, sondern alles sehr gut zu verbinden und mein volles Potenzial abzurufen.“

„Nach wie vor sehr erfüllend“

Die Erwartungen des Stubaiers für den Saisonauftakt sind noch nicht allzu groß. „Wisla war immer eine Schanze, auf der ich mir schwerer getan habe“, sagte Schlierenzauer. Doch jeder Sprung sei wertvoll, denn der Routinier setzt auch in der Coronavirus-Pandemie auf viele Wettkämpfe. „Ich hoffe, dass ich mich in den Top 15 einstimmen kann und mit dem Wettkampfrhythmus immer besser werde. Ich bin gespannt, wenn ich dann einmal einen Wettkampf mache, in dem ich die guten Trainingsleistungen abrufen kann, wie weit es reicht. Das ist jedes Jahr der Kitzel und das Spannende“, so Schlierenzauer.

Gregor Schlierenzauer
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Im Vorjahr schaffte es der Tiroler, hier beim Bewerb in Bischosfhofen, die nötige Konstanz aufzubauen

Eine Frist für die Umsetzung seiner geplanten Steigerung setzt sich der ehemalige Einzel- und Skiflug-Weltmeister aber nicht. „Man kann nicht alles planen und nicht alles kontrollieren. Das Leben zeigt uns das jetzt gerade“, erklärte der Team-Senior. „Es ist nach wie vor sehr erfüllend für mich, ich bin sehr motiviert und will mich wieder zurückbeißen nach oben. Das ist nicht einfach, aber eine tolle Herausforderung für meine Geschichte, meine Karriere, aber auch als Mensch.“ Es gebe jedoch keine Sicherheit, dass er es auch zurück zur Spitze schaffe: „Aber es wäre schön. So oder so, es fühlt sich für mich richtig an.“

Eines scheint jedenfalls klar: Auch der Winter 2020/21 wird wohl nicht der letzte mit dem Namen Schlierenzauer in den Startlisten sein. Denn der Tiroler hat eine Teilnahme an den Olympischen Spielen 2022 in Peking auf der To-do-Liste. Es wären nach Vancouver 2010, Sotschi 2014 und Pyeongchang 2018 die vierten für den einstigen Überflieger. Die Motivation, noch einmal von einem Olympiabakken zu fliegen, ist verständlich, denn obwohl Schlierenzauer eine Goldene mit der Mannschaft von 2010 zu Hause hat, ist ein Olympiasieg im Einzel das Einzige, was dem 30-Jährigen in seiner stattlichen Sammlung fehlt.