Schiedsrichter Ovidiu Hategan und Istanbul Basaksehir Coach diskutierend
Reuters/Charles Platiau
Champions League

Rassismuseklat schlägt hohe Wellen

Neymar, Kylian Mbappe und Co.: Nach dem am Dienstagabend abgebrochenen Champions-League-Spiel gegen Basaksehir Istanbul zeigten sich die Fußballer von Paris Saint-Germain auch im Internet solidarisch. Brasiliens Topstar Neymar veröffentlichte ein „Black Lives Matter“ und von Mbappe hieß es: „Say no to racism“.

Auslöser des Rassismuseklats im Prinzenparkstadion war der Ausschluss von Basaksehir-Assistent Pierre Webo in der 14. Minute wegen lautstarker Kritik am Unparteiischen.

Doch der 38-jährige Ex-Internationale aus Kamerun wurde dann noch lauter, weil er vom Vierten Offiziellen Sebastian Coltescu mit dem „N-Wort“ bezeichnet worden war. Das Refereeteam aus Rumänien verteidigte sich damit, nur das rumänische Wort für „Schwarzer“ (Rumän.: „negru“) benutzt zu haben und nicht das Schimpfwort.

Abbruch und Fortsetzung mit PSG-Sieg

Die Partie wurde schließlich beim Stand von 0:0 abgebrochen und am Mittwochabend fortgesetzt – mit neuem Schiedsrichterteam. Die UEFA kündigte zudem eine „gründliche Untersuchung“ des Vorfalls an. PSG gewann schließlich klar mit 5:1 und sicherte sich damit den Sieg in Gruppe H vor RB Leipzig. Neymar (21., 38., 50.) erzielte drei Tore der Franzosen, Weltmeister Kylian Mbappe (42./Elfmeter, 62.) war zweimal erfolgreich. Für den Ehrentreffer der Türken sorgte Mehmet Topal (57.).

Schiedsrichter Danny Makkelie
Reuters/Andreas Gebert
Der niederländische Schiedsrichter Danny Makkelie leitete die Fortsetzung am Mittwoch

Auch Politiker melden sich zu Wort

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan verurteilte „die rassistische Aussage gegenüber Pierre Webo“ und teilte via Twitter mit: „Wir sind bedingungslos gegen Rassismus und Diskriminierung im Sport und in allen Lebensbereichen.“

Frankreichs Sportministerin Roxana Maracineanu lobte das Verhalten der Spieler beider Teams. „Heute Abend haben Sportler, Athleten eine historische Entscheidung getroffen gegenüber einer Einstellung, die sie als inakzeptabel beurteilt haben“, schrieb die Ministerin am späten Dienstagabend auf Twitter. Sie warte die Ergebnisse der Untersuchung ab. „Aber ich kann die starke Symbolik ihrer Geste und ihrer Solidarität nur begrüßen.“

PSG-Spieler Demba Ba und andere waren nach dem Vorfall zu hören, wie sie lautstark darauf hinwiesen, dass die Schiedsrichter bei einem weißen Spieler auch nicht „der Weiße“ gesagt hätten, um diesen zu identifizieren. Basaksehir twitterte sofort nach dem Vorfall das Logo der UEFA-Kampagne „No to Racism – Respect“. In den Sozialen Netzwerken bekundeten Tausende ihre Solidarität.

Nicht der erste Vorfall mit Referee

Schiedsrichter Ovidiu Hategan, der versuchte, die Spieler zum Weitermachen zu bewegen, hatte schon einmal mit Rassismus in einem Champions-League-Match zu tun: Vor sieben Jahren leitete er die Partie von Manchester City bei ZSKA Moskau, in der ihn Yaya Toure auf beleidigende Rufe der russischen Anhänger aufmerksam gemacht hatte. Hategan hatte die Vorfälle in seinen Spielbericht aufgenommen, aber nichts dagegen unternommen. ZSKA war damals von der UEFA mit einem Teilausschluss der Zuschauer im nächsten Heimspiel sanktioniert worden.

Vierter Offizielle Sebastian Coltescu mit Istanbul Basaksehir Assistentcoach Pierre Webo und Schiedsrichter Ovidiu Hategan mit Istanbul Basaksehir coach Okan Buruk diskutieren heftig
Reuters/Charles Platiau
Rund um Coltescu (l.) entwickelten sich hitzige Diskusionen

FARE-Lob für die Spieler

Das Netzwerk Football Against Racism in Europe (FARE) gegen Diskriminierung sieht in den Ereignissen in Paris ein wichtiges Signal im Kampf gegen Rassismus. „Dass Basaksehir und PSG zusammen das Spielfeld verlassen haben, setzt ein Zeichen in Europa“, sagte FARE-Geschäftsführer Piara Powar der Nachrichtenagentur AP. Viele Fußballer seien halbherzige Maßnahmen gegen Rassismus leid und mehr denn je gewillt, bei Vorfällen selbst ein Spiel zu unterbrechen.

„Wenn Offizielle nicht mit ihrem eigenen Verhalten Standards setzen können, dann kann man sich auch nicht darauf verlassen, dass sie mit Rassismus auf dem Platz oder den Tribünen umgehen können“, sagte Powar. Das FARE-Netzwerk berät die UEFA bei der Strafverfolgung von Vorfällen wie in Paris.

„Da gibt es keine zwei Meinungen“

Dass sich die Unparteiischen aus Rumänien damit verteidigten, nur ihre Landessprache benutzt zu haben, ließ Powar nicht gelten. Denn nach Angaben von FARE werde es auch von Rumäniens staatlicher Antidiskriminierungsbehörde als rassistisch betrachtet, wenn ein Spieler über seine Hautfarbe angesprochen wird. „Da gibt es keine zwei Meinungen. Dieser Vorfall zeigt die Notwendigkeit für ein deutlich besseres Training der Offiziellen. Auch unbeabsichtigter Rassismus ist Rassismus“, sagte Powar.

Der Rumänische Fußballverband (FRF) drohte unterdessen mit Konsequenzen, sollten sich die Anschuldigungen bewahrheiten. „Der Rumänische Fußballverband distanziert sich mit Nachdruck von jeder Aktion oder Erklärung rassistischer oder fremdenfeindlicher Art“, hieß es in einer FRF-Stellungnahme am Mittwoch. Man habe die Vorgänge in Paris zur Kenntnis genommen und warte hierzu auf das Prüfungsergebnis der UEFA.