Skifahrerin Mikaela Shiffrin
AP/Gabriele Facciotti
Ski alpin

Shiffrin vor Rekord und Meilenstein

Das neue Jahr beginnt bei den alpinen Damen so, wie das alte geendet hat: mit einem Slalom. Mit der Schweizerin Michelle Gisin gab es zum Jahresausklang auf dem Semmering ein neues Siegergesicht, am Sonntag (12.30 Uhr bzw. 16.00 Uhr, live in ORF1) haben die Stars wie Petra Vlhova und Mikaela Shiffrin in Zagreb die Chance, zurückzuschlagen. Letztgenannte hat nicht nur ein rundes Jubiläum im Visier, sondern kann sich auch zur Rekord-„Schneekönigin“ aufschwingen.

Gemeinsam mit Marlies Raich (vormals Schild) hält Shiffrin bei dem Rekord von vier Siegen im Kampf um die „Snow Queen Trophy“ auf dem Sljeme vor den Toren der kroatischen Hauptstadt. Im Vorjahr schrammte die US-Amerikanerin knapp am Rekordsieg vorbei. Damals hatte Shiffrin der Slowakin Vlhova den Vortritt lassen müssen. Aber schon ein Podestrang würde zusätzlichen Glanz in die persönliche Erfolgsliste bringen, wäre das doch der 100. im Weltcup.

Mit dem Sieg von Gisin, die auch in Zagreb wieder eine heiße Anwärterin auf einen Spitzenplatz ist, ging nicht nur eine seit 20. Jänner 2002 währende Schweizer Durststrecke im Slalom zu Ende, sondern erstmals seit mehr als drei Jahren stand in dieser Disziplin nicht der Name Shiffrin oder Vlhova an der Spitze einer Resultatsliste. Seit dem Erfolg der mittlerweile zurückgetretenen schwedischen Olympiasiegerin Frida Hansdotter am 10. Jänner 2017 in Flachau bis zu Gisins Coup gewannen nur die US-Amerikanerin oder die Slowakin einen Slalom.

Vorschau auf Damen-Slalom in Zagreb

Die ÖSV-Torlauf-Damen wollen am Sonntag in Kroatien zeigen, dass sie nach sechs Jahren ohne Sieg wieder reif für das Podest sind.

Die Chance, die alte Rangordnung wiederherzustellen, bietet sich auch in Zagreb – wegen der Coronavirus-Pandemie ohne Unterstützung der Fans. Die Atmosphäre gleiche normalerweise jener in einem Fußballstadion, sagte Shiffrin, die die Bemühungen der Organisation, das Rennen auch nach dem Erdbeben südöstlich von Zagreb durchzuführen, hervorhob. „Das zeigt, wie sehr sie das Rennen wollen. Das ist unglaublich.“ Die Organisatoren werden 50.000 Euro – zu gleichen Teilen aus Preisgeld und Budget – für die Opfer spenden.

Shiffrin tüftelt am Equipment

Was ihre Slalom-Form betrifft, hat die Gewinnerin von 67 Weltcup-Rennen das Gefühl, dass sie seit dem Beginn der vergangenen Saison noch nicht wieder das Toplevel erreicht hat. Sie habe in den vergangenen Wochen viel an der Materialabstimmung gearbeitet. „Ich ändere nicht oft was beim Equipment, aber kleine Details können einen großen Unterschied ausmachen. Ich fühle, dass mein Skifahren zurückkommt“, erklärte Shiffrin. An den Fehlern auf dem Semmering habe sie geknabbert. „Ich habe mich über den Podestplatz gefreut. Aber der letzte Schritt ist der härteste. Sei geduldig, sage ich mir. Aber nicht zu sehr.“

Der 100. Podestplatz in einem Weltcup-Rennen würde jedenfalls in Shiffrins persönlicher Reihung einen Platz im Vorderfeld einnehmen. Müsste sie wählen, würden unter den bisher 99 die Siege in Abfahrt und Super-G im Jänner 2020 im bulgarischen Bansko ganz oben stehen. „Ich hatte Angst und nicht daran geglaubt, dass ich es durch diesen Kurs schaffe“, erinnerte sich Shiffrin, „und es waren die letzten Rennen, die mein Papa gesehen hat.“ Jeff Shiffrin war im vergangenen Februar bei einem Unfall ums Leben gekommen.

Liensberger macht sich keinen Druck

Den 99. Stockerlplatz fuhr die 25-Jährige vor dem Jahreswechsel als Dritte auf dem Semmering ein. Am Dienstag hatte Shiffrin neben Siegerin Gisin auch Katharina Liensberger den Vortritt lassen müssen. Die Vorarlbergerin war beim Heimrennen auf österreichischem Boden nur knapp an ihrem ersten Weltcup-Sieg vorbeigeschrammt. In Zagreb gehört Liensberger daher auch zum erweiterten Kreis der Favoritinnen. Was Hoffnung gibt: Im Vorjahr landete die 23-Jährige auf dem Sljeme auf Platz drei.

Skifahrerin Katharina Liensberger
GEPA/Mario Buehner
Liensberger durfte sich beim letzten Rennen 2020 über ihre bisher beste Platzierung im Weltcup freuen

„Ich weiß, dass ich noch Potenzial habe und es noch besser geht. Fehler findet man immer, und das ist auch gut so, das bringt einen weiter“, sagte Liensberger vor dem ersten Rennen 2021. Probleme mit der gestiegenen Erwartungshaltung hat sie nicht. „Ich mag Druck, das macht mir Spaß“, so die Vorarlbergerin. In Zagreb regnete es Samstag stark, die Organisatoren stehen bereit, die Piste mit Salz zu präparieren. „Ich mag den Bärenberg, er verlangt einem alles ab. Man braucht alles, das man hat“, sagte Liensberger.

Vorfreude auf "lässigen Hang

Auch Katharina Truppe, bisher in diesem Winter zweimal Siebente in Levi und Sechste am Semmering, reiste mit Selbstbewusstsein nach Kroatien. „Das ist ein lässiger Hang, da kann man sich was erwarten. Im Zielfinish gehört noch ein bisserl aufs Gas gedrückt“, weiß sie, woran es bei ihr noch hapert. Katharina Huber hat die „Angrifflust“ aus dem zweiten Semmering-Durchgang mitgenommen und sich vorgenommen, „nicht lange rumzufackeln, sondern Gas“ zu geben.

Das wollen auch Chiara Mair und Franziska Gritsch, denn die WM in Cortina d’Ampezzo rückt in großen Schritten näher. „Für ein Ticket muss man aufs Podium fahren können“, sagte Mitter. „Und ein Aspekt ist die Startnummer. Aber da stehen wir nicht so schlecht da.“ Eröffnet wird das Rennen am Sonntag von Mair, es folgen Truppe, Vlhova, Gisin, Shiffrin und Liensberger mit der Sechs.