Jubel des Zweiten im Ski-WM-Slalom, Adrian Pertl
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Ski-WM

Newcomer veredelt WM-Debüt

Es waren nicht die arrivierten ÖSV-Asse, die glänzten, sondern Adrian Pertl. Der 23-jährige Newcomer hat sein WM-Debüt im Slalom gleich veredelt und mit Silber für einen würdigen Abschluss der Weltmeisterschaft 2021 in Cortina gesorgt. Pertl sprang am Sonntag für seine Teamkollegen und allen voran Favorit Marco Schwarz ein, der nach Gold in der Kombi und Bronze im Riesentorlauf in seiner Lieblingsdisziplin scheiterte.

Pertl rechtfertigte das Vertrauen der Trainer, die ihm im Slalom den Vorzug gegenüber Fabio Gstrein, einem weiteren Jungstar, gegeben hatten. Zuletzt war er auf ähnlich weicher Piste Vierter in Chamonix gewesen, wo er in der vergangenen Saison als Dritter sein bisher einziges Weltcup-Podest geholt hatte. Zwei Wochen davor hatte er als Achter in Kitzbühel erstmals von sich reden gemacht. Mit stoischer Ruhe, die ihm zu eigen ist, nahm er in Cortina die Herausforderung der Besten der Welt an. Und er übertraf alle Erwartungen.

Ausgerechnet bei der WM stand er in der Entscheidung erstmals als Halbzeitführender am Start. Er zeigte keine Nerven, obwohl Schwarz vor ihm bei klarer Führung und das Podest vor Augen kurz vor dem Ziel gescheitert war. Pertl ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, machte das Notwendige, griff wieder an und musste sich mit dritter Laufzeit nur Sebastian Foss-Solevaag geschlagen geben. 0,21 Sekunden vor Pertl fuhr der Norweger seinen ersten Weltmeistertitel ein. „Wir haben nicht Gold verloren, sondern Silber gewonnen“, sagte ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel und brachte es damit auf den Punkt.

Überraschendes Slalom-Silber für Pertl

Adrian Pertl lag im letzten Rennen der Ski-WM nach dem ersten Durchgang in Führung. Der 24-jährige Kärntner sicherte sich am Ende überraschend Slalom-Silber. Der Sieg ging an den Norweger Sebastian Foss-Solevaag.

Nichts mehr zu verlieren

„Unglaublich, dass das so aufgegangen ist“, sagte Pertl. „Ich musste ja darum kämpfen, überhaupt am Start stehen zu dürfen. Dass ich jetzt mit einer Medaille nach Hause fahre, hätte ich mir nie gedacht. Ich bin überglücklich“, so Pertl, der als letztes Ass im Ärmel der Österreicher gestochen hatte. Michael Matt war als letztlich Neunter wie Schwarz geschlagen. Manuel Fellers Medaillenchancen waren schon nach Lauf eins als 24. dahin, im Finale schied der Tiroler wie Schwarz aus. Den Zielraum verließ er schnurstracks.

Pertl ließ die entscheidenden Momente sympathisch stoisch Revue passieren. Viel Zeit für Gedanken habe er vor dem Finale im Starthaus gehabt. „Da fängt man schon zu überlegen an, wo man Fehler machen könnte oder wie man durchs Ziel fährt. Das war nicht so ganz ohne, aber super, dass es geklappt hat“, sagte Pertl, der im Parallel-Bewerb in der Quali ausgeschieden war. „Im Slalom wusste ich deshalb, dass ich nichts mehr zu verlieren habe. So bin ich, glaub ich, auch zweimal gefahren. Super“, so Pertl. Die Piste sei super zu fahren gewesen.

ÖSV-Fahrer Adrian Pertl mit WM-Silbermedaille
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Mit Silber beim WM-Debüt im Slalom übertraf Pertl alle Erwartungen

„So eine coole Socke“

„So eine coole Socke und total fokussiert“, staunte Cheftrainer Andreas Puelacher. „Wir kennen ihn, und ich war mir sogar sicher, dass er eine Medaille holt. Er bringt es im Rennen immer auf den Punkt.“ Dass ÖSV-Coach Marko Pfeifer den zweiten Lauf schwierig gesetzt hatte, war kein Nachteil. „Wir versuchten, andere ein bisschen einzubremsen, sagen wir mal so. Das ist bei ein paar Läufern gelungen. Adrian hat sich die Medaille wirklich verdient, sehr gut, Chapeau. Seine Nominierung hat er vollauf bestätigt“, sagte Puelacher nach dem annähernd perfekten WM-Abschluss. „Drei Goldene, Bronze und Silber, viel besser geht es nicht.“

„Er hat sein bestes Skifahren ausgepackt“, zollte Matt, Slalom-WM-Zweiter in Aare vor zwei Jahren, dem neuen Vizeweltmeister Respekt. „Super, dass es sich für eine Medaille ausgegangen ist“, sagte der Tiroler und mit Bezug auf eine möglicherweise ebenso erfolgreiche Zukunft Pertls: „Wenn man gleich bei der ersten eine Medaille geholt hat, nimmt das für die nächsten Großereignisse ein bisschen Druck weg, weil man als Leistungssportler darauf hinarbeitet. Das ist das Ziel, das man erreichen will.“

Der Erfolg seines Kärntner Landsmanns ließ auch Schwarz seinen Ärger über den Ausfall rasch vergessen. „Ich freue mich irrsinnig für ihn. Hut ab vor seiner Leistung. Er ist ein cooler Hund. Bei seiner ersten WM als Führender oben zu stehen und super runterzufahren. Wunderschön, dass es bei ihm so gut gelaufen ist. Wir pushen uns gegenseitig und freuen uns, wenn es einem von uns aufgeht. Da kann ich ihm nur gratulieren“, sagte Schwarz, der die gute Stimmung im Team als einen der Gründe für die WM-Erfolge in Cortina ins Treffen führte.

Ausfall von ÖSV-Fahrer Marco Schwarz im WM-Slalom
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Für Favorit Schwarz platzte der Medaillentraum nach klarer Zwischenbestzeit kurz vor dem Ziel

Schwarz bleibt positiv

Für Schwarz selbst sei für die dritte Medaille alles angerichtet gewesen. Als Achter nach Lauf eins und nur 57 Hundertstel Rückstand auf Pertl bzw. 41 auf den Halbzeitdritten Solevaag war Schwarz als heißer Goldkandidat für die Entscheidung kolportiert worden. „Ich war auf einem sehr guten Weg, schade. Eine Medaille wäre sicher wieder drin gewesen.“ Ein „blöder Fehler“ setzte den Hoffnungen ein Ende. „Das hat mich brutal angezipft, weil ich wusste, dass ich gut unterwegs war“, so Schwarz. Erst Pertls Erfolg vermochte seine Stimmung wieder aufzuhellen.

An Schwarz’ positiver WM-Bilanz änderte die Nullnummer in seiner Lieblingsdisziplin nichts. In Aare hatte er neben Bronze in Slalom und Kombi mit Silber im Teambewerb sogar drei Medaillen erobert, diesmal erstmals Gold. „Wenn man mit zwei Medaillen von einer WM heimfährt, muss man schon sehr zufrieden sein. Der WM-Titel in der Kombi war richtig cool und Bronze im Riesentorlauf hätte ich mir niemals erträumen lassen. Umso schöner ist es jetzt, dass mir das gelungen ist“, sagte Schwarz. Schon am nächsten Samstag steht er mit seinen Kameraden beim Weltcup in Bansko am Start.