US-Langläuferin Jessica Diggins
AP/Petr David Josek
Nordische WM

Die möglichen Topstars von Oberstdorf

Wie vor jeder nordischen Ski-WM wird auch vor den am Mittwoch startenden Titelkämpfen in Oberstdorf spekuliert, wer der WM den Stempel aufdrücken kann. Traditionell haben die Langläufer die wohl größten Chancen, den absoluten Topstar zu stellen, bestreiten Jessica Diggins und Co. doch zwölf von 24 Entscheidungen. Allerdings hat auch eine Österreicherin die Chance, im Reigen der Stars mitzuspringen.

Neben den Langläufern dürften nämlich wohl die Weitenjäger auf der Normal- und Großschanze die besten Karten auf die Rolle des Hauptdarstellers in Oberstdorf haben. Insgesamt stehen am Fuße des Schattenberges sieben Medaillenvergaben im Skispringen an. Sich in Szene setzen könnten sich aber auch die männlichen Kombinierer, die bei den Titelkämpfen im bayerischen Landkreis Oberallgäu viermal um Edelmetall kämpfen. Im Überblick die möglichen Topstars der WM:

Die Chance auf den Gewinn mehrerer rot-weiß-rote Medaillen dürfte wohl im Springerlager am größten sein. Allerdings nicht bei den Herren, sondern bei den Damen. Von 46 in diesem Winter vergebenen Einzel-Podestplätzen haben Stefan Kraft und Co. nämlich gerade einmal drei erreicht. Mit einem ÖSV-Sieg hat es gar nicht geklappt, sehr wohl aber zweimal in Team-Events. Bei den Frauen schaut die Bilanz mit vier Stockerlplätzen in neun Bewerben ziemlich erfreulich aus. Dreimal stand mit Marita Kramer dabei sogar eine ÖSV-Springerin ganz oben.

Herrscherinnen und Herrscher der Lüfte

Marita Kramer (Österreich, 19 Jahre) – Die Salzburgerin hat die erste Saisonhälfte mit drei Weltcup-Erfolgen dominiert, in drei der vier jüngsten Bewerben kam sie aber wegen Disqualifikation bzw. unklarer Coronavirus-Testlage nicht zum Zug. Sollte die 19-Jährige diese Tiefschläge wegstecken und an die alte Form anschließen können, ist für sie neben den beiden Einzel-Bewerben auch im Team- wie auch im Mixed-Bewerb einiges möglich.

Kramer als Hoffnung bei nordischer Ski-WM

Am Mittwoch startet die nordische Ski-Weltmeisterschaft. Größte Hoffnung ist dabei Skispringerin Marita Kramer.

Sara Takanashi (Japan, 24 Jahre) – Die Japanerin ist mit 60 Siegen die mit Abstand erfolgreichste Weltcup-Springerin der Geschichte. Nach für sie durchwachsenem Saisoneinstieg schaffte es die 24-Jährige in den vergangenen fünf Bewerben dreimal auf Rang eins und zweimal auf Platz zwei. Sie sollte ihre Form also gefunden haben. Bei Großereignissen schaffte es Takanashi aber nur mit dem Team 2011 auf Rang eins sowie zu Einzel-Silber, danach folgten nicht weniger als viermal Bronze.

Die japanische Skispringerin Sara Takanashi
AP/Raed Krishan
Rechtzeitig vor der WM fand Rekordsiegerin Takanashi zur Bestform zurück

Nika Kriznar (Slowenien, 20 Jahre): Die Slowenin hat das Zeug für mehrere Goldmedaillen. Im Einzel hat sie zuletzt in Hinzenbach und Rasnov ihre ersten beiden Weltcup-Siege gefeiert, die Gesamtweltcup-Führung stellt ihr ein gutes Zeugnis aus. In den Team-Bewerben ist den Slowenen zumindest auch im Mixed ein Coup zuzutrauen, die 20-Jährige hat damit das Potenzial für dreimal Gold.

Halvor Egner Granerud (Norwegen, 24 Jahre) – Der Skispringer reist als absoluter Favorit nach Oberstdorf an. Nur wegen einer Disqualifikation am vergangenen Freitag bei der Materialkontrolle steht der 24-Jährige noch nicht vorzeitig als Gesamtweltcup-Sieger fest. Mit elf Siegen hat er in einer Saison bereits so viele Weltcup-Siege geholt wie der erfolgreichste Norweger bisher überhaupt. Der Norsker springt seit Saisonbeginn mit einer überzeugenden Selbstverständlichkeit zu seinen Erfolgen.

Der norwegische Skispringer Halvor Egner Granerud
GEPA/Philipp Brem
Elf Weltcup-Siege von Granerud in dieser Saison sprechen eine deutliche Sprache

Ryoyu Kobayashi (Japan, 24 Jahre) – Der Japaner war mit 13 Siegen der Saisondominator 2018/19. Vorletzte Woche ist der 24-Jährige in Zakopane nach 13,5 Monaten auf das oberste Treppchen zurückgekehrt, hat am vergangenen Freitag in Rasnov gleich nachgelegt. Mit insgesamt 18 Weltcup-Siegen weiß er, wie Gewinnen funktioniert. Bei Großereignissen hat Kobayashi noch Nachholbedarf, mehr als Team-Bronze in Seefeld 2019 war noch nicht drinnen.

Meister der nordischen „Königsdisziplin“

Jarl Magnus Riiber (Norwegen, 23 Jahre) – Der Norweger war in zehn bestrittenen Einzel-Konkurrenzen dieser Weltcup-Saison in der Kombination siebenmal Erster und dreimal Zweiter. Ob dieser Dominanz konnte er sich nach dem Seefeld-Triple Ende Jänner aus dem Geschehen nehmen und sich speziell auf den Saisonhöhepunkt vorbereiten. Den Weltcup führt Riiber trotzdem weiter überlegen an. Der erst 23-Jährige ist Titelverteidiger von der Normalschanze sowie im Team-Bewerb.

Der norwegische Kombinierer Jarl Magnus Riiber
GEPA/Patrick Steiner
Riiber konnte sich ob seiner Überlegenheit im Weltcup vor der WM eine Auszeit genehmigen

Eric Frenzel (Deutschland, 32 Jahre) – Bei Großereignissen packt der Deutsche regelmäßig seine Topform aus. In Seefeld 2019 holte er ebenso wie Riiber zweimal Gold, und zwar im Großschanzen-Bewerb sowie mit Fabian Rießle im Team-Sprint. Seit 2011 und damit fünfmal in Folge blieb Frenzel bei Weltmeisterschaften nie ohne WM-Goldmedaille. Man darf sich daher nicht davon täuschen lassen, dass der 32-Jährige im bisherigen Saisonverlauf noch keinen Einzel-Sieg hat – allerdings einen im Team-Sprint.

Vinzenz Geiger (Deutschland, 23 Jahre) – Frenzels Landsmann hat sowohl in der Woche vor Weihnachten in Ramsau als auch in Riibers Abwesenheit zuletzt in Klingenthal doppelt zugeschlagen und hält damit bei vier Saisonsiegen. Der Zweite des Gesamtweltcups hat als einziger noch eine realistische Chance, bei vier ausstehenden Weltcup-Bewerben Riiber noch abzufangen. Bei Großereignissen hat es der 23-Jährige bisher auf Team-Gold bei Olympia 2018 sowie -Silber bei den Weltmeisterschaften 2019 gebracht.

Die Schnellsten in der Loipe

Alexander Bolschunow (Russland, 24 Jahre) – Der Russe führt den Weltcup überlegen an. Der Tour-de-Ski-Sieger hat dabei fraglos vom zeitweisen Weltcup-Verzicht der Skandinavier profitiert, aber auch in deren Anwesenheit Qualität bewiesen. Freilich muss der 24-Jährige seine Nerven im Zaum halten. Denn beim Weltcup am vorletzten Jänner-Wochenende in Lahti fiel Bolschunow mit einem Bodycheck im Zielbereich gegen den Finnen Joni Mäki unschön auf, entschuldigte sich zumindest dafür.

Der russische Langläufer Alexander Bolschunow
APA/AFP/Fredrik Sandberg
An Bolschunow war in diesem Winter nicht vorbeizukommen, notfalls wehrte sich der Russe mit Händen und Füssen

Johannes Hösflot Kläbo (Norwegen, 24 Jahre) – Zwei Monate lang war der Norweger wegen Coronavirus-Bedenken nicht im Weltcup dabei, vor den Weltmeisterschaften absolvierte er gerade mal das Wochenende Ende Jänner in Falun. Mit den Rängen sieben, zwei und eins zeigte der 24-Jährige sein Potenzial. Die Frage bleibt aber, ob die lange Wettkampfpause negative Auswirkungen nach sich ziehen wird. Bei Großereignissen hat Kläbo noch Aufholbedarf.

Jessica Diggins (USA, 29 Jahre) – Ähnlich wie Bolschunow ist auch der US-Amerikanerin der Gesamtweltcup-Sieg kaum noch zu nehmen. Auch sie hat den Tour-de-Ski-Gesamtsieg auf der Habenseite, darüber hinaus wartete die 29-Jährige mit zwei 10-km-Siegen im Skating-Stil auf. Diggins muss sich nun beim Saisonhöhepunkt der versammelten skandinavischen Elite stellen.

Therese Johaug (Norwegen, 32 Jahre) – Wie ihr Landsmann Kläbo hatte auch sie eine rund zweimonatige Weltcup-Wettkampfpause zu überbrücken. Mit einem Skiathlon- und Staffel-Sieg kam die 32-Jährige Ende Jänner in Lahti aber stark zurück und scheint bereit, ihren schon zahlreichen WM-Erfolgen Zuwachs zu verschaffen. Mit zehn Goldenen bzw. 15 Medaillen rangiert Johaug auf Rang fünf der ewigen internationalen Rangliste. Ein Stockerlplatz in Oberstdorf käme also gar nicht so überraschend.