Jubl von Mateja Zver (St. Pölten)
APA/AFP/TT News Agency/Anders Bjuro
Fußball

„Wölfinnen“ zeigen, was alles möglich ist

Zum ersten Mal seit sieben Jahren hat ein österreichischer Club wieder die Chance, ins Viertelfinale der UEFA Women’s Champions League einzuziehen. Der SKN St. Pölten hat sich als Außenseiter mit dem 2:2 beim FC Rosengard eine gute Ausgangslage für das Rückspiel geschaffen. Dafür zeichnet auch Maria Wolf verantwortlich, die 2020 geholt wurde und mit Trainerkollegin Liese Brancao an der Erfolgsgeschichte mitschreibt. Was den heimischen Frauenfußball angeht, gibt sich die 39-Jährige im ORF.at-Gespräch längst nicht zufrieden.

National führt kein Weg an den „Wölfinnen“ vorbei, und das schon seit geraumer Zeit. Die Niederösterreicherinnen haben seit 2015 immer den Titel gewonnen (die Saison 2019/20 wurde aufgrund der Coronavirus-Pandemie abgebrochen), und auch in dieser Spielzeit liegt das Team klar auf Rang eins. In der Herbstsaison wurden alle neun Spiele gewonnen, 47 erzielten Toren stehen vier erhaltene gegenüber.

Noch im Dezember schaltete St. Pölten in der Königsklasse den favorisierten FC Zürich aus und erreichte erstmals in der Geschichte des Clubs das Achtelfinale. Nun würde schon ein torloses Remis im Rückspiel am kommenden Mittwoch (20.30 Uhr, live in ORF Sport +) reichen, um es SV Neulengbach in der Saison 2013/14 gleichzutun. Das war bisher das einzige österreichische Team in einem CL-Viertelfinale. Es wäre ein weiterer Höhepunkt für den heimischen Frauen-Fußball nach der neuerlich erfolgreichen EM-Qualifikation des Nationalteams.

Jubel von St.-Pölten-Trainerin Maria Wolf und Sportdirektorin Liese Brancao-Ribeiro
GEPA/Walter Luger
Trainerin Maria Wolf (im Bild mit Kollegin und Sportchefin Liese Brancao) greift mit St. Pölten nach der nächsten Sensation

„Remis war ein sensationeller Erfolg“

„Rosengard hat vielleicht nicht so einen klingenden Namen, aber das ist ein Team, das richtig guten Offensivfußball spielen kann. Das Remis war für uns ein sensationeller Erfolg“, erklärte Wolf. Die Schwedinnen haben viele Nationalteamspielerinnen in ihren Reihen, die auch ihren Teil zum deutlichen 6:1-Sieg zuletzt gegen Österreich beitrugen.

„Aufgrund der Qualität unserer Gegnerinnen mussten wir das Hinspiel sehr defensiv anlegen und auf Konter spielen. Zusätzlich wollten wir es den Damen aus Malmö durch ständiges aggressives Arbeiten gegen den Ball nicht einfach machen. Alles andere wäre grob fahrlässig gewesen. Unsere Damen haben wieder bewiesen, was im Fußball alles möglich ist, wenn man kämpft und an sich glaubt“, analysierte sie.

St. Pölten wahrt Chance auf Viertelfinale

Das Frauen-Team des SKN St. Pölten hat in der Champions League in Malmö ein überraschendes Remis geholt. Österreichs Meister lag am Mittwoch im Achtelfinal-Hinspiel gegen den schwedischen Rekordmeister FC Rosengard bis zur 94. Minute in Führung, musste sich aber noch mit einem 2:2 (1:0) begnügen.

Trotz guter Ausgangslage ist der Aufstieg noch ein hartes Stück Arbeit entfernt. „Natürlich beginnt man zu träumen, aber wir haben beim Schlusspfiff gesehen, dass ihnen das 2:2 gar nicht geschmeckt hat. Wir müssen uns auf einen Sturm vorbereiten“, warnte Wolf eindringlich.

„Wir haben es zwar genossen, bleiben aber ruhig und bereiten uns gewissenhaft auf das Rückspiel vor. Die Chance auf den Aufstieg ist da, und es liegt an uns, die Spielerinnen gut einzustellen, und vor allem an ihnen, wieder ihre Leistung zu bringen, um jeden Meter zu kämpfen.“

In St. Pölten „stimmt das Gesamtpaket“

Wolf ist seit August Trainerin beim SKN. Zuvor arbeitete die Obritzerin als Assistentin von Dominik Thalhammer beim ÖFB-Team, ehe der EM-Erfolgscoach von 2017 zum LASK wechselte. Wolf gilt als akribisch, hebt aber vor allem das Teamgefüge als essenziell hervor. In St. Pölten, wo 2011 auch das nationale Zentrum für Frauen-Fußball des ÖFB eröffnet wurde, kann sie ihre Ambitionen am besten ausleben. „Legionärinnen bescheinigen, dass wir in St. Pölten extrem professionell arbeiten.“

Team von St. Pölten jubelt
Tom Seiss
Die „Wölfinnen“ haben bereits mit dem Einzug ins Achtelfinale Clubgeschichte geschrieben

„Es stimmt einfach das Gesamtpaket. Unser Präsident (Wilfried Schmaus, Anm.) steht voll hinter uns und mischt sich nicht ein, vertraut uns komplett. Wir haben eine tolle Infrastruktur, wir können einfach professionell arbeiten. Es gibt immer Luft nach oben, aber wir sind auf einem sehr guten Weg“, unterstrich Wolf, die selbst aktive Fußballerin war und als Tochter eines Trainers früh mit Fußball in Berührung kam. Letztlich spielte sie selbst aber erst ab 14 Jahren, auch weil es schlicht früher nicht ging. Beim unterklassigen UFC Obritz trainierte sie später mit 33 Jahren einst auch schon die Kampfmannschaft der Herren.

Wolf nimmt Männer-Fußball in die Pflicht

Was den Frauen-Fußball betrifft, sieht sie Österreich zwar ebenfalls auf einem guten Weg, „dennoch muss es schneller gehen, mehr passieren“. In diesem Kontext nimmt sie auch den Männer-Fußball hierzulande in die Pflicht. „St. Pölten, Sturm, Landhaus (mit der Austria) und Vorderland (mit Altach) arbeiten mit Bundesliga-Teams bei den Herren zusammen, aber da muss viel mehr kommen“, forderte Wolf.

Während der LASK am heutigen Weltfrauentag eine Abteilung für Mädchen- und Frauen-Fußball gestartet hat und auch Rapid dahingehend Engagement zeigt, macht Serienmeister Red Bull Salzburg weiterhin keine Anstalten, sich hier zu beteiligen. Vielleicht findet Wolfs Wunsch Gehör: „Ich finde, jeder Bundesliga-Club sollte verpflichtet sein, ein Frauen-Team zu haben. Dann wäre viel erreicht.“

Die Kluft in der Planet-Pure-Frauen-Bundesliga, die am Wochenende ins Frühjahr gestartet war, sei groß. „Drei Teams können etwas professioneller arbeiten, andere wiederum gar nicht so oft trainieren, weil sie einfach nicht die Möglichkeit haben. Schließlich muss auch daneben gearbeitet werden“, unterstrich Wolf. Sie selbst ist dabei ein gutes Beispiel. Nach der Rückkehr aus Schweden setzte sich die Sportlehrerin, die vor zwei Jahren auch noch eine Ausbildung als Athletiktrainerin absolvierte, mit Arbeiten ihrer Schüler auseinander.

„Wir müssen uns vieles hart erarbeiten“

„Ich denke, das machen andere Trainer in der CL nicht. Wir müssen uns vieles hart erarbeiten, das sieht bei den Männern anders aus.“ Das betrifft vor allem das Einkommen, denn vom Frauen-Fußball kann man in Österreich nicht leben. „Ich würde mir für uns Frauen wünschen, dass sich das ändert, was mich betrifft, habe ich aktuell kein Leben“, merkte sie lachend an. „Man kämpft an vielen Fronten und will alles gut machen. Das macht es sehr anstrengend“, so Wolf. „Das ist aber in Anbetracht der derzeitigen Situation Jammern auf sehr hohem Niveau. Wir sind sehr glücklich, überhaupt auf dem Spielfeld stehen zu dürfen.“

Sie persönlich stecke sich keine langfristigen Ziele und will beim SKN St. Pölten vorerst viel Erfahrung sammeln. Die UEFA-Pro-Lizenz hat sie auch im Blick, die höchste Trainerausbildung in Österreich genoss bisher übrigens nur eine Frau – ÖFB-Teamchefin Irene Fuhrmann.