Silhouette eines Skifahrers
GEPA/Harald Steiner
Ski alpin

Einzigartiger Winter mit Licht und Schatten

Die Weltcup-Saison 2020/21 der alpinen Skifahrer ist am Sonntag in Lenzerheide zu Ende gegangen, ein einzigartiger Winter im Zeichen der Coronavirus-Krise ist damit Geschichte. Die vergangenen fünf Monate standen im Zeichen von Licht und Schatten, von Siegen und Niederlagen, von Überraschungen und leider auch schweren Verletzungen. Ein Rückblick auf einen einzigartigen Winter.

Dass die Saison überhaupt und noch dazu so problemlos über die Bühne ging, ist einem Hygienekonzept zu verdanken, das vom Österreichischen Skiverband (ÖSV) und dem Weltverband FIS für den Auftakt in Sölden konzipiert und anschließend auch bei den anderen Stationen angewandt wurde. Zwar gab es den einen oder anderen positiven Coronavirus-Fall, insgesamt kamen die Damen- und Herren-Trosse, die großteils auf Speed- und Technik-„Blasen“ aufgeteilt waren, aber gut durch den Winter.

Der große Wermutstropfen der guten Schutzkonzepte war aber die notwendige Absenz von Zuschauern am Veranstaltungsort – von ein paar Ehrengästen abgesehen. Im Gegensatz zu vielen anderen Sportarten zeichnet den Skisport die Nähe zu den Fans aus, gerade im Zielraum können die Anhänger mit ihren Idolen normalerweise auf Tuchfühlung gehen. Die fehlende Stimmung – speziell bei den Österreich- und Schweiz-Rennen – war für viele auch vor dem Fernseher gewöhnungsbedürftig.

Erfolgreiche Saison für Österreichs Alpine

Österreichs Skifahrer und Skifahrerinnen können auf einen erfolgreichen Winter zurückblicken und sich über einige WM-Medaillen und Kristallkugeln freuen. Bei den Herren stachen Vincent Kriechmayr und Marco Schwarz heraus, bei den Damen Katharina Liensberger.

Vlhova und Pinturault überstrahlen alles

Aus sportlicher Sicht haben eine Skifahrerin aus der Slowakei und ein Skifahrer aus Frankreich der Saison ganz klar ihren Stempel aufgerückt. Bei den Damen gewann Petra Vlhova als erste Skiläuferin ihres Landes den Gesamtweltcup, bei den Herren erfüllte sich Alexis Pinturault nach einigen erfolglosen Anläufen seinen Traum von der großen Kristallkugel. Aus dem rot-weiß-roten Team ragten Katharina Liensberger, Vincent Kriechmayr und Marco Schwarz heraus.

Jubel von Alexis Pinturault und Petra Vlhova
GEPA/Mario Buehner
Für Pinturault und Vlhova ist es jeweils die erste große Kristallkugel ihrer Karriere

Gesamtweltcup-Siegerin Vlhova ist eine Allrounderin, wie sie im Buche steht, die 25-Jährige bestritt alle 31 Rennen und kam in Slalom, Riesentorlauf, Parallelbewerb und Super-G auf das Podest, in der Abfahrt verpasste sie dieses als Vierte knapp. Die Kombination stand nur bei der WM auf dem Programm, da wurde sie wie im Slalom Zweite. Pinturault jagte seit fast zehn Jahren dem Traum hinterher, den Gesamtweltcup zu gewinnen. Nach zwei zweiten und drei dritten Rängen war es endlich so weit. Der 30-Jährige eroberte zudem auch die erste kleine Kristallkugel abseits der Kombination, und zwar jene im Riesentorlauf.

Liensberger rettet ÖSV-Damen vor Nuller

Das ÖSV-Damen-Team entging praktisch fast auf den letzten Abdruck einer sieglosen Weltcup-Saison. Dank Liensberger, die sich zunächst bei der alpinen Ski-WM in Cortina d’Ampezzo zur Weltmeisterin in Slalom und Parallelbewerb kürte sowie WM-Dritte im Riesentorlauf wurde und im Anschluss in Aare und Lenzerheide auch die ersten Slalom-Weltcup-Siege ihrer Karriere errang. Zum Drüberstreuen belohnte sich die 23-jährige Vorarlbergerin auch mit ihrer ersten kleinen Kristallkugel für den Gewinn der Slalom-Wertung.

Stark zurück meldete sich das ÖSV-Herren-Team von Rennsportleiter Andreas Puelacher. Mit Kriechmayr im Super-G und Schwarz im Slalom gewannen erstmals seit 2011/12 (Klaus Kröll/Abfahrt) wieder andere Österreicher als Marcel Hirscher kleine Kristallkugeln. Schwarz belegte zudem im Gesamtweltcup den dritten Platz und hat Potenzial für mehr, wie er mit Kombinationsgold und Riesentorlauf-Bronze bei der WM in Cortina d’Ampezzo untermauerte.

Speed-Fahrer sehen sich weiter im Nachteil

Für Unfrieden sorgte indes einmal mehr das Ungleichgewicht zwischen schnellen und technischen Disziplinen. Die Speed-Fahrer beklagen immer wieder, dass sie ob der Rennkalender keine Chance auf den Gesamtweltcup haben. Bei den Herren gab es heuer 22 Technikrennen, aber nur 13 Speed-Bewerbe. Zwei Abfahrten und ein Super-G wurden abgesagt, es war also schon von vorneherein mit dem Techniküberhang von 22:16 nicht ausgeglichen.

Matthias Mayer (ÖSV) auf der Streif in Kitzbühel
GEPA/Patrick Steiner
13 Speed-Bewerbe, darunter zwei Abfahrten in Kitzbühel, stehen 22 Technikrennen gegenüber

Bei den Damen sieht es ähnlich aus. Hier standen 18 Technikrennen 13 Speed-Rennen gegenüber. Vor allem Lara Gut-Behrami stießen die Absagen der Abfahrt und des Super-Gs beim Weltcup-Finale in Lenzerheide sauer auf, da sie damit um die Chance gebracht wurde, Vlhova vor den abschließenden beiden Technikrennen in der Gesamtwertung noch von der Spitze zu verdrängen. Demonstrativ schwang die Schweizerin am Sonntag im abschließenden RTL nach zwei Toren ohne ersichtlichen Grund ab und rutschte langsam ins Ziel. Offiziell hatte die 29-Jährige freilich ein Tor falsch eingeschätzt.

Schwere Verletzungen trüben Bilanz

Ständiger Begleiter war auch in diesem Winter das Verletzungspech. Bei den Herren erwischte es unter anderen mit Aleksander Aamodt Kilde den Gesamtsieger der Vorsaison, die ÖSV-Herren blieben weitestgehend verschont. Das Damen-Lager war indes besonders stark betroffen. Nicole Schmidhofer, Nina Ortlieb und die später vom Leistungssport zurückgetretene Bernadette Schild erlitten gravierende Knieblessuren. Ricarda Haaser fiel wegen eines Bandscheibenvorfalls aus, Katharina Truppe wegen muskulärer Probleme und Stephanie Brunner im Finish wegen einer Sprunggelenksverletzung.

Obwohl die meisten Ausfälle individuell zu betrachten sind, erkennen Experten trotzdem ein Muster, wonach das immer aggressivere Material im Zusammenspiel mit der Kurssetzung bei der Vielzahl von schweren Knieblessuren eine wesentliche Rolle spielt. Hier könnte die FIS ansetzen, ebenso bei einer Entschlackung des Rennkalenders für mehr Verschnaufpausen.