Der ehemalige Detroid Lions Spieler Matthew Stafford.
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Football

NFL-Teams rüsten sich für neues Format

Drei der vier großen nordamerikanischen Sportligen sind dieser Tage im Spielbetrieb, doch die vierte im Bunde redet im Kampf um die Schlagzeilen auch ohne Action auf dem Feld ein kräftiges Wörtchen mit. Zuletzt wurde in der National Football League (NFL) eine Änderung des Formats nach 42 Jahren offiziell: 2021 wird der Grunddurchgang erstmals seit 1978 nicht nach 16 Partien pro Club enden, sondern nach 17. Dafür haben sich die Teams auf dem Transfermarkt gerüstet, vor allem das Spielmacher-Karussell hat Geschwindigkeit zugelegt.

Knapp zwei Monate sind vergangen, seit die Tampa Bay Buccaneers mit Altmeister Tom Brady die Kansas City Chiefs mit Jungstar Patrick Mahomes in Super Bowl LV eindrucksvoll in die Knie gezwungen haben und als erstes Team nicht nur das NFL-Endspiel zu Hause austrugen, sondern es auch gleich gewannen. Der 43-jährige Brady holte damit seinen siebenten Titel und baute seinen Legendenstatus weiter aus.

Aufgrund der Coronavirus-Pandemie hatte die Saison 2020 nicht nur einen einmaligen Charakter, sie beschloss damit auch eine Ära. Was sich schon Anfang des Jahres 2020 mit einem neuen Kollektivvertrag angedeutet hatte, wurde am vergangenen Dienstag endgültig Realität: Die Teams erhöhten die Anzahl der Spiele in der Regular Season. Noch nie hatte die NFL in der Hauptrunde das Format so lange beibehalten, nun wurde die Änderung wegen der Pandemie sogar vorgezogen.

„Monumentaler Moment“

„Das ist ein monumentaler Moment für die NFL“, sagte Commissioner Roger Goodell, der traditionell die Entscheidung als positives Signal für die Fans verkaufte. Freilich geht es aber vor allem ums Geld. Die entgangenen Zuschauereinnahmen sollen alsbald aufgeholt werden, deswegen kam die Formatänderung früher als erwartet. Ein Spiel in der Hauptrunde spült naturgemäß mehr Geld in die Kassen als eines in der Preseason, deswegen wird diese auch um eine Partie verkürzt.

Der NFL-Commissioner Roger Goodell.
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NFL-Commissioner Roger Goodell verkündete die Formatänderung: von 16 auf 17 Spiele im Grunddurchgang

Die 32 Teams haben weiterhin jeweils ein freies Spieltagswochenende (Bye), die Regular Season beginnt am 9. September, endet aber eine Woche später als bisher Mitte Jänner. Damit verschieben sich auch die Play-offs und die Super Bowl, die demnach am 13. Februar 2022 in Los Angeles stattfinden soll. Bisher trafen Teams auf vier Gegner aus der anderen Conference, nun gibt es ein fünftes Duell. AFC-West-Sieger Kansas City trifft beispielsweise auf den Gewinner der NFC North, die Green Bay Packers. Der genaue Spielplan wird noch veröffentlicht.

Vertrag geht über Bedenken

Aber nicht jeder mag Veränderung. Nicht nur Fans sehen es zwiegespalten, auch so mancher Spieler äußerte Bedenken, was die Belastung angeht. Die Chicago Bears hatten laut ESPN sogar gegen die Erhöhung gestimmt. Wide Receiver Allen Robinson meinte schon im Februar 2020, dass „16 Spiele den Körper zermürben. Das wird zäh.“ Der neue mit der Spielergewerkschaft ausgehandelte Kollektivvertrag, der den Profis finanzielle Vorteile bringt, legte aber den Grundstein.

Bis 2030, so lange läuft das neue Arbeitspapier, kann die Hauptrunde aber nicht auf 18 Spiele angehoben werden. Apropos zehn Jahre: Es war nicht die einzige „monumentale Änderung“ in dieser Offseason, denn zuvor schloss die Liga noch einen neuen TV-Vertrag ab.

Wie US-Medien berichteten, kassiert die NFL dann ab 2023 jeweils mehr als zehn Milliarden US-Dollar (etwa 8,6 Mrd. Euro) pro Saison. Derzeit belaufen sich die Rechteeinnahmen auf etwa 5,9 Milliarden US-Dollar (etwa 4,95 Mrd. Euro) je Spielzeit – schon jetzt alles andere als wenig.

Spektakel um Spielmacher

Während die Gehaltsobergrenze aufgrund der Pandemie für die kommende Saison gesunken ist, startet die NFL damit schon wieder den Anflug in neue Sphären. Und auch die Teams haben sich auf dem Transfermarkt traditionell nicht zurückgehalten. Bereits rund um die Super Bowl wurde ein „Blockbuster-Trade“ zur neuen Spielzeit bekanntgeben: Mit Matthew Stafford (bisher Detroit Lions) und Jared Goff (Los Angeles Rams) tauschten zwei Quarterbacks, die noch dazu jeweils allererste Draft-Picks waren, fliegend ihre Arbeitsplätze.

Mit Carson Wentz, 2016 hinter Goff die Nummer zwei im Draft, wechselte ein anderer prominenter Quarterback von Philadelphia nach Indianapolis. Während die Legenden Drew Brees (New Orleans) und Philip Rivers (zuletzt Indianapolis) ihre Karrieren beendeten, macht „Big“ Ben Roethlisberger bei den Pittsburgh Steelers weiter.

Der ehemalige Philadelphia Eagles Spieler Carson Wentz.
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Carson Wentz hat die Philadelphia Eagles verlassen und ist nun bei den Indianapolis Colts untergekommen

Ebenfalls nicht genug bekommt Ryan Fitzpatrick, der in Washington nun schon für sein neuntes NFL-Team spielen wird. Das Quarterback-Karussell drehte sich auch bei den Chicago Bears, wo Andy Dalton den zu den Buffalo Bills abgewanderten Mitchell Trubisky ersetzt.

Noch mehr Spektakel ist beim Draft am 29. April in Cleveland zu erwarten. Während die Jacksonville Jaguars so gut wie sicher Toptalent Trevor Lawrence an Nummer eins ziehen werden, werden nun auch die New York Jets an der zweiten Stelle einen Quarterback wählen. Denn erst am Montag haben sie ihren bisherigen Spielmacher Sam Darnold, mit 23 noch lange vor seinem Zenit, an die Carolina Panthers abgegeben. Zach Wilson gilt als potenzieller Nachfolger.

Draft erhält zusätzlichen Reiz

Die San Francisco 49ers haben für einen zusätzlichen Reiz gesorgt, haben sie sich doch via Trade von der zwölften auf die dritte Draft-Position katapultiert. Für Nervenkitzel sorgen auch die angespannten Arbeitsverhältnisse von Russell Wilson (Seattle) und Deshaun Watson (Houston), Letzterer hat aber wegen mittlerweile 21 Klagen aufgrund von sexueller Belästigung und Körperverletzung ganz andere Sorgen.

Verteidiger-Star Watt landet in Arizona

Abgesehen von den Spielmachern haben vor allem die in der Vorsaison enttäuschenden New England Patriots mit Head-Coach-Guru Bill Belichick Geld in die Hand genommen. Wide Receiver Nelson Agholor soll wie die beiden Tightends Henry Hunter und Jonnu Smith der Offensive um Brady-Nachfolger Cam Newton einen Schub verleihen. Letzter erhielt trotz mäßiger Leistung ein neues Arbeitspapier.

Die New York Giants, bei denen der Tiroler Sandro Platzgummer in der vergangenen Saison im Kader stand, holte mit Kenny Golladay ebenfalls einen prominenten Passempfänger für teures Geld. Defensiv sicherten sich allerdings die Arizona Cardinals mit Defensive End J. J. Watt (Houston) den bisherigen Hauptpreis in der Offseason.