LASK-Trainer Dominik Thalhammer
APA/EXPA/Reinhard Eisenbauer
ÖFB-Cup

Thalhammer: „Entwicklung benötigt Zeit“

Seit Sommer 2020 ist Dominik Thalhammer Trainer des LASK und führte den Club erstmals seit 1999 ins Finale des Uniqa-ÖFB-Cups. Vor dem Endspiel am Samstag (20.30 Uhr, live in ORF1) gegen Titelverteidiger Salzburg sprach der 50-jährige Wiener im ORF.at-Interview über die Außenseiterrolle, seine Prinzipien als Trainer und wagte einen Blick in die Zukunft.

ORF.at: Salzburg hat 47 der letzten 48 Cupspiele gewonnen und ist nicht nur für Sie klarer Favorit in diesem Endspiel. Was ist für den LASK notwendig, um seine historische Chance zu nützen?

Dominik Thalhammer: Wir müssen wieder so gut verteidigen, wie die 87 Minuten beim Auswärtsspiel in Salzburg (0:2, Anm.). Wir müssen die Ballgewinne, die daraus resultieren, besser verwerten und wenige Konter zulassen. Denn es ist ihre große Stärke, wenn sie ihre Bälle weiträumig auf Patson Daka und andere spielen können. Wir haben wiederum Werkzeuge, um Salzburg riesige Probleme zu bereiten. Da wollen wir sie in ihrer Favoritenrolle bedrohen und ihnen weh tun. Wir können ein sehr gutes, intensives Pressing spielen. Wir müssen dabei perfekt funktionieren und die wenigen Chancen inklusive Standardsituationen verwerten. Dann kann uns die Sensation gelingen.

ORF.at: Ein Sieg aus den vergangenen sieben Pflichtspielen lautet die jüngste Bilanz des LASK. Sehen Sie das als eine zeitweilige Phase oder haben sich doch gröbere Probleme aufgetan?

Thalhammer: Ich sehe das klar als eine Phase. Man muss eine Mannschaft über einen längeren Zeitraum bewerten. Wir hatten im Herbst eine sehr gute Phase, mit Europa-League-Qualifikation, den Leistungen in der Gruppenphase, Tabellenführung in der Bundesliga, wir hatten richtig gute Spiele, auch international. Ins Frühjahr sind wir nicht so gut gestartet, haben aber dennoch gute Spiele gemacht, ich denke auch an jene gegen Salzburg. Wir haben das Cupfinale erreicht.

Ich denke, das Frühjahr wird nicht so positiv gesehen, aber es waren gute Spiele dabei. Wir hatten auch höhere Erwartungen, hätten uns natürlich mehr Punkte erwünscht, aber am Ende ist es auch wichtig, in solchen Phasen zu sehen, wie die Mannschaft reagiert. Man hat gegen Sturm Graz (0:0) gesehen, dass wir eine funktionierende Einheit sind und das stimmt dann wieder zuversichtlich. Wir sind ein tolles Team und versuchen alle Hebel zu finden, mit Akribie und Lockerheit wieder auf die Schiene zu kommen. Wir wissen, dass wir selber die Hebel in der Hand haben und das Blatt in die richtige Richtung wenden können. Die beste Möglichkeit dafür bietet sich natürlich am Samstag.

ORF.at: Die kritischen Stimmen wurden im Frühjahr lauter. Ist die Erwartungshaltung in Oberösterreich zu hoch?

Thalhammer: Sie ist eine hohe und wird von außen hereingetragen. Intern ist sie nicht so hoch. Wir sind angetreten, um eine Entwicklung voranzutreiben. Ich sehe das als Metamorphose. Wenn man Prozesse vorantreibt, kann es für eine gewisse Zeit auch Stillstand oder kurz einen Rückschritt geben, ehe die Entwicklung wieder voranschreitet.

Wir wissen, wie wir arbeiten wollen, welche Prozesse wir vorantreiben wollen, wo wir hinwollen. Unsere Arbeit hat eine klare Struktur, von außen ist das vielleicht auch schwieriger zu beurteilen, dann kommt Kritik und die kann auch zurechtkommen. Wir machen uns über alles Gedanken, denken aber schon zu wissen, wie wir die Mannschaft vorantreiben und weiterentwickeln wollen.

ORF.at: Sie waren Gesamtleiter der ÖFB-Trainerausbildung. Was ist Ihnen persönlich als Trainer wichtig?

Thalhammer: Mir ist eine gewisse Struktur sehr wichtig. Wenn man als Trainer arbeitet, ist es nicht nur wichtig, über das Was zu sprechen, sondern ganz klar das Wie vorzugeben. Die Spieler sind heutzutage so mündig, dass sie auch das Warum verstehen wollen. Wenn man diesen Kreislauf gut bearbeitet und versteht, kann man Menschen überzeugen und für Dinge gewinnen. Ich denke, es ist wichtig, seinen Führungsstil anzupassen. Den klaren Stil gibt es nicht mehr, dass man autoritär oder „Laissez-faire“ führt. Man muss die Arbeit mit Menschen gerne haben, muss sie entwickeln wollen und am Ende überzeugen können.

ORF.at: Beim LASK sitzt Ihr Assistent Christian Heidenreich, der auch für Standardsituationen zuständig ist, mit einem Laptop auf der Bank. Wie wichtig ist die Wissenschaft im Fußball geworden?

Thalhammer: Fußball bleibt zunächst ein emotionales Geschäft, aber die Wissenschaft ist ein Hilfsmittel. Wir kennen die Laufdaten, wissen um die Intensitäten während des Spiels. Wir haben auch ein Livebild, wo wir Problemstellungen erkennen und im Rahmen eines In-Game-Coachings Dinge verändern können. Das muss man aber bewusst und reduziert einsetzen können. Man darf den Spielern nicht die Lust am Spielen nehmen. Von daher sehe ich es als Unterstützung, um vielleicht auch in der Pause etwas aufzeigen zu können.

ORF.at: Sie setzen allgemein auf Spartentrainer für Defensive (Emanuel Pogatetz, Anm.) und Offensive (Stephan Helm, Anm.). Wie ist das in Österreich noch ungewöhnliche Modell für Sie angelaufen?

Thalhammer: Ich bin sehr zufrieden. Wir haben versucht, die Leute zu spezialisieren und Detail- und Spezialbereiche in Phasen des Spiels zu vergeben. Man kann sich in der jeweiligen Spielphase damit beschäftigen, etwa im Bereich der Standardsituationen. Da gebe ich den Leuten auch gewisse Freiheiten am Platz, Dinge umsetzen zu lassen. Danach gemeinsam zu reflektieren ist ein spannender Prozess, um Entwicklung zu schaffen und Spieler wie Mannschaft weiterzubringen. So kann man auch individuell Spieler besser fördern.

Assistenztrainer Christian Heidenreich, Defensivtrainer Emanuel Pogatetz und LASK-Trainer Dominik Thalhammer
GEPA/Manfred Binder
Thalhammer setzt auf ein großes Trainerteam, Christian Heidenreich und Emanuel Pogatetz gehören zum Acht-Mann-Stab

ORF.at: Wie sieht Ihre sportliche Vision für den LASK aus?

Thalhammer: Der LASK sollte sich einerseits an der Spitze bewegen, die Vision ist mittel- und langfristig, Titel holen zu können. Andererseits sollten sich die Mannschaften des LASK auch durch ihre Spielweise auszeichnen, ein gewisses Alleinstellungsmerkmal haben. Wenn ein LASK-Team aufläuft, soll man erkennen, wer da aufläuft, wie gespielt, agiert und werteorientiert gearbeitet wird.

ORF.at: Sehen Sie sich langfristig auf der Trainerbank oder auch in anderer Funktion?

Thalhammer: Ich bin mit vollem Elan Trainer, schließe aber nicht aus, dass sich das einmal ändern kann. Weil für mich nicht nur die tägliche Trainingsarbeit, sondern auch die strukturelle Arbeit über einen längeren Zeitraum spannend ist. Ich würde das auch sehr spannend finden, wenn wir beim LASK etwas Längerfristiges aufbauen können.

ORF.at: Aktuell sind Sie auch unisono Sportdirektor. Wie sieht die Kaderplanung des LASK für den kommenden Sommer aus?

Thalhammer: Es wird nicht viele Veränderungen geben. Der LASK steht für vorausschauendes Handeln, die Spieler haben längerfristige Verträge. Es gibt punktuelle Dinge, die wir angehen werden. Im Angriff suchen wir etwa Verstärkung, aber ansonsten wird alles stabil bleiben.

ORF.at: Sie waren bereits 2007/2008 beim LASK tätig. Damals währte die turbulente Ära unter Präsident Peter-Michael Reichel, heuer gab es Negativschlagzeilen um Präsident Siegmund Gruber und „Vize“ Jürgen Werner. Wie bewerten Sie diese?

Thalhammer: Ich habe vollstes Vertrauen in alle handelnden Personen, ich weiß, wie sie denken, wie sie arbeiten, wie professionell sie sind. Jeder hat seine Kompetenzbereiche, ich meine. Deswegen sehe ich das sehr gelassen, was aktuell von draußen hereinkommt.