DFB-Präsident Fritz Keller
Reuters/Annegret Hilse
Fußball

DFB-Boss nimmt mit Rundumschlag Hut

Fritz Keller ist am Montag wie angekündigt als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zurückgetreten. Dem 64-Jährigen wurde ein skandalöser Vergleich zum Verhängnis. „Ich übernehme damit persönlich Verantwortung für meine Entgleisung in der Präsidiumssitzung vom 23. April 2021“, so Keller in einer Mitteilung, die er auch zum Rundumschlag nützte. Denn der DFB müsse „sich verändern“.

Interimsweise wird der tief in der Krise steckende Verband bis auf Weiteres von den beiden Vizepräsidenten Rainer Koch und Peter Peters geführt, wie der DFB bereits in der vergangenen Woche mitgeteilt hatte. Keller war wegen seiner Nazi-Äußerung gegen Koch während einer Präsidiumssitzung Ende April schwer in die Kritik geraten.

Der frühere Präsident des SC Freiburg hatte seinen interimistischen Nachfolger Koch als „Freisler“ bezeichnet. Roland Freisler war Vorsitzender des Volksgerichtshofes im Nationalsozialismus. In seinem Abschiedsbrief bezeichnete Keller den Eklat als „traurigen Tiefpunkt der desolaten Führungssituation des DFB“. Am Freitag verhandelte die Ethikkammer des Sportgerichts in der Sache, ein Urteil wird für diese Woche erwartet. Einfluss auf die Rücktrittsentscheidung hat es nicht mehr.

Archivbild aus 2019 zweigt Rainer Koch mit Fritz Keller
APA/AFP/Daniel Roland
Interimspräsident Koch (l.) und der nunmehrige Ex-Boss Keller zeigten nur auf Fotos Einigkeit

„Widerstände und Mauern“

Keller nutzte sein Rücktrittsschreiben auch zu Kritik am Verband. „Der DFB muss sich verändern. Er muss seine Glaubwürdigkeit, das Vertrauen in seine Integrität und Leistungsstärke zurückgewinnen“, schrieb der 64-Jährige in seinem Statement. Weiter fügte Keller an, er sei „in jeder Phase“ der Umsetzung seiner Grundsätze „innerhalb des DFB auf Widerstände und Mauern“ gestoßen.

Ohne ihn namentlich zu nennen, attackierte Keller auch seinen Vize Koch. Es gehe um „eine personelle Erneuerung der Spitze des DFB, ohne die ein glaubwürdiger Neuanfang nicht möglich ist; der DFB muss seine Unabhängigkeit gegenüber Personen, die als Beschuldigte in unterschiedlichen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen geführt werden, bewahren – die Unschuldsvermutung der Betroffenen wäre dadurch nicht berührt“.

Prominente Namensliste

Wer auf Keller folgt, ist völlig offen. Genannt wurden bereits unter anderen die Namen von Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge und der ehemalige Kapitän der Weltmeistermannschaft von 2014 Philipp Lahm. Zuletzt wurde auch die frühere Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus ins Spiel gebracht. Keller war 2019 von einer Findungskommission des DFB und der Deutschen Fußball Liga vorgeschlagen worden. Der 64-Jährige war bei seiner Wahl im September vor zwei Jahren als großer Erneuerer gefeiert worden.

Keller ist nach Wolfgang Niersbach im November 2015 und Reinhard Grindel im April 2019 der dritte DFB-Präsident, der sein Amt innerhalb kurzer Zeit wegen eigener Verfehlungen räumen muss. Koch steigt deshalb zum dritten Mal zu einem von zwei Interimschefs auf. Der Präsident des Bayerischen und Süddeutschen Verbands gilt als eine der Schlüsselfiguren im Machtkampf, der seit Monaten innerhalb der DFB-Führung tobt. Koch hat angekündigt, beim nächsten Bundestag, voraussichtlich Anfang 2022, nicht zur Wiederwahl anzutreten. Ob er ein anderes Amt anstrebt, ist offen.