Skyline von Minsk
GEPA/Christian Walgram
Sportpolitik

Sport wendet sich von Weißrussland ab

Nach der erzwungenen Landung eines Passagierflugzeugs in Weißrussland und der Festnahme des Bloggers und Oppositionellen Roman Protassewitsch am 23. Mai gerät Weißrussland auch sportpolitisch immer mehr unter Druck.

Die für Ende Juni in Minsk geplante Bahnrad-EM ist aufgrund der angespannten politischen Lage abgesagt worden. Das teilte der Europäische Radsportverband UEC am Donnerstag nach seiner Sitzung in Lausanne mit. „Wir arbeiten nun daran, eine Alternative zu finden“, sagte UEC-Präsident Enrico Della Casa. Die EM sollte vom 23. bis 27. Juni stattfinden.

Weißrussland hatte am Sonntag eine Ryanair-Maschine zur Landung in Minsk gezwungen und den an Bord befindlichen Regierungskritiker Protassewitsch festnehmen lassen. Die EU verhängte daraufhin am Dienstag Sanktionen, die ein Flug- und Landeverbot gegen weißrussische Airlines beinhalten. Weißrussland steht seit Längerem unter anderem wegen Menschenrechtsverletzungen in der Kritik.

Keine Eishockey-WM

Aber schon seit einigen Monaten geriet Weißrussland immer mehr unter Druck. Am 18. Jänner dieses Jahres hatte sich der Eishockey-Weltverband IIHF dazu durchgerungen, Kogastgeber Weißrussland die Weltmeisterschaft in diesem Jahr zu entziehen. „Aus Sicherheitsgründen, die außerhalb der IIHF-Kontrolle liegen“, sei diese Entscheidung „unvermeidlich“ gewesen, hatte der Weltverband damals mitgeteilt.

Die Kritik an der WM in Minsk war angesichts der Machenschaften von Machthaber Alexander Lukaschenko immer größer geworden. Neben dem internationalen politischen Druck drohten gleich mehrere langjährige WM-Sponsoren mit ihrem Rückzug.

Flaggentausch sorgt für Unstimmigkeiten

Zudem sorgte ein Flaggentausch am Rande der Eishockey-WM der nun in Lettland ausgetragenen WM für Unstimmigkeiten. Die Stadt Riga habe die offizielle Flagge von Weißrussland am Montag durch die weiß-rot-weiße Variante der weißrussischen Opposition ersetzt.

Die Protestaktion der Stadtverwaltung Riga sei nicht akzeptabel, monierte IIHF-Präsident Rene Fasel. Lettlands Staatspräsident Egils Levits dagegen verteidigte am Dienstag den Austausch der offiziellen Flagge von Weißrussland. In der lettischen Hauptstadt wehen an mehreren öffentlichen Plätzen derzeit die Flaggen aller WM-Teilnehmer.

Biathlon lässt Weißrussland aus

Mitte Mai folgte dann der Internationale Biathlonverband, der am 16. Mai bekanntgab, dass der Biathlon-Weltcup im kommenden Winter nicht wie zunächst geplant in Minsk-Raubichi stattfindet. Die Maßnahme sei „angesichts der aktuellen Situation in Belarus getroffen“ worden, hieß es damals in einer Mitteilung. Zudem sollte nationalen Verbänden und ihren Teams schon früh Planungssicherheit gegeben werden.

Litauen sagt Freundschaftsspiele ab

Nach der erzwungenen Landung des Linienflugzeuges in Minsk will der litauische Fußballverband nicht bei zwei bereits vereinbarten Freundschaftsspielen in Weißrussland antreten. „Aus heutiger Sicht werden sowohl die Männer-Nationalmannschaft als auch das Juniorenteam definitiv nicht an diesen Spielen teilnehmen“, sagte Verbandschef Edgaras Stankevicius der Agentur BNS zufolge am Montag in Vilnius.

Vor dem politischen Hintergrund seien die beiden Spiele „einfach zu riskant für die Gesundheit und Sicherheit der Spieler und ihrer Familienangehörigen“. Litauens Nationalelf sollte am 16. November in Minsk antreten, die Partie der U21-Mannschaft des baltischen EU-Landes in Weißrussland war für den 8. Juni angesetzt. „Der Plan ist nicht, zu diesen beiden Spielen zu reisen und sie auszutragen, sondern nach anderen Gegnern zu suchen“, sagte Stankevicius. Eine Genehmigung dafür durch die UEFA stehe noch aus.

Auch Fußballnationaltrainer Valdas Urbonas unterstützte den Schritt. „Es ist besser, keine sportlichen Beziehungen zu einem Land aufrechtzuerhalten, in dem solche Dinge stattfinden“, sagte er einem Bericht des litauischen Rundfunks zufolge.