Philipp Lienhart (AUT) gegen Jakub Hromada (SVK)
APA/Herbert Neubauer
Fußball

Letzter EM-Test bringt Nullnummer

Österreichs Nationalteam hat bei der Generalprobe für die kommende Europameisterschaft nur bedingt Selbstvertrauen tanken können. Die Mannschaft von Teamchef Franco Foda musste sich am Sonntag im Ernst-Happel-Stadion im letzten Test gegen die Slowakei mit einem 0:0 begnügen. Die Österreicher kombinierten zwar wieder gefällig, die Torflaute hielt jedoch auch im dritten Spiel in Folge an.

Nach der 0:4-Schlappe in der WM-Qualifikation gegen Dänemark und dem 0:1 am Mittwoch im Testspiel gegen England schafften es die Österreicher erneut nicht, den Ball im Tor unterzubringen. Allerdings scheiterte die ÖFB-Auswahl nicht nur am starken slowakischen Goalie Martin Dubravka, sondern hatte auch zweimal Pech: Florian Grillitsch und Marko Arnautovic, der in der zweiten Hälfte sein Comeback nach Verletzungspause gab, trafen nur die Stange. Auf der Gegenseite hatten die Österreicher aber auch Glück, denn die Defensive zeigte sich im letzten Test phasenweise nicht EM-reif.

Für die österreichische Mannschaft startet am Dienstag mit der Anreise ins Teamcamp Seefeld der Countdown zur EM, wo am Sonntag in Bukarest Nordmazedonien als erster Gegner wartet. Davor dürfen die Spieler noch einen Tag bei ihren Familien – unter strengen Coronavirus-Auflagen – ihre Akkus für die Endrunde, bei der das Nationalteam in Gruppe C außerdem noch auf die Niederlande (17. Juni) und die Ukraine (21. Juni, alle Spiele live in ORF1) trifft, aufladen.

Arnautovic trifft die Stange (68.)

Der China-Legionär hatte kurz nach seiner Einwechslung in der zweiten Hälfte die Riesenchance auf ein perfektes Comeback.

Foda hat seine Nummer eins

Teamchef Foda machte bei der Generalprobe seine Ankündigung wahr und baute seine Startelf stark um. Mit Christopher Trimmel, Philipp Lienhart, Andreas Ulmer, Valentino Lazaro und Florian Grillitsch fanden sich im Vergleich zum Match in England gleich fünf neue Namen in der Anfangsformation. Stefan Lainer, Aleksandar Dragovic, Marco Friedl, Xaver Schlager, Konrad Laimer saßen dafür auf der Bank. Dort leisteten sie vorerst Arnautovic Gesellschaft, der sich nach seiner hartnäckigen Muskelverletzung nicht von Beginn an mit den slowakischen Verteidigern herumschlagen musste.

Auch in der Zuschauerrolle fand sich Pavao Pervan wieder. Der 33-Jährige gab so wie bei VfL Wolfsburg in der deutschen Bundesliga diesmal auch im Nationalteam den Ersatztorhüter, denn als Nummer eins stand wie beim Test in Middlesbrough Daniel Bachmann im Kasten. Dass der Watford-Keeper nach seiner guten Leistung beim Debüt in Middlesbrough erneut das Vertrauen erhielt, musste gar nicht groß als Hinweis auf die EM interpretiert werden. „Er wird auch nächste Woche spielen“, bestätigte Foda vor dem Anpfiff im ORF, dass Bachmann auch am Sonntag gegen Nordmazedonien das Tor hüten wird. Alexander Schlager, zuletzt in der WM-Quali im Tor, und Pervan sind die „Back-ups“.

Daniel Bachmann
APA/Herbert Neubauer
Bachmann wurde bereits vor dem letzten Testspiel von Foda zur Nummer eins für die EM befördert

Österreich sucht letzten Pass

Das letzte Spiel vor der Europameisterschaft versprühte fast wieder einen Hauch von Normalität. Erstmals seit Ausbruch der Pandemie waren bei einem im Happel-Oval durchgeführten Länderspiel Zuschauer – 3.000 an der Zahl – mit von der Partie. Der traditionelle Radetzky-Marsch vor dem Spiel machte damit gleich wieder mehr Spaß, auch die Erleichterung über die gesangliche Unterstützung von den Rängen bei der Hymne war den Spielern im Gesicht abzulesen.

Auch wenn der erste Warnschuss im Spiel nach einem österreichischen Abspielfehler nach gerade einmal einer Minute der Slowakei gehörte, zeigte sich die umgebaute ÖFB-Truppe in der Anfangsphase gewillt, ihr Publikum in EM-Stimmung zu versetzen. Die Österreicher kombinierten sich gegen die wie erwartet defensiv eingestellten Slowaken gefällig vor das Tor, aber der letzte Pass oder die letzte Flanke wollte wie so oft in der jüngeren Vergangenheit nicht gelingen. Erst in der 21. Minute fand David Alaba mit einer Flanke die Stirn von Sasa Kalajdzic, doch der Torjäger köpfelte den Ball vorbei.

Bachmann mit Glanzparade

Von den Slowaken war offensiv wenig zu sehen, aber sie blieben gefährlich. Ein origineller Versuch von Kapitän Juraj Kucka, gegen den österreichischen Goalie mit einem Schuss von der Mittellinie zu punkten, ging zwar noch daneben, kurz darauf stand es trotzdem fast 1:0 für die Gäste. Robert Mak kam nach einem schnellen Konter frei zum Schuss, doch Bachmann unterstrich mit einer Glanzparade eindrucksvoll seine Nominierung zum EM-Goalie (27.).

Mak prüft Bachmann

Der Slowake kam aus spitzem Winkel zum Schuss, doch Österreichs neue Nummer eins bestand die Prüfung mit Bravour (27.).

Die ÖFB-Elf blieb zwar auch nach der Schrecksekunde ruhig und optisch überlegen, doch auf ein spielerisches Feuerwerk warteten die 3.000 Zuschauer trotz lautstarker Anweisungen von Foda vergeblich. Immerhin kamen die Österreicher einem Tor vor der Pause doch noch nahe, nachdem Marcel Sabitzer und Christoph Baumgartner endlich eine Kombination aufging. Doch Letztgenannter legte sich den Ball ein Stück zu weit vor, und Martin Dubravka konnte parieren (34.). Ein Umstand, der einen sichtlich angespannten Foda bis in den dritten Rang hörbar auf die Palme brachte.

Dubravka rettet vor Baumgartner (34.)

Der slowakische Goalie macht die beste österreichische Chance vor der Pause zunichte

Spielfluss geht verloren

Zumindest war der Teamchef auf seine Spieler nicht so wütend, dass er die gesamte Mannschaft austauschte. Zwei Wechsel gab es zur Pause aber doch: Laimer kam für Sabitzer, Louis Schaub ersetzte Alaba. Diesmal konnte sogar Österreich die erste Chance verbuchen. Aber weil Laimers Versuch von der Strafraumgrenze trotz freier Sicht zu zentral und schwach ausfiel, hatte Dubravka keine Probleme (50.). Praktisch im Gegenzug durften sich Fodas Burschen bei Bachmann bedanken, nachdem Lukas Haraslin unbedrängt die Abwehr umkurven durfte. Doppeltes Glück: Den Nachschuss von Ondrej Duda wehrte der auf dem Boden liegende Haraslin gleich selber ab (51.).

Fodas Umstellungen im Mittelfeld schienen zudem für einige Verwirrung in der eigenen Truppe zu sorgen. Abwehrchef Martin Hinteregger musste sich sogar erkundigen, wie etwa der für Baumgartner nach 55 Minuten eingewechselte Stefan Ilsanker ins Konzept passen könnte. Auch Laimer schien sich nicht sicher zu sein, auf welcher Position er nun spielen sollte. Der durchaus gefällige Spielfluss der ersten Hälfte war jedenfalls dahin. Immerhin keimte bei den Fans dann doch Hoffnung auf: Erstens machte sich Arnautovic ans Aufwärmen, und zweitens wehrte Dubravka einen direkten Hammer von Grillitsch gerade noch an die Stange – die bisher beste Chance im österreichischen Spiel (61.).

Grillitsch brilliert mit Weitschuss (61.)

Der Hoffenheim-Legionär nahm sich, ohne lange zu fackeln, aus der Distanz ein Herz, scheiterte aber am slowakischen Schlussmann und am Torgehäuse.

Arnautovic kommt, schießt und trifft die Stange

Kurz darauf war es so weit: Arnautovic, der zuletzt am 11. Mai für Schanghai auf dem Platz gestanden war, betrat anstelle von Kalajdzic den Happel-Rasen, und mit einem Mal ging ein Ruck durch die Mannschaft. Arnautovic wurde auch gleich von seinen Mitspielern gesucht und bewies gleich, dass er in seiner Zwangspause das Gefühl für die Kugel nicht verloren hatte. Besonders in der 68. Minute, als er mit einem strammen Schuss den slowakischen Goalie ins Leere fliegen ließ – doch die Stange verhinderte ein Traumcomeback des Wieners.

Sosehr die Einwechselung von Arnautovic der Offensive wieder mehr Schwung verschaffte, so sehr ließen die Österreicher in der Defensive die Zügel schleifen. Einmal mehr musste Bachmann rettend eingreifen, nachdem Michael Duris völlig frei vor ihm auftauchte. Trimmel hatte den Slowaken mit einem Fehlpass kurz vor dem eigenen Strafraum eine hundertprozentige Chance geschenkt (75.). Nur fünf Minuten später durfte Duris erneut mit freiem Blick aus Tor abziehen, doch erneut war Bachmann auf dem Posten (80.).

Von den Österreichern kam in der Schlussphase hingegen offensiv nur noch wenig. Arnautovic (87.) und der ebenfalls eingewechselte Gregoritsch (89.) fanden noch einmal in Goalie Dubravka ihren Meister und verpassten damit ein Happy End. Immerhin fahren die Österreicher nach den Niederlagen gegen Dänemark und England nicht mit drei Niederlagen en suite im Gepäck zur EM. Auch die Generalprobe endete etwas besser als jene vor fünf Jahren. Denn vor der Endrunde 2016 setzte es im letzten Test noch eine 0:2-Pleite gegen die Niederlande. Gegen jenen Gegner, gegen den man im zweiten Gruppenspiel am 17. Juni in Amsterdam bestehen muss.

EM-Testspiel:

Sonntag:

Österreich – Slowakei 0:0

Wien, Ernst-Happel-Stadion, 3.000 Zuschauer, SR Schnyder (SUI)

Österreich: Bachmann – Trimmel (78./Posch), Lienhart, Hinteregger, Ulmer – Grillitsch, Alaba (46./Laimer) – Lazaro (78. Gregoritsch), Sabitzer (46./Schaub), Baumgartner (54./Ilsanker) – Kalajdzic (64./Arnautovic)

Slowakei: Dubravka – Pekarik, Satka, Srkiniar, Hubocan – Kucka (63./Hrosovsky), Hromada (63./Gregus) – Haraslin (76./Koscelnik), Duda (76./Benes), Mak (63./Weiss) – Schranz (7./Duris)

Gelbe Karten: keine bzw. Hubocan