Über personelle Konsequenzen bei einem neuerlichen frühen Aus wollte Windtner im Vorfeld des Turniers nicht sprechen. „Ich glaube fest an die Mannschaft“, betonte der Oberösterreicher. Obwohl die Ergebnisse zuletzt ausgeblieben sind, ortet er großes Potenzial. „Was die Qualität des Kaders betrifft, sind wir in der Breite sicherlich gewachsen.“
Fast ein Drittel der Mannschaft sei in den vergangenen Jahren aus der U21 nachgerückt. „Die sind großteils auch Leistungsträger, das hat sicher einen Qualitätsschub ergeben. Die Erwartungshaltung ist klar formuliert, nämlich bei einer Europameisterschaft das erste Mal wirklich zu reüssieren.“
„Eine geschlossene Einheit“
Zuversichtlich, dass die Erwartungen im Gegensatz zum verpatzten Turnier 2016 in Frankreich erfüllt oder gar übertroffen werden, macht den Verbandschef vor allem der herrschende Teamgeist. „Die Stimmung im Nationalteam vermittelt eine geschlossene Einheit, in der sich jeder für den anderen zerreißt.“ Die wichtigste Lehre von 2016 sei, trotz der relativ langen Kasernierung „einen Stimmungsabfall hintanzuhalten“. Ein starker Fokus liegt laut Windtner daher auf Einheiten neben dem Trainingsplatz.

Auch in der CoV-„Blase“ sollen Lockerheit, Spaß und Freude herrschen. Vor der Anreise ins EM-Quartier nach Seefeld am Dienstag durften die Spieler daher auch noch einen Tag zu ihren Familien. „Man kann viel für das Wohlfühlen und damit auch das Abrufen der Leistungskapazität tun“, sagte Windtner. Nicht nur technische Details würden Spiele bestimmen. „Sondern man gewinnt mit Herz und vor allem auch mit dem Kopf.“
Guter EM-Auftakt besonders wichtig
Windtner wird dem Teamcamp in Tirol unter der Woche einen Besuch abstatten, ehe er Samstagmittag mit der Mannschaft zum Schlüsselspiel gegen Nordmazedonien nach Bukarest reist. Bei den bisherigen EM-Teilnahmen 2008 und 2016 gingen die ÖFB-Auftaktspiele gegen Kroatien (0:1) bzw. Ungarn (0:2) jeweils verloren. „Klares Ziel ist, dass wir diesmal besser starten“, sagte Windtner.
„Das Auftaktmatch ist wahrscheinlich das wichtigste. Weil wenn das gut läuft, ist schon vieles gut gelaufen.“ Eine Niederlage am Sonntag (18.00 Uhr, live in ORF1) würde die Situation vor den folgenden Duellen mit den Niederlanden (17. Juni) und der Ukraine (21. Juni) dagegen erheblich verkomplizieren.
Trainerdiskussion auf später verschoben
Mit Szenarien über die Zukunft von Teamchef Franco Foda, dessen Vertrag zumindest bis Ende der WM-Qualifikation im November gilt, wollte sich der ÖFB-Chef nicht beschäftigen – weder im Erfolgs- noch im Misserfolgsfall. „Darüber zu orakeln, bringt derzeit überhaupt nichts“, so Windtner. „Darüber sollte man nach getaner Arbeit bei der EM nachdenken.“

Derzeit stehe einzig das Erreichen der sportlichen Ziele im Fokus. „Alle anderen Nebenschauplätze werden mit allen Kräften vermieden. Das ist auch eine Erfahrung aus 2016.“ Selbst, was nach einem Aus in der Gruppenphase passieren würde, sei „vollkommen offen“.
Windtner noch nicht amtsmüde
Das trifft auch auf Windtners Zukunft als ÖFB-Präsident zu. Der 70-Jährige ist seit 2009 im Amt und hat bereits sein grundsätzliches Interesse an einer weiteren Periode signalisiert. Eine starke EM könnte für ihn Rückenwind bedeuten. Die erhoffte Klarheit, bei der ordentlichen Hauptversammlung im Oktober eine breite Mehrheit hinter sich zu haben, gab es im Vorfeld des Turniers aber noch nicht. Windtner: „Das lasse ich jetzt einmal ungeschehen vorbeiziehen. Am 12. Juli ist die Europameisterschaft vorbei, dann kann man über alles wieder diskutieren. Jetzt wird alles nur dem einen Ziel untergeordnet.“
Zumal das Turnier nicht nur für den ÖFB, sondern für den gesamten Fußball in Österreich große Bedeutung habe. „Gerade jetzt in der Nach-Corona-Epoche“, sagte Windtner. „Es wird kein Selbstläufer, dass die Kinder und Jugendlichen wieder auf die Fußballplätze zurückkehren.“ Man werde als Verband diesbezüglich Initiativen setzen. „Aber der beste Animator ist der Erfolg des Nationalteams, da gibt es keinen Zweifel.“