Fußball-EM

Rekordtor besiegelt Sieg von Tschechien

Tschechien hat einen perfekten Start in die Fußball-EM hingelegt. Die Auswahl von Coach Jaroslav Silhavy setzte sich am Montag im Hampden Park von Glasgow mit 2:0 (1:0) gegen Schottland durch. Mann des Spiels war Patrik Schick, der kurz vor der Pause das erste Tor erzielte und mit einem Traumtor aus 50 Metern auch für die Entscheidung sorgte. Laut UEFA hatte noch nie ein Spieler bei einer EM aus größerer Entfernung getroffen.

Tschechien, das seit der Trennung von der Slowakei (1993) an jeder EM-Endrunde teilgenommen hat, führt die Tabelle der Gruppe D damit nach dem ersten Spieltag dank der besseren Tordifferenz punktegleich vor England an. Die „Three Lions“ hatten sich am Sonntag zum Auftakt gegen Vizeweltmeister Kroatien dank eines Treffers von Raheem Sterling (57.) mit 1:0 (0:0) durchgesetzt.

Sowohl die Kroaten als auch die Schotten, die erstmals seit 25 Jahren wieder bei einer EM dabei sind und im elften Versuch (bisher zwei EM-Endrunden, acht WM-Endrunden) den erstmaligen Einzug in die K.-o.-Runde schaffen wollen, stehen damit bereits im zweiten Gruppenspiel unter Zugzwang. Die Auswahl von Zlatko Dalic bekommt es am Freitag (18.00 Uhr) mit Tschechien zu tun, Schottland trifft im Schlager auf England (21.00 Uhr, live in ORF1).

Jubel der tschechischen Mannshcaft rund um Doppeltorschütze Patrik Schütz
Reuters/Paul Ellis
Schick gelang nicht nur ein Doppelpack, sondern wahrscheinlich bereits das Tor der EM

Schotten setzen auf bewährte Kräfte

Die Schotten liefen im gewohnten 3-5-2-System auf. Von Anfang an mit dabei waren auch Grant Hanley und John McGinn, die beim 2:2 in der WM-Qualifikation gegen Österreich getroffen hatten. Liverpool-Star und Kapitän Andy Robertson startete auf der linken Außenbahn. Kieran Tierney wurde nicht rechtzeitig fit und fehlte. Schottland-Teamchef Steve Clarke sagte, dass der Arsenal-Leginär im Training einen Schlag abbekommen hatte, war aber zuversichtlich, dass der Verteidiger für das Duell mit England bereit sein wird.

Bei Tschechien sollten Tomas Soucek von West Ham und Alex Kral von Spartak Moskau im defensiven Mittelfeld das Spiel von hinten aufbauen und Regisseur und Kapitän Vladimir Darida von Hertha BSC den Rücken freihalten. Als Speerspitze lief Julian Baumgartlingers Leverkusen-Teamkollege Schick auf. Der Schützenkönig der tschechischen Liga, Adam Hlozek, sowie der Torschützenkönig der polnischen Topliga, Tomas Pekhart, saßen zunächst nur auf der Bank.

Munterer Beginn vor 13.000 Zuschauern

Die Schotten hatten sich für ihr erstes EM-Match seit 1996 viel vorgenommen und starteten sehr zum Gefallen der 13.000 zugelassenen Zuseher im Hampden Park in Glasgow stark in die Partie. Erstmals gefährlich wurde es in der achten Minute, als ein Schuss von Aston-Villa-Mittelfeldstar McGinn nach einem Patzer von Tomas Kalas gerade noch abgeblockt werden konnte.

Vaclik pariert gekonnt

Nach einer Balleroberung von Christie greift Robertson von links an. Dieser scheitert jedoch am tschechischen Keeper Vaclik, der seine Hand im entscheidenden Moment gekonnt in die Luft reißt.

Der Aston-Villa-Mann stand auch bei der ersten tschechischen Großchance im Mittelpunkt, als er sich den Ball von Jakub Jankto abluchsen ließ. Der Sampdoria-Legionär bediente Schick, dessen Volleyabnahme David Marshall gerade noch zur Ecke klären konnte (16.). Die Schotten ließen sich davon aber nicht beeindrucken, praktisch im Gegenzug ein Spiegelbild der ersten tschechischen Chance. Der Versuch von Lyndon Dykes nach Pass von Robertson landete aber knapp neben der linken Stange (18.)

Robertson scheitert, Schick trifft

Nach rund 25 Minuten hatte das schottische Angriffsspiel etwas an Schwung verloren. Die Tschechen bekamen einen besseren Zugriff auf das Spiel, ohne jedoch offensiv Akzente setzen zu können. Die Hausherren zogen sich zwar nun etwas zurück, wenn es schnell ging, wurde es aber brandgefährlich. In der 32. Minute tauchte nach einem Einwurf und Stellungsfehler der Tschechen Robertson auf der linken Seite auf und prüfte Tschechien-Goalie Tomas Vaclik, der den scharfen Schuss mit den Fingerspitzen gerade noch über die Latte lenkte.

Schick trifft per Kopf zum 1:0

Nach einem Eckball flankt Rechtsverteidiger Vladimir Coufal, Schick steigt zwischen zwei Schotten hoch und köpfelt platziert ein.

Eine Unachtsamkeit brachte die Schotten kurz vor der Pause dann aber um die Früchte einer starken ersten Hälfte. Nach einem Eckball konnte sich die Hintermannschaft nicht befreien. Der Ball landete rechts bei Vladimir Coufal, der unbedrängt in der Mitte flanken konnte, wo Schick sich im Lufkampf gegen zwei Schotten durchsetzte und wuchtig per Kopf zur Führung der Tschechen in die Maschen traf (42.). Mit dem 1:0 für die Gäste ging es nach 45 Minuten auch in die Kabinen.

Schick zerstört schottische Hoffnungen

Gleich nach dem Seitenwechsel ging es munter weiter. Zunächst prüfte Schick Marshall mit einem platzierten Schuss ins kurze Eck, der Schottland-Goalie war aber aufmerksam (47.). Auf der Gegenseite konnte Vaclik eine Flanke nicht ausreichend klären, Abwehrspieler Jack Hendry probierte es von der Strafraumgrenze, sein Heber landete aber an der Querlatte (48.). Einen Steilpass versuchte kurz darauf Kalas zu klären, überhob damit aber fast den herauslaufenden Vaclik, der im Zurücklaufen gerade noch klären konnte (49.).

Schottland schnupperte am Ausgleich, wurde aber abermals bestraft. Ein abgeblockter Schuss von Hendry landete bei Schick, der sich an der Mittellinie ein Herz nahm und den weit vor seinem Tor stehenden Marschall mit einem perfekten Heber düpierte (52.). Laut UEFA-Messung traf der 25-jährige Goalgetter von Leverkusen aus exakt 49,7 Metern, womit er die alte Bestmarke des Deutschen Torsten Frings (38,6 Meter) bei der EM 2004 klar übertraf.

Vaclik hält Kasten sauber

Angetrieben von den eigenen Fans versuchte Schottland danach noch einmal alles und setzte das tschechische Tor unter Dauerbeschuss, belohnt wurde die schottische Angriffswelle aber nicht, zumal Vaclik zwischen den tschechischen Pfosten über sich hinauswuchs. Eine Doppelchance von Dykes und McGinn machte der Sevilla-Goalie mit Glanzparaden zunichte (57.), einen Gewaltschuss von Stuart Armstrong entschärfte wiederum Verteidiger Kalas (61.). Bei Versuchen der eingewechselten Kevin Nisbet (82.) und James Forrest (84.) blieb wieder Vaclik Sieger und avancierte endgültig zum zweiten tschechischen Matchwinner.

Stimmen zum Spiel

Jaroslav Silhavy (Tschechien-Teamchef): „Der entscheidende Faktor war, dass wir das frühe Pressing von Schottland gut überstanden haben. Dann haben wir uns ins Spiel gearbeitet und das Führungstor erzielt. Das zweite Tor von Patrik Schick hat uns Ruhe gebracht, dann haben wir unsere Aufgabe zu Ende gebracht. Wir müssen auch Danke sagen an Tomas Vaclik, seine Leistung war einfach exzellent.“

Steve Clarke (Schottland-Teamchef): „Es war eine gute Lernerfahrung. Wir sind aber nicht hierhergekommen, um zu lernen, aber das ist Teil des Geschäfts. Und man muss seine Chancen nutzen, wenn man sie bekommt. Das zweite Tor von Schick war ein wunderbarer Schuss, da ist alles für ihn gelaufen.“

Andy Robertson (Schottland-Kapitän): „Jeder im Land wollte einen guten Start sehen. Wir waren zuversichtlich, aufgeregt, und es läuft am Ende darauf hinaus, dass wir unsere Chancen nicht genutzt haben. Wir hatten wirklich sehr, sehr gute Chancen, die wir besser verwertet hätten. Wenn wir das besser machen, ist es ein anderes Spiel. Das ist eine harte Lektion für uns auf höchstem Level, bei den besten Turnieren. Da muss man seine Chancen nutzen. Tschechien hat es getan.“

Patrik Schick (Tschechien-Doppeltorschütze): „Es ist immer schwer, gegen uns zu spielen. Wir haben viele hart arbeitende Spieler. Schottland war ein harter Gegner, aber wir waren bereit für ihre Taktik.“ Zu seinem zweiten Tor: „Ich habe schon in der ersten Halbzeit gemerkt, dass so eine Situation kommen könnte. Ich habe gesehen, wo er steht.“

EM 2021, Gruppe D, erster Spieltag

Montag:

Schottland – Tschechien 0:2 (0:1)

Glasgow, Hampden Park, 12.000, SR Siebert (GER)

Tore:
0:1 Schick (42.)
0:2 Schick (52.)

Schottland: Marshall – Hendry (67./McGregor), Hanley, Cooper – O’Donnell (79./Forrest), McGinn, McTominay, Armstrong (67./Fraser), Robertson – Dykes (79./Nisbet), Christie (46./Adams)

Tschechien: Vaclik – Coufal, Celustka, Kalas, Boril – Kral (67./Holes), Soucek – Masopust (72./Vydra), Darida (87./Sevcik), Jankto (72./Hlozek) – Schick (87./Krmencik)

Gelbe Karten: keine