Der Schotte John McGinn
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Fußball-EM

Derby als schottisches Schicksalsspiel

Das traditionsreichste Nationenduell im Fußball bekommt ein neues Kapitel auf der großen EM-Bühne. Wenn am Freitag (21.00 Uhr, live in ORF1) im Londoner Wembley Stadion England auf Schottland trifft, ist es bereits das 115. Duell beider Länder. Und für die Schotten ist diesmal ein Sieg besonders wichtig. Am 30. November 1872 wurde das Spiel erstmals in Hamilton Crescent, einem Kricket-Feld in Glasgow, ausgetragen – es endete mit 0:0. England hält insgesamt bei 48 Siegen, die Schotten bei 41, 25-mal gab es ein Remis.

Diesmal sind die Rollen klar verteilt, Schottland kämpft nach der 0:2-Niederlage gegen Tschechien bereits gegen das Ausscheiden. Das erste Gruppenspiel in Pool D wurde für die Schotten zur herben Enttäuschung. Gegen den vermeintlich einfachsten Gegner spielten sie einige gute Chancen heraus, konnten diese aber nicht verwerten und mussten sich geschlagen geben.

Es war das erste Spiel für Schottland bei einer EM seit 25 Jahren. Trotzdem gab sich das Team nach der Niederlage optimistisch: „Es ist wichtig, dass wir uns nicht zu sehr grämen. Wir müssen es jetzt auf den harten Weg schaffen“, sagte Mittelfeldspieler John McGinn von Aston Villa bei einer Pressekonferenz am Mittwoch.

Rashford betont Besonderheit des Duells

Den Engländern hingegen ist der Auftakt ins Turnier geglückt, gegen Vizeweltmeister Kroatien erzielte Raheem Sterling das entscheidende 1:0. Dennoch übte man sich in Zurückhaltung, Stürmer Marcus Rashford betonte die Besonderheit des bevorstehenden Duells: „Die Atmosphäre beim letzten Mal war einzigartig, es wird ein schwieriges Spiel für uns.“ Die Schotten seien ein effektives Team, man müsse gegen sie aus der Komfortzone herauskommen, ergänzte der Manchester-United-Spieler.

Gruppe D, zweiter Spieltag

Freitag, 21.00 Uhr, live in ORF1:

England – Schottland

London, Wembley-Stadion, SR Lahoz (ESP)

England: Pickford – James, Stones, Mings, Shaw – Rice, Phillips, Mount, Foden – Sterling, Kane

Scotland: Marshall – Robertson, O’Donnell, Hanly, Tierney – McTominay, McGinn, McGregor, Gilmour – Dykes, Adams

Rashford warnte vor dem Gegner, dieser habe gute Spieler, die auch schon einiges gewonnen hätten. Namentlich nannte er seinen Klubkollegen Scott McTominay und Liverpools Andrew Robertson. Als Spieler würde man auf diese Momente warten, sagte der Angreifer: „Du willst in den größten Partien spielen, und an diese werden wir uns für den Rest unserer Karrieren erinnern.“

Beide Teams setzen Zeichen gegen Rassismus

England wird auch vor diesem Spiel niederknien, um ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen. Schottland hat angekündigt, sich diesmal am Protest zu beteiligen, was Rashford sehr begrüßte: „Wenn du wichtige Nachrichten verbreiten willst, gibt es keine bessere Möglichkeit als die große Bühne.“ Der englische Fußballverband FA appellierte am Donnerstag an alle Fans, die Aktion zu respektieren. Zuvor hatte es immer wieder Buhrufe gegen das Niederkniens gegeben.

Für das Spiel fit gemeldet hat sich der englische Abwehrchef Harry Maguire. „Ich fühle mich gut. Ich bin wieder verfügbar, habe trainiert und freue mich darauf“, sagte der Kapitän von Manchester United. Der 28-Jährige hatte sich Anfang Mai in der Premier League am Sprunggelenk verletzt und seitdem kein Spiel mehr absolviert.

Schotten wollen ersten Sieg seit 1999

Bei den Schotten ist Arsenal-Verteidiger Kieran Tierney weiterhin fraglich, ein Einsatz könnte sich erst kurzfristig entscheiden. Ansonsten ist das Team einsatzbereit und hochmotiviert. McGinn zollte dem Gegner Respekt, unterstrich aber auch die eigenen Ambitionen: „Sie haben Superstars im ganzen Kader, also sind wir Außenseiter. Aber wir haben ein paar kleine Superstars, die ihnen Probleme machen können. Wir können mithalten.“ Vor dem britischen Duell lässt sich Schottland die Hoffnung auf eine Überraschung also nicht nehmen. Ein Sieg wäre der erste gegen den „Auld Enemy“ seit 1999.