Ungarn trotzt Frankreich Remis ab

Die Hitze in Budapest und ein – für die Franzosen mittlerweile ungewohntes – volles Stadion machten den Teams zu schaffen. Mit diesem Ergebnis ist in der als „Hammergruppe“ bezeichneten Gruppe F noch keine Vorentscheidung gefallen, und die Mannschaft des italienischen Trainers Marco Rossi hat damit am Mittwoch (21.00 Uhr) noch ein richtiges „Endspiel“ um den Aufstieg. Dann wird jedoch in München gespielt.

Für Frankreich verlief die Partie hingegen enttäuschend. Die spielerische Überlegenheit konnte nicht in einen Erfolg umgemünzt werden. Mit vier Zählern ist der amtierende Weltmeister dennoch gut unterwegs und kann sich am Mittwoch (21.00 Uhr, live in ORF1) gegen Portugal ins Achtelfinale schießen. Dafür wird aber auch mehr Effektivität vor dem gegnerischen Tor notwendig sein.

Hotspot Puskas-Stadion

32 Grad zeigte das Thermometer in Budapest. Ungarn versteckte sich zu Beginn nicht – angetrieben vom Großteil der Fans in einem vollen Puskas-Stadion. „Das Stadion wird voller Fans des Gegners sein. Das sind wir nicht mehr gewohnt“, hatte Bayern-Verteidiger Lucas Hernandez, der aber im Gegensatz zum 1:0 zum Auftakt über Deutschland nicht in der Anfangsformation stand, noch vor dem Spiel gesagt.

„Die Ungarn haben gegen Portugal 80 Minuten lang gut dagegengehalten. Sie sind defensiv stark und lassen nicht viele Räume. Da müssen wir wachsam sein“, so Hernandez. Doch mit der Fortdauer der Partie ebbte der magyarische Anfangselan ab, und in der 14. Minute brandete Jubel über das vermeintliche 1:0 auf. Doch Griezmann stand dabei im Abseits. Ungarns Tormann Peter Gulacsi hatte zuvor einen Weitschuss von Karim Benzema abprallen lassen müssen.

0:0 statt 3:0

Die Hitze machte den Spielern weiter zu schaffen. Ungarns Kapitän Adam Szalai war das offensichtlich zu viel und der 33-jährige von Mainz 05 wurde während einer Erfrischungsunterbrechung gegen Nemanja Nikolics ausgetauscht. Der bekam prompt per Freistoß einen schweren Wirkungstreffer von Benzema verpasst, konnte aber weiterspielen. Tormöglichkeiten gab es nur aufseiten der Franzosen.

Doch Benzema trifft den Ball nach idealer Vorarbeit von Kylian Mbappe nicht richtig, sondern mit dem Schienbein. Der Ball geht ein paar Zentimeter an der rechten Stange vorbei. Kurz darauf verzieht auch Mbappe seinen Torversuch. Ein 3:0 für Frankreich wäre zu diesem Zeitpunkt ein vertretbares Ergebnis. Ungarische Angriffsbemühungen gab es in dieser Phase des Spiels keine.

Fiola stellt das Spiel auf den Kopf

In der 43. Minute erfolgte dann doch wieder einmal ein Angriff der Ungarn, doch Salai traf bei seinem Weitschussversuch Teamkollegen Attila Fiola am Rücken. Ein paar Minuten später machte es Fiola wesentlich besser.

Einen Konter in der Nachspielzeit der ersten Hälfte vollstreckte der Mann von Fehervar nach einem Sprint mit einem Schuss auf die kurze Ecke zum 1:0 (45.+2) und stellte damit den Matchverlauf auf den Kopf. Beim Pausenpfiff des englischen Schiedsrichters Michael Oliver tobte das Stadion vor Freude.

Frankreich arbeitet sich zurück

Nach Wiederanpfiff kontrollierte Frankreich weiter die Partie, Tor gelang jedoch keines. Der kurz zuvor eingewechselte Ousmane Dembele ließ in der 59. Minute den Ball an die Stange klatschen. Im Netz landete dann Griezmanns Schuss in der 66. Minute.

Nach einem weiten Abschlag von Hugo Lloris nahm Mbappe den Ball mit in den Strafraum und über Umwege kam das Leder zu Griezmann, der sicher zum 1:1 verwertete (66.). „Allez les bleus“-Rufe schallten endlich für alle, die es mit dem Weltmeister halten, durchs Stadion. Frankreich gab noch einmal Gas.

Ungarn halten stand

Der in 76. Minute für Benzema eingewechselte Olivier Giroud prüfte mit einem harten Schuss Gulacsi im ungarischen Tor, doch der Ex-Salzburger war auf dem Posten. Langsam, aber sicher lief der Elf von Didier Deschamps die Zeit davon. Ein Sieg schien immer unwahrscheinlicher, zu vorsichtig waren die Angriffe vorgetragen, zu konzentriert standen die Ungarn in der Verteidigung.

So bejubelte die Heimmannschaft euphorisch einen Punktegewinn gegen den hohen Favoriten. Ungarn konnte mit guter Defensivarbeit gegen Frankreich das 1:1 über die Runden bringen und nimmt so viel Schwung für das Duell mit Deutschland am Mittwoch mit.

Stimmen zum Spiel:

Marco Rossi (Teamchef Ungarn): „Meine Mannschaft hat ein taktisch überragendes Spiel abgeliefert und ihre Arbeit mit der richtigen Portion Mut und Herz verrichtet. Ich kann ihnen nur danken. Heutzutage sind viele Trainer davon überzeugt, dass die Mannschaft aufgrund der Taktik des Trainers gewinnt. Sie liegen falsch. Die Spieler sind immer die Hauptfiguren. Heute haben sie unglaublich performt. Wir haben unsere Grenzen, aber die Zukunft verheißt Gutes.“

Didier Deschamps (Teamchef Frankreich): „Ich bin nicht überglücklich mit dem Ergebnis, aber ich bin zufrieden. Wir haben nicht verloren, wir haben zu unseren drei Punkten noch einen hinzugefügt. Ich glaube, das eröffnet uns ein bisschen Spielraum für das dritte Match. Ungarn hat das Spiel des Lebens geliefert. Gut für sie. Vielleicht hatten all diese Umstände (Hitze, volles Stadion, Anm.) mehr Einfluss auf uns als auf den Gegner.“

Antoine Griezmann (Stürmer Frankreich): „Ich weiß nicht, was gefehlt hat. Ich bin fertig, es war super heiß. Wir sind ein volles Stadion nicht mehr gewohnt. Wir haben uns nicht gehört. Wir müssen uns aufraffen und ausruhen, um Portugal zu schlagen. Es erinnert mich an die WM, da haben wir auch gelitten in der Gruppenphase.“

Fußball-EM, Gruppe F, zweiter Spieltag

Samstag:

Ungarn – Frankreich 1:1 (1:0)

Budapest, Puskas Arena, 56.000 Zuschauer, SR Oliver (ENG)

Torfolge:
1:0 Fiola (45.+2)
1:1 Griezmann (66.)

Ungarn: Gulacsi – Botka, Orban, At. Szalai – Nego, Kleinheisler (84./Lovrencsics), Nagy, Schäfer (76./Cseri), Fiola – Sallai, Ad. Szalai (26./Nikolic)

Frankreich: Lloris – Pavard, Varane, P. Kimpembe, Digne – Pogba (76./Tolisso), Kante, Rabiot (57./Dembele, 87./Lemar) – Griezmann, Mbappe – Benzema (76./Giroud)

Gelbe Karten: Botka bzw. Pavard

Die Besten: Botka, Gulacsi bzw. Kante, Griezmann, Mbappe