Englands Coach Gareth Southgate
Reuters/Frank Augstein
Fußball-EM

England muss auch auswärts liefern

Als klarer Favorit geht England ins EM-Viertelfinale gegen die Ukraine. Erstmals im Turnierverlauf treten die „Three Lions“ auswärts an, die Partie am Samstag (21.00 Uhr) in Rom soll dabei nur eine Durchgangsstation auf dem Weg zurück nach London sein, wo alle Spiele ab dem Halbfinale ausgetragen werden. Trainer Gareth Southgate warnte vor dem vermeintlichen Selbstläufer gegen den Außenseiter aus der Österreich-Gruppe.

Durch den 2:0-Sieg über Deutschland schwappte eine Welle der Erleichterung und Euphorie über die Insel. Erst in Rom den Außenseiter schlagen, dann im Halbfinale gegen Dänemark oder Tschechien vor bis zu 60.000 Fans in der heimischen Fußball-Kathedrale den Einzug ins Endspiel zelebrieren – eine ganze Nation träumt bereits von der finalen Krönung in London am 11. Juli. Zumindest fast eine ganze Nation. Denn dem Trainer gefällt die Erwartungshaltung seiner Landsleute, die den größten EM-Erfolg seit dem dritten Platz 1968 erwarten, nur bedingt.

Gareth Southgate sprach eine Warnung aus mit der Kernbotschaft: Die Fans dürfen ruhig träumen, seine Mannschaft nicht. „Das ist ein gefährlicher Moment. Das Gefühl des Erfolgs, die Stimmung im Land – wir dürfen nicht nachlassen“, sagte Southgate vor dem Ukraine-Duell. „Es gibt die Wahrnehmung, dass wir nur antreten müssen und schon sind wir auf dem Weg. Aber wir müssen das Spiel auf die richtige Art und Weise vorbereiten. Unsere Mentalität wird enorm wichtig sein, wir brauchen den Fokus wie gegen Deutschland.“

Keine Fans aus England in Rom

Erstmals bei diesem Turnier darf England nicht im heimischen Wembley-Stadion antreten, auf dem Weg nach Italien werden auch die „Three Lions“ erstmals Flugkilometer sammeln. Für englische Fans wurde Rom schon vorab zum Stimmungskiller. Als Vorsichtsmaßnahme gegen die Verbreitung der Coronavirus-Mutante Delta müssen britische Bürger ihre gekauften Tickets zurückgeben – oder an in Italien lebende Freunde oder Verwandte weitergeben. Einer diesbezüglichen Anfrage der italienischen Behörden kam die UEFA nach.

Grafik zum Viertelfinale Ukraine – England
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Während beim 2:0 gegen Deutschland über 40.000 fast ausschließlich englische Fans eine Party gefeiert hatten, wird die Unterstützung von den Rängen im römischen Olympiastadion verhalten ausfallen. Southgate versuchte, die Ausgangslage positiv umzudeuten. „Ich habe den Spielern gesagt, dass das jetzt eine fantastische Herausforderung für uns ist. Wir müssen raus aus Wembley, das Wetter wird wahrscheinlich heiß und kaum ein England-Fan im Stadion sein.“

Fußball-EM, Viertelfinale

Samstag, 21.00 Uhr (live in ORF1):

Ukraine – England

Rom, SR Brych (GER)

Mögliche Aufstellungen:

Ukraine: Buschtschan – Karawajew, Sabarnyj, Krywzow, Matwijenko – Malinowskyj, Sydortschuk, Sintschenko – Jarmolenko, Jaremtschuk, Subkow

England: Pickford – Walker, Stones, Maguire, Shaw – Phillips, Rice – Saka, Mount, Sterling – Kane

Trotzdem gibt es an der Favoritenrolle nichts zu rütteln. Zusammen mit dem Sonderfall Dänemark schafften die Ukrainer als punktemäßig schwächstes Team den Sprung ins Achtelfinale. Nach dem späten 2:1-Sieg nach Verlängerung gegen Schweden dürfte das Team des ehemaligen Weltklassestürmers Andrij Schewtschenko schneller an sein physisches Limit geraten.

Noch kein Gegentor für England

England hingegen hat als einziges Team im Turnier weiterhin kein Gegentor bekommen. Dabei war Jordan Pickford nach durchwachsenen Leistungen bei seinem Stammclub Everton als umstrittener Einsergoalie ins Turnier gestartet. Doch eine Tormanndebatte handelte sich der 1,85-Meter-Mann dank seiner solide arbeitenden Vorderleute nicht ein, im Gegenteil: Der 27-Jährige könnte in Rom Gordon Banks’ Turnierbestmarke von vier Spielen ohne Gegentor, die dieser auf dem Weg zum bisher einzigen (WM-)Titel 1966 aufgestellt hatte, übertreffen.

Die Ukraine will dem Favoriten ausgerechnet in dem Land ein Bein stellen, in dem ihr Teamchef seine Glanzjahre als Torjäger verbracht hat. „Es ist unglaublich schwierig, gegen sie zu treffen, aber ihre Stärke sollte uns nicht erschrecken“, sagte Schewtschenko. „Es soll uns motivieren, denn im Fußball wie im Leben ist alles möglich, und wir werden mit Herzblut spielen, um unsere Fans noch mehr jubeln zu lassen.“ Geleitet wird die Partie vom nicht unumstrittenen deutschen Schiedsrichter Felix Brych.