Das Nationalstadion in Tokio
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Olympia

Sommerspiele steigen vor leeren Rängen

Die Olympischen Spiele in Tokio werden ohne Fans in Szene gehen. Die Veranstalter teilten am Donnerstag nach Beratungen mit der japanischen Regierung und dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) mit, dass nach dem Verbot für ausländische Gäste auch keine einheimischen Zuschauer die Bewerbe an Ort und Stelle verfolgen dürften. Zuvor hatte Premierminister Yoshihide Suga den Notstand in Tokio verlängert, um die Gefahr einer weiteren Coronavirus-Welle einzugrenzen.

„Wir hatten keine andere Wahl“, sagte Organisationschefin Seiko Hashimoto. Bis zuletzt hatten die Olympiaorganisatoren noch an ihren Plänen festgehalten, bis zu 10.000 Fans aus dem Inland pro Wettkampf in den Arenen zuzulassen. Diese Hoffnung ist nun zerplatzt. In Tokio und in drei Nachbarpräfekturen werden bei den Spielen die Arenen leer bleiben. Ausländischen Zuschauern war bereits im März die Einreise untersagt worden.

Vor den kurzfristig anberaumten Beratungen der Organisatoren am Donnerstag hatte die Regierung entschieden, für die Zeit der Olympischen Spiele erneut den Coronavirus-Notstand auszurufen. Die Maßnahme werde vom kommenden Montag bis vorläufig 22. August gelten, hieß es. Die Sommerspiele in Tokio sollen vom 23. Juli bis 8. August stattfinden. Grund für den inzwischen vierten Notstand für Tokio sind wieder deutlich steigende Infektionszahlen.

Aomi Urban Sports Park in Tokio
Reuters/Issei Kato
Die Tribünen bei den Sommerspielen in Tokio werden auch während der Wettkämpfe leer bleiben

Angst vor Superspreader-Event

Mit dem Notstand will die Regierung vor allem verhindern, dass Restaurants und Bars Alkohol ausschenken. Auch das Singen von Karaoke soll unterbunden werden, um eine Ausbreitung des Coronavirus in den Griff zu bekommen. Suga bezeichnete die Verhängung des Notstandes als Vorsichtsmaßnahme. „Wir müssen stärkere Schritte unternehmen, um einen weiteren landesweiten Ausbruch zu verhindern, auch unter Berücksichtigung der Auswirkungen von Coronavirus-Varianten“, sagte der Politiker.

Mediziner begrüßten den Ausschluss von Zuschauern. „Ich unterstütze das, aber die Bedenken werden nie verschwinden, solange es eine riesige Veranstaltung mit gleichzeitiger Urlaubs- und Ferienzeit gibt“, sagte Professor Yuki Furuse von der Kyoto-Universität. Private Feiern seien aber noch schwieriger zu kontrollieren als Fans in Stadien, hieß es von anderer Seite. Der Notstand ist aber kein Lockdown mit harten Ausgangssperren wie in anderen Ländern. Die Bürger sollen möglichst zu Hause bleiben.

Die Sommerspiele werden nun aber zu einem reinen TV-Spektakel. Denn auch Fanzonen und Public Viewings sind wegen des Notstands untersagt. Tokios Gouverneurin Yuriko Koike meinte dazu, dass diese Entscheidung „herzzerreißend“ für all jene sei, die gerne live an den Schauplätzen dabei gewesen wären. Viele Menschen in Japan fürchten, dass die Spiele zu einem Superspreader-Event werden könnten. Sowohl die Organisatoren als auch das IOC betonten bisher immer, dass alles „sicher“ ablaufen werde.

Ausnahmen von Zuschauersperre geplant

Ausnahmen wird es allerdings auch geben. Japans Olympiaminister Tamayo Marukawa sagte, dass an Wettkampforten außerhalb der größeren Umgebung Tokios eine limitierte Zahl an Zuschauern zugelassen werde. In Fukushima, Miyagi und Shizuoka sollen bis zu 50 Prozent der Kapazität und 10.000 Zuschauer erlaubt sein. Das berichtete Marukawa nach einem Meeting mit dem IOC, der Gastgeberstadt Tokio und weiteren Behörden.

Bach fühlt sich wie „Athlet im Warteraum“

IOC-Präsident Thomas Bach war am Donnerstag in Tokio eingetroffen und begab sich in eine dreitägige Quarantäne in einem Hotel in der Innenstadt. Man werde Verantwortung beweisen und „alle Maßnahmen unterstützen, die für sichere Spiele für Japans Bevölkerung und die Teilnehmer nötig sind“, beteuerte der 67-jährige Deutsche zu Beginn der Beratungen über die Zuschauerfrage.

Die Austragung der Sommerspiele steht jedoch für den Deutschen außer Diskussion. „Ich fühle mich wie ein Athlet im Warteraum, bereit für die Action“, sagte Bach. Am Tag seiner Ankunft meldete die Stadtverwaltung von Tokio 896 neue Infektionsfälle. Damit liegt die Zahl der Neuinfektionen seit nunmehr 19 Tagen jeweils über dem Wert des gleichen Tages der Vorwoche. In Umfragen hatte sich immer wieder eine Mehrheit der Japaner für eine erneute Verschiebung oder Absage ausgesprochen.