Norris’ Landsmann Titelverteidiger Lewis Hamilton und sein finnischer Teamkollege Valtteri Bottas, der die freien Trainings dominiert hatte, konnten im Finish von Q3, als alle Fahrer riskierten und auf Slicks umstiegen, mit ihrem Lieblingskurs in Sotschi nicht mit den Schnellsten mithalten. Mit den Plätzen vier für Hamilton und lediglich sieben für Bottas konnte Mercedes die selbst gewählte Rückversetzung von Red-Bull-Ass und WM-Spitzenreiter Max Verstappen ans Ende des Feldes nicht wirklich nutzen.
Zwei Wochen nach dem Sieg von Daniel Ricciardo beim Grand Prix von Italien in Monza sorgte hingegen Norris bei schwierigen Verhältnissen für die nächste Überraschung eines McLaren-Boliden. Der 21-Jährige holte mit 0,517 Sek. Vosprung auf Sainz und 0,990 Sek. vor Russell die erste Poleposition für seinen Rennstall seit Brasilien 2012. Damals hatte noch Hamilton den ersten Startplatz für McLaren gesichert.
Norris überrascht mit Pole in Sotschi
Lando Norris wird am Sonntag beim Grand Prix von Russland erstmals in seiner Karriere ein WM-Rennen vom ersten Startplatz aus in Angriff nehmen. Der britische McLaren-Pilot pokerte am Samstag in Sotschi hoch und wurde dafür mit der Poleposition vor Ferrari-Pilot Carlos Sainz und George Russel im Williams belohnt. Mercedes erlitt hingegen eine saftige Watschen.
„Oh mein Gott, es fühlt sich großartig an, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich bin extrem glücklich. Ein großer Dank ans Team", sagte Norris, nachdem er bei der Gratwanderung zwischen feuchtem und trockenem Asphalt die schnellste Linie gefunden hatte, „es gab noch einige Sektoren, wo es nicht so trocken war. Aber ich habe mich gut auf die letzte Runde vorbereitet. Es hat mich Nerven gekostet, aber es hat sich ausgezahlt. Hoffentlich bin ich morgen in der ersten Kurve auch noch vorne. Jetzt bin ich einfach nur glücklich.“
Mercedes rutscht auf Slicks aus
Bei Mercedes ging im Finish hingegen alles schief. Anstatt von der Poleposition auf den achten Mercedes-Sieg im achten Rennen in Sotschi und auf seinen fünften an der Schwarzmeer-Küste loszugehen, touchierte Hamilton zunächst bei der Einfahrt zum Tausch auf Slicks die Boxenmauer und demolierte seinen Frontflügel. Beim Versuch, Norris noch zu überholen, rutschte der Engländer schließlich auch noch von der Strecke und konnte froh sein, dass sein Bolide nicht als Schrotthaufen an der Mauer endete.
Neben Norris nutzten auch der Spanier Sainz im Ferrari und Russell die Patzer bei Mercedes. „Es war sehr schwierig, von Anfang an sehr tricky. Nach Q2 habe ich gedacht, dass es die Chance auf Slicks gibt. Es war eine Runde am Limit. Auf den Intermediates haben wir am schlechtesten performt. Auf den Slicks werden wir konkurrenzfähig sein“, sagte Sainz. Sein monegassischer Teamkollege Charles Leclerc, der wegen unerlaubten Motorentauschs so wie Red-Bull-Star Verstappen aus der letzten Reihe starten wird, fuhr nur in Q1 eine schnelle Runde.
Auch Russell, der neben seinem künftigen Teamkollegen Hamilton in der zweiten Reihe steht, strahlte trotz wolkenverhangenen Himmels über Sotschi: „Es ist verrückt. Das zweite Mal in den Top Drei in den letzten vier Rennen, unglaublich. Wenn man um ein, zwei Zentimeter zu weit draußen war, war man im Nassen oder in der Wand. Jetzt schauen wir einmal, wie es beim Start wird, wenn ich einen Mercedes im Rücken habe.“
Verstappen mit Kurzauftritt
WM-Spitzenreiter Verstappen, der mit fünf Punkten Vorsprung auf Hamilton in den Grand Prix von Russland geht und bereits vor dem Qualifying nach dem vierten Motorentausch in dieser Saison so wie Leclerc eine Rückversetzung auf den letzten Startplatz in Kauf genommen hatte, drehte in Q1 lediglich ein paar Testrunden ohne gültige Zeit. „Es war egal für uns, wichtig war es, gestern im Trockenen zu fahren“, sagte Verstappen im ORF-Interview. Die Konzentration gelte dem Rennen: „Ich hoffe, wir können wichtige Punkte holen.“
Trotz schlechter Wetterprognosen ging das Qualifying letztlich auf halbwegs trockener Strecke über die Bühne. Am Vormittag war in Sotschi an ein Training hingegen noch nicht zu denken gewesen. Dauerregen, der in der Nacht eingesetzt hatte, machte den dritten freien Zeitlauf auf Kurs in der Olympiastadt von 2014 unmöglich. „Das Wasser steht auf der Strecke. Die Gefahr für Aquaplaning ist viel zu groß“, hatte Red-Bull-Berater Helmut Marko die Entscheidung begrüßt.