Lille-Spieler feiernd und jubelnd
APA/AFP/Loic Venance
Fußball

Lilles Stern nach Titelgewinn im Sinken

Als Lille im Mai 2021 Paris Saint-Germain (PSG) vom Thron der Ligue 1 gestoßen hat, war Fußball-Frankreich tief beeindruckt. Coach Christophe Galtier hatte nach drei Jahren mit einem verschworenen Kollektiv ohne große Stars den Titel geholt. Doch der Stern beim Mittwoch-Gegner (21.00 Uhr) von Salzburg in der UEFA Champions League ist am Sinken.

Mit einer Topdefensive (die wenigsten Gegentore der Liga), starkem Pressing, einem brillanten Sturm-Oldie Burak Yilmaz und kleinem Kader (nur 21 Spieler wurden eingesetzt) ließ Lille das Starensemble von PSG hinter sich – auch, weil dieses schwächelte. Galtiers Nachfolger Jocelyn Gourvennec hat jedenfalls ein schweres Erbe angetreten.

Das Versprechen der vergangenen Saison ist diesmal aber nicht einzulösen, auch wenn Lille den Französischen Supercup gegen PSG am 1. August in Tel Aviv noch mit 1:0 gewinnen konnte. Das zeigte schon der mühselige Saisonstart: Elf Punkte aus den ersten acht Partien bedeuten einen Rückstand von bereits 13 Zählern auf Leader PSG, immerhin gelangen zuletzt zwei Siege in Folge. In der Königsklasse kam Lille zum Auftakt gegen Wolfsburg zu Hause trotz halbstündiger Überzahl und einiger Chancen über ein 0:0 nicht hinaus.

Viele Abgänge im Sommer

Am Meistertitel waren ironischerweise einige ehemalige PSG-Nachwuchskicker beteiligt: Mike Maignan, Boubakary Soumare, Timothy Weah und Jonathan Ikone, der an der Seite des heutigen Salzburgers Antoine Bernede 2016 für PSG sechsmal in der Youth League kickte. Goalie Maignan (AC Milan) und Mittelfeldmann Soumare (Leicester) sind seit Sommer Geschichte in Lille, genauso wie der Südfranzose Galtier, der nun Nizza coacht. Auch Sportdirektor Luis Campos, der auf dem Transfermarkt jahrelang ein glückliches Händchen bewies, ist nicht mehr an Bord.

Lille-Spieler jubelnd mit Pokal in der Hand
AP/Ariel Schalit
Dem Gewinn des französischen Supercups folgte ein mühseliger Saisonstart

Den in Wolfsburg gescheiterten Stürmer Victor Osimhen holte der Portugiese 2019 für gut 20 Millionen Euro aus Charleroi, Lille verkaufte ihn nur ein Jahr später für 70 Millionen Euro an SSC Napoli weiter. Ähnlich verhielt es sich mit Rechtsaußen Nicolas Pepe, der 2019 für rund 80 Millionen Euro zu Arsenal wechselte. Seit Sommer 2018 stieg Lille aus dem Transferkarussell stets mit einem Plus und um insgesamt rund 210 Millionen Euro reicher aus. Auch, wenn die eigene Akademie nicht Weltklasse am Fließband produziert, so hat sie doch schon mehrere große Namen hervorgebracht, wie etwa Frank Ribery, Eden Hazard und Benjamin Pavard.

Schuldenlast von über 150 Mio. Euro

Einen Umbruch erlebte der Verein bereits Monate vor dem Meistertitel auch abseits des Platzes. In der Coronavirus-Krise konnte Clubbesitzer Gerard Lopez seine Darlehen bei einer US-Fondsgesellschaft, die mittlerweile auch den AC Milan besitzt, nicht mehr zurückzahlen. Lopez verkaufte seine Anteile an einen Investmentfonds aus Luxemburg, der wiederum nach dem Gewinn der Meisterschaft erst einmal mehrere Spieler ziehen ließ, um die Schuldenlast von über 150 Millionen Euro zu verringern. Lopez selbst stieg kurz darauf bei Girondins Bordeaux ein.