David Affengruber (Sturm)
APA/Erwin Scheriau
Europa League

„Lehrstunde statt Sternstunde“ für Sturm

Nach zwei Spieltagen steht der SK Sturm Graz in seiner Comebacksaison in der UEFA Europa League noch ohne Punkt da. Dem 0:1 zum Auftakt bei AS Monaco folgte am Donnerstag ein 1:4 vor eigenem Publikum gegen PSV Eindhoven. „Am Ende war es dann nicht die Sternstunde, sondern wieder eine Lehrstunde, aber wir werden das dankend annehmen“, sagte Sturm-Trainer Christian Ilzer, den das Ergebnis „natürlich enttäuschte“.

International befindet sich seine Mannschaft in einem Lernprozess. In der Bundesliga haben sich die Steirer vorerst als klare Nummer zwei hinter Serienmeister Salzburg etabliert. Auf europäischer Bühne reichte es noch nicht für ein Rufzeichen, was in der schwierigen Gruppe B auch der Qualität der Gegner geschuldet ist. Aber nicht nur.

„Ich habe heute zwei Gesichter gesehen“, führte Ilzer nach dem Spiel treffend aus, „in der ersten Hälfte eine klar dominante Mannschaft aus Holland. Da haben wir auf diesem Niveau wieder unseren großen Respekt gesehen. Die zweite Hälfte war, obwohl wir drei Gegentore bekommen haben, die mit Abstand beste in den zwei Spielen, in der wir mit viel Emotion und Leidenschaft aufgetreten sind und damit eine Spitzenmannschaft wie PSV in Bedrängnis gebracht haben.“

Sturm Graz verliert gegen PSV Eindhoven

Der SK Sturm Graz musste sich dem niederländischen Club PSV Eindhoven mit 1:4 geschlagen geben.

Tatsächlich konnte die Partie im Wesentlichen in diese zwei Hälften unterschieden werden. Vor der Pause ließ PSV mit der individuell höheren Qualität von Spielern wie dem deutschen Weltmeister von 2014, Mario Götze, den Ball gut zirkulieren und Sturm hinterherlaufen.

„Wir waren kopflastig“

In den ersten 45 Minuten präsentierten sich die Steirer – anders als die lautstarken 15.000 Zuschauer – zu verhalten, ähnlich wie beim Auftakt in Fürstentum. „In der ersten Hälfte waren wir sehr kopflastig, haben versucht, die Räume für diese schnellen Spieler sehr eng und kompakt zu halten. Wir waren bedacht darauf, wenig zuzulassen“, sagte Ilzer, der an der Seitenlinie mehr Intensität einforderte.

Christian Ilzer (Sturm-Coach)
GEPA/Chris Bauer
Sturm-Trainer Ilzer lebte an der Seitenlinie wie gewohnt mit – hier forderte er einen Elfmeter, den es nicht gab

PSV hatte zwar mehr Spielanteile, aber zunächst kaum Möglichkeiten. „Umso ärgerlicher ist es dann, dass wir durch eine Standardsituation in Rückstand geraten“, monierte der 43-jährige Steirer. Das 0:1 durch Ibrahim Sangare nach einer Ecke bedeutete zugleich den Pausenstand.

Schmidt zollt Sturm Respekt

Sturm kam mit seinem schöneren Gesicht aus der Kabine, agierte mit deutlich mehr Intensität in jedem einzelnen Zweikampf und konnte sich so in der PSV-Hälfte festsetzen, kam so mit ständigem Nachdruck in die Gefahrenzone. Das fiel auch Ilzers Gegenüber Roger Schmidt auf.

„Sturm hat das gespielt, was wir von Anfang an erwartet haben, mit mehr Intensität, war besser in den Duellen, hat Fouls gezogen, Standards bekommen. Da war nichts in der ersten Hälfte, und sie haben bewiesen, wie stark sie bei Standards sind“, so der frühere Salzburg-Trainer, der auf das 1:2 von Jon Gorenc-Stankovic anspielte. Im Verlauf habe Sturm „gezeigt, warum sie in der Europa League spielen“.

Roger Schmidt (PSV-Coach)
APA/Erwin Scheriau
Ex-Salzburg-Trainer Roger Schmidt feierte in seinem neunten Spiel gegen Sturm seinen sechsten Sieg

Davor hatte PSV durch Eran Sahavi, den israelischen Österreich-Schreck (sechs Tore gegen das ÖFB-Team in drei Spielen, Anm.), für die Gäste erhöht. Bitter aus Sicht von Sturm: Das Kontertor folgte auf ein nicht gegebenes Elfmeterfoul von Cody Gakpo an David Affengruber – Ilzer sagte, er habe „einen glasklaren Elfmeter gesehen.“

Zweites Gesicht gibt Sturm Zuversicht

Sturm ließ aber in dieser Phase nicht locker und brachte die von Ilzer geforderte Intensität weiter auf den Platz. In der Kabine verständigte man sich darauf, „all in“ zu gehen. „Da haben wir den Kopf dann ausgeschaltet, mit Herz und Leidenschaft gespielt. Wir wussten, wir müssen etwas über die Emotion entfachen, einen Hexenkessel erzeugen, das ist dann auch die Mischung, wie man eine Klassemannschaft in Bedrängnis bringen kann“, betonte der Coach.

Sturm hatte nach dem Anschlusstreffer eine Drangphase auf den Ausgleich und vor allem durch Otar Kiteishvili gute Chancen, die auch PSV-Torhüter Joel Drommel zu vereiteln wusste. Auf der anderen Seite zeigte der Gegner wiederum seine Klasse und nützte die Räume gekonnt aus, nachdem Tormann Jörg Siebenhandl seine Kollegen noch einige Minuten im Spiel halten konnte.

Am Ende gewann Eindhoven die Partie und Sturm eine wichtige Erfahrung. „Ich bin stolz über die Art und Weise, wie mein Team in der zweiten Halbzeit aufgetreten ist. Die bringt uns weiter und Zuversicht, auf diesem Level bestehen zu können“, sagte Ilzer, der mit Sportchef Andreas Schicker Sturm auf ein neues Level hob. In Österreich hat man sich mit dem zweiten Gesicht nach oben gearbeitet, international soll das auch Schritt für Schritt gelingen. Nach zwei Lehrspielen hat man in dieser Gruppe nichts mehr zu verlieren.

UEFA Europa League, Gruppe B, zweiter Spieltag

Donnerstag:

Sturm – PSV Eindhoven 1:4 (0:1)

Stadion Graz-Liebenau, 15.000 Zuschauer, SR Aranowskij (UKR)

Torfolge:
0:1 Sangare (32.)
0:2 Zahavi (51.)
1:2 Gorenc-Stankovic (55.)
1:3 Max (74.)
1:4 Vertessen (78.)

Sturm: Siebenhandl – Gazibegovic, Affengruber, Wüthrich, Dante – Hierländer (82./Lang), Gorenc-Stankovic, Ljubic (46./Kuen), Kiteishvili (82./Prass) – Yeboah (77./Niangbo), Jantscher (67./Sarkaria)

PSV: Drommel – Mwene, Ramalho, Boscagli, Max – Sangare, Van Ginkel (81./Obispo) – Doan (65./Vertessen), Götze (81./Gutierrez), Gakpo (90./Mauro Junior) – Zahavi (65./Vinicius)

Gelb-Rot: Sangare (89./wiederholtes Foulspiel)

Gelbe Karte: Kiteishvili, Gazibegovic, Gorenc-Stankovic bzw. Boscagli, Gakpo