Brenden Aaronson (Salzburg)
GEPA/David Geieregger
Champions League

Was Salzburg für den Aufstieg zeigen muss

Zum dritten Mal in Folge hat der FC Salzburg in der Gruppenphase der UEFA Champions League ein Endspiel um den erstmaligen Aufstieg ins Achtelfinale. Der FC Liverpool (2019) und Atletico Madrid (2020, jeweils 0:2) erwiesen sich als zu große Nummern, gegen den FC Sevilla ist man am Mittwoch (21.00 Uhr) auch Außenseiter. Wozu die jungen „Bullen“ fähig sind, haben sie aber gezeigt: Für den Aufstieg braucht es eine Leistung wie im Frühherbst.

Im Fußball ist bekanntlich alles möglich, so auch für Salzburg: Nach dem Heimspiel gegen die Andalusier kann am Ende der erste, zweite, dritte oder vierte Tabellenplatz zu Buche stehen. Vom historischen Aufstieg bis zum bitteren Aus im Europacup ist alles drin. Salzburg hat das Momentum mittlerweile nicht mehr auf seiner Seite, und auch der Heimvorteil fällt aufgrund des Lockdowns und der damit verbundenen ausgesperrten Zuschauer ausgerechnet im finalen Showdown weg.

Dafür reicht dieses Mal schon ein Remis, um in der Königsklasse zu überwintern, und Salzburg hat unter Trainer Matthias Jaissle daheim noch nicht verloren. „Das Team hat viel dafür geleistet, angefangen mit den Play-offs bis hin zu den bisherigen Gruppenspielen. Jetzt sollen sich die Jungs gegen Sevilla für ihre bisherigen Leistungen belohnen“, sagte Jaissle vor der Alles-oder-nichts-Partie in Wals-Siezenheim.

Salzburg zuversichtlich vor „Finale“ gegen Sevilla

Österreichs Fußballserienmeister bietet sich die historische Chance, erstmals ins Achtelfinale einzuziehen. Die „Bullen“ gehen optmistisch ins Duell mit den Spaniern.

Der Deutsche hatte recht, als er nach der 0:1-Niederlage in Lille sagte, dass im Sommer keiner dieser jungen Mannschaft das bisher Geleistete zugetraut hätte. Zumal er selbst erst 33 Jahre alt ist und noch nicht auf diesem Niveau gecoacht hatte. Salzburg bestand die Reifeprüfung im Play-off gegen Bröndby und qualifizierte sich zum dritten Mal in Folge für das Konzert der Großen. Damit war das internationale Ziel schon erreicht, die Auslosung ohne echtes Kaliber sorgte danach für große Erwartungshaltung, die zu Beginn überraschend reif erfüllt wurde.

Trotz allem befreit aufspielen

Salzburg hatte zur Hälfte der Gruppenphase drei Matchbälle, zwei wurden in Wolfsburg (1:2) und eben in Lille vergeben. Speziell Jaissle nahm seiner Mannschaft vor diesen Spielen verständlicherweise den Druck, erhöhte die Gegner aber auch womöglich zu sehr. Und die Spieler wirkten nicht so gelöst wie noch in jenen Partien, als es einfach um das Spiel selbst ging. Trainer und Spieler haben die Qualität, das haben sie bewiesen. Einmal in dieser schon sehr langen Herbstsaison müssen sie noch versuchen, physisch und psychisch alles abzurufen.

Die Mannschaft hat mittlerweile schon 27 Pflichtspiele in den Beinen, da darf einem jungen Team ein Hänger wie zuletzt auch zugestanden werden. Und auch wenn das Europacup-Aus möglich ist, kann Salzburg in diesem Spiel vor allem gewinnen. Jaissle sprach es an: „Wir empfinden eine riesige Vorfreude. Das ist ein Alles-oder-nichts-Spiel gegen ein europäisches Topteam. Was gibt es Schöneres?“ Zumal der Druck beim vierfachen Europa-League-Sieger Sevilla liegt, der bisher in sechs Versuchen nur einmal (2015) in der CL-Gruppenphase gescheitert ist.

Zurück zur erfrischenden Effizienz

Nichtsdestoweniger brauchen die Salzburger gegen den Zweiten der spanischen Primera Division naturgemäß eine Topleistung. Diese haben sie in den ersten drei Partien gegen alle drei Gegner gezeigt. Auch in Wolfsburg und in Lille war mehr drin, Chancen wurden dabei entweder kläglich vergeben oder vielversprechende Angriffe am Ende verkompliziert. In den ersten drei Spielen präsentierte sich Salzburg erfrischend effizient, das braucht es in einem „Finalspiel“ umso mehr. Der Aufsteiger der bisherigen Salzburg-Saison, Stürmer Noah Okafor, scheint nach Verletzung rechtzeitig sein Comeback geben zu können.

Karim Adeyemi (Salzburg)
GEPA/Mathias Mandl
Adeyemi hat seit gut einem Monat nicht mehr getroffen, nun wäre ein guter Zeitpunkt für den nächsten Treffer gekommen

Was das letzte Drittel angeht, sei im Moment „ein wenig der Wurm drinnen. Der erste Kontakt ist oft schlampig, der letzte Pass oft nicht gut. Und dann fehlt uns in der einen oder anderen Situation auch das Spielglück“, sagte der verletzte Verteidiger Maximilian Wöber der APA.

Hinzukommt, dass sich die Gegner im „Rückspiel“ jeweils besser auf die enorme Schnelligkeit von Karim Adeyemi eingestellt haben. Drei Elfmeter wie im denkwürdigen Hinspiel in Sevilla (1:1) wird der 19-jährige Jungstar wohl nicht mehr herausholen. Die Wechselgerüchte um seine Person (nicht mehr der FC Barcelona oder zuvor FC Bayern, sondern mittlerweile Borussia Dortmund soll nun in der Pole sein) scheinen ihn nicht zu sehr abzulenken. Jaissle: „Er ist klar im Kopf.“

Im Verbund alles dicht machen

Noch vor Ende dieser Gruppenphase kann die Erkenntnis gewonnen werden: Salzburg hat sich gegenüber den ersten beiden Saisonen in der Königsklasse defensiv gesteigert. In der ersten Spielzeit ließ man 13 Gegentore zu, in der zweiten gar 17, nun sind es aktuell sechs. „Wir sind durch das System nicht mehr so konteranfällig, weil wir vier wirklich zentrale Mittelfeldspieler haben, die ich als Innenverteidiger für eine bessere Restverteidigung zurückholen kann“, erklärte Wöber und verwies auf die umtriebigen Mohamed Camara, Nicolas Seiwald, Brenden Aaronson und Luka Sucic, die im Mittelfeld die Fäden ziehen.

Philipp Köhn (Salzburg)
APA/AFP/Joe Klamar
Für den Aufstieg braucht es auch eine Topleistung des Salzburger Schlussmannes Philipp Köhn

Gerade in der Verteidigung wütete aber der Verletzungsteufel in diesem Herbst, so fehlt auch Wöber gegen seinen Ex-Club wegen eines Muskelfaserrisses. Der zu Saisonbeginn starke Oumar Solet ist zurück und muss nun mit Jerome Onguene das Zentrum dicht halten. Die Salzburger haben in dieser Gruppenphase bewiesen, dass sie für ihr Alter relativ abgeklärt spielen können. Das ist nun wieder gefragt.

Hilfreich wäre auch, wenn Tormann Philipp Köhn einen seiner besseren Tage erwischt – nicht bei jedem Gegentor bisher wirkte er machtlos. Speziell im Defensivverhalten sind aber alle Spieler angehalten, ihren Job zu erledigen, denn das Salzburger Spiel lebt nicht in erster Linie von individuellen Großtaten, sondern vom Verbund. Wenn Salzburg das auf den Platz überträgt, könnten aller guten Dinge drei sein.