Ben Roethlisberger von den Pittsburgh Steelers geht enttäuscht vom Feld
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NFL

Abfuhr läutet „Big Bens“ Karriereende ein

Mit einer Abfuhr ist am Sonntag mit 99,9-prozentiger Wahrscheinlichkeit eine der erfolgreichsten Karrieren der jüngeren Geschichte der National Football League (NFL) zu Ende gegangen. Ben Roethlisberger, Spitzname „Big Ben“, musste sich mit den Pittsburgh Steelers in seinem wohl letzten Spiel den Kansas City Chiefs rund um Patrick Mahomes mit 21:42 geschlagen geben. Im Gegensatz dazu ließ sich Altstar Tom Brady mit den Tampa Bay Buccaneers von den Philadelphia Eagles nicht aus der Ruhe bringen. Die Dallas Cowboys wurden von den San Franciso 49ers hingegen aus dem Sattel geworfen.

Die Cowboys, Nummer drei der Setzliste der National Football Conference (NFC) mussten sich in Arlington den 49ers im ewig jungen Schlager im spannendsten Spiel des Abends mit 16:23 geschlagen geben und müssen damit weiter auf ihren nächsten Titel seit jenem aus der Saison 1995/96 warten. San Francisco trifft im Divisional Play-off kommenden Samstag auswärts auf die Nummer eins der NFC, die Green Bay Packers. Keine Probleme hatte hingegen Titelverteidiger Tampa Bay, der die Eagles mit einem klaren 31:15 in den Urlaub schickte. Die Buccaneers warten nun auf die Los Angeles Rams.

In der American Football Conference (AFC) setzte sich nach der Nummer drei Buffalo Bills (47:17 gegen New England) und den als Nummer vier gesetzten Cincinnati Bengals (26:19 gegen Las Vegas) auch im letzten Wild-Card-Spiel der Conference mit den als Nummer zwei gesetzten Chiefs der Favorit durch. Im Divisional Play-off gastieren die Bengals am Samstag bei der Nummer eins Tennessee Titans, die Chiefs empfangen zur Neuauflage der letztjährigen Championship Games die Buffalo Bills.

Rückstand weckt Chiefs auf

Dabei sah es im Arrowhead Stadium von Kansas City für einen Moment so aus, als würden die Steelers den Chiefs einen Strich durch die Rechnung machen und die Karriere ihres 39-jährigen Spielmachers Roethlisberger noch um zumindest ein Spiel verlängern. Besagter Moment war jener im zweiten Viertel, als Starverteidiger T.J. Watt den Ball nach einer missglückten Übergabe der Chiefs aufklaubte und nach punktelosem ersten Viertel zur Führung für den Außenseiter in die Endzone trug.

Patrick Mahomes von den Kansas City Chiefs wird von Alex Highsmith von den Pittsburgh Steelers gehalten
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Mahomes (l.) war nur im ersten Viertel von der Steelers-Verteidigung zu stoppen

Doch Watt erreichte mit seiner Aktion genau das Gegenteil. Denn der Mann, der heuer den Rekord an Quarterback-Sacks einstellen konnte, weckte damit Kansas Citys Jungstar Patrick Mahomes so richtig auf. Der 26-Jährige konterte die Steelers-Führung mit Touchdownpässen auf Jerick McKinnon, Byron Pringle und Travis Kelce und sorgte damit nicht nur für die Wende, sondern auch für die Vorentscheidung. Nach der Pause ließ Mahomes erfolgreiche Pässe auf Nick Allegretti und Tyreek Hill folgen und brachte die Partie für die Steelers außer Reichweite. „Wir waren richtig angepisst“, sagte Mahomes zur Stimmungslage nach dem Rückstand.

Roethlisbergers saurer Abschied

Die Chiefs schlugen damit wohl endgültig das letzte Kapitel der Erfolgsgeschichte von „Big Ben“ Roethlisberger zu. Auch wenn die Worte „Ich höre auf“ von dem 39-Jährigen, der die Steelers zu zwei Titeln geführt hatte und sechsmal in die Pro Bowl gewählt wurde, noch nicht zu hören gewesen waren, gibt es kaum Zweifel, dass der Spielmacher aufhört. Die Vermutung wurde nicht nur durch Aussagen, sondern auch durch sein Verhalten beim letzten Heimspiel der Steelers in der Regular Season gestärkt. „Es war eine Ehre und eine Freude“, sagte auch Pittsburghs Trainer Mike Tomlin.

Sein Quarterback war nach der Abfuhr mehr sauer als sentimental. „Wir haben verloren, das stinkt“, sagte Roethlisberger, „aber es gibt immer nur ein Team, für das die Saison am Ende so ausgeht, wie man es sich wünscht.“ Nach Spielende gab es für den 39-Jährigen aber auch in Kansas City großen Bahnhof und Würdigungen vonseiten des Gegners. „Ich habe ihm einfach gesagt, wie viel Respekt ich vor ihm habe. Ich bin aufgewachsen damit, ihm zuzuschauen. Er kämpft bis zum Ende“, sagte Chiefs-Superstar Mahomes, der Roethlisberger beim traditionellen Handschlag auf dem Spielfeld gleich das Trikot des Bald-Pensionärs reservierte.

Cowboys läuft die Zeit davon

Noch nicht in Pension, aber früher als erwartet in Urlaub sind Dak Prescott und seine Dallas Cowboys. Der Quarterback musste sich im ewig jungen Schlager zweier fünffacher Super-Bowl-Sieger mit seinen Cowboys den 49ers nach einer fehlerhaften Partie bereits in der ersten Play-off-Runde geschlagen geben. Das Warten in Dallas auf den nächsten Titel bzw. den nächsten Finaleinzug nach jenem 1996 geht damit in ein 27. Jahr. San Francisco bleibt hingegen im Rennen um den sechsten Titel, muss nun aber zum besten Team des Grunddurchgangs, den Green Bay Packers, ins eisige Lambeau Field.

Dak Prescott von den Dallas Cowboys fällt mit Ball zu Boden
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Prescott (Mi.) und die Dallas Cowboys gingen nach starkem Grunddurchgang gleich in der ersten Play-off-Runde zu Boden

In Dallas bogen die 49ers hingegen schnell auf die Siegerstraße ein. Bereits die erste Angriffsserie endete mit einem Touchdown durch Elijah Mitchell. Eine Führung, die San Francisco dank der eigenen Verteidigung, die Cowboys-Quarterback Dak Prescott fünfmal zu Boden riss und einen Pass des Spielmachers abfing, nicht mehr aus der Hand gab. „Die Jungs waren in den wichtigen Momenten zur Stelle“, sagte 49ers-Quarterback Jimmy Garoppolo, der zwar selbst keinen Touchdownpass warf, aber den Ball nicht nur erfolgreich an Mitchell, sondern auch an Deebo Samuel abgab, der im dritten Viertel den entscheidenden Touchdown erlief.

Trotzdem wurde es für San Francisco im Schlussviertel noch einmal eng. Denn nach einer leicht zu vermeiden gewesenen Interception Garoppolos brachte Prescott die Cowboys mit einem Touchdownlauf rund acht Minuten vor Schluss noch auf sechs Punkte heran. Doch die Cowboys konnten dem Spiel keine Wende mehr geben. Prescott schaffte es zwar wenige Sekunden vor Schluss noch mit einem Lauf an die 24-Yard-Linie San Franciscos, konnte jedoch – auch in Ermangelung eines Timeouts – nicht mehr die auslaufende Zeit rechtzeitig stoppen, um sich einen letzten Wurfversuch in die Endzone zu sichern. „Ich dachte, wir hätten alles gut gemacht, bis es dann doch nicht der Fall war“, sagte ein enttäuschter Prescott.

Buccaneers rupfen Eagles

Enttäuscht flogen auch die Philadelphia Eagles von ihrem Gastspiel bei Titelverteidiger Tampa Bay nach Hause. Denn die Eagles hatten gegen Brady und Co. beim 15:31 nichts zu bestellen. Schon zur Halbzeit hatte Brady, der seinen achten Super-Bowl-Triumph jagt, sein in allen Belangen überlegenes Team zu einer komfortablen 17:0-Führung geführt. Nach dem dritten Viertel stand es 31:0, ehe die Eagles mit zwei Touchdowns im letzten Viertel nur mehr für Ergebniskosmetik sorgten.

Tom Brady von den Tampa Bay Buccaneers jubelnd
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Brady (mit Ball) und seine Buccaneers nahmen die erste Play-off-Hürde ohne Probleme

Eagles-Quarterback Jalen Hurts warf in seinem ersten Play-off-Spiel zwei Interceptions und konnte auch sein Laufspiel nicht zur Geltung bringen. Altstar Brady zeigte hingegen eine fast fehlerlose Leistung und brachte 29 seiner 37 Pässe für 271 Yards und zwei Touchdowns an den Mann. Dem nächsten Duell mit den LA Rams, in deren Heimstätte SoFi Stadium am 13. Februar die Super Bowl stattfindet blickt der 44-Jährige jedenfalls mit Vorfreude entgegen. „Du musst gewinnen und weitermachen. Ich freue mich für unser Team“, sagte Brady, „gegen wen auch immer wir als Nächstes spielen, wird ein guter Gegner sein.“

Mama Kelce jettet durchs Land

Für eine „Feel Good“-Story abseits des Spielgeschehens sorgte Donna Kelce. Die Mutter von Eagles-Center Jason und Chiefs-Tightend Travis Kelce drückte beiden Söhnen sowohl in Tampa als auch in Kansas City die Daumen. Mama Kelce ließ die Fans an ihrer Reise von der Westküste Flordias ins Herz der USA in den US-Bundesstaat Missouri – inklusive Fahrradrikschafahrt zum Flughafen – via soziale Netzwerke teilhaben.

Freuen durften sich die Mutter der beiden NFL-Stars aber nur in Kansas City. Denn während Jason Kelce gegen die Buccaneers nur mit zwei – für ihn seltenen – Strafen auffiel, war ihr jüngerer Spross Travis mit einem gefangenen und einem geworfenen Touchdown beim Kantersieg über die Steelers eine der Hauptfiguren auf dem Feld. In der nächsten Runde bleibt Donna Kelce nach dem Aus der Eagles ein Roundtrip jedenfalls erspart.

National Football League

Super Bowl LVI in Los Angeles:
Los Angeles Rams Cincinnati Bengals 23:20
Conference Championships:
Kansas City Chiefs Cincinnati Bengals 24:27 n.V.
Los Angeles Rams San Francisco 49ers 20:17
Divisional Round:
Tennessee Titans Cincinnati Bengals 16:19
Green Bay Packers San Francisco 49ers 10:13
Tampa Bay Buccaneers Los Angeles Rams 27:30
Kansas City Chiefs Buffalo Bills 42:36 n.V.
Wildcard-Weekend:
Cincinnati Bengals Las Vegas Raiders 26:19
Buffalo Bills New England Patriots 47:17
Tampa Bay Buccaneers Philadelphia Eagles 31:15
Dallas Cowboys San Francisco 49ers 17:23
Kansas City Chiefs Pittsburgh Steelers 42:21
Los Angeles Rams Arizona Cardinals 34:11